Die Rueckkehr des Daemons
kannte er nur eins der beiden Behandlungszimmer des Psychiaters. Ohne den Kopf zu bewegen, sah er sich um. Die Regale an den Wänden bogen sich unter der Last von dicken Wälzern, vermutlich Fachliteratur. Vor dem Fenster stand ein wuchtiger Sekretär, in der Mitte des Raumes ein dunkelbrauner Tisch mit vier Stahlrohrsesseln, auf dem Tisch stand ein altmodischer Kassettenrekorder. Der Fremde mit der Brille nahm eben auf einem Stuhl Platz, das Gesicht vom Fenster abgewandt. Mit einem Streichholz entzündete er eine Tabakspfeife und sog gierig den Rauch ein. Es roch nach Vanille.
Plötzlich blieb Marblesteen vor dem Mann stehen.
»Nein, ich wurde erst stutzig, als der Junge die Falkenmaske erwähnte. Vorher hatte ich nicht den leisesten Schimmer.« Der Psychiater zog die Nase hoch und setzte sich dem Fremden gegenüber. Mit ausgestrecktem Arm griff er nach dem Rekorder. Sid sah, dass er heftig zitterte. »Ich habe unsere Sitzung heimlich aufgenommen. Haben Sie so etwas schon einmal gehört?«
Isaac Marblesteen drückte auf eine Taste. Es klickte. Zuerst hörte Sid nur ein Rauschen, wie wenn man eine Muschel ans Ohr hält. Dann schepperte die Stimme des Psychiaters los: »Du bist nun fest eingeschlafen, Sid. Kehre zurück in die letzte Nacht. – Nasehochziehen – Siehst du deinen Traum?«
Staunend hörte sich Sid antworten: »Ja, Doktor Marblesteen. Ich habe ein Buch gelesen, darüber sind mir die Augen zugefallen!«
Sid schwitzte. Daran konnte er sich gar nicht erinnern. Hypnose war wirklich unheimlich!
»Dann beschreibe mir jetzt die Bilder, die du siehst! – Nasehochziehen – Was fühlst du?«
»Da sind Männer«, hörte er sich antworten. »Seltsam geschminkt. Sie haben dunkle Ringe um die Augen. Ihre Zähne sind zugefeilt wie Wolfszähne. Sie tanzen und…« Es rauschte wieder. Dann erklang ein fürchterliches Gurgeln. Eine menschliche Kehle wehrte sich verzweifelt gegen die Worte, die aus ihr kommen wollten. Es zischte wie Wasser in heißem Öl. Ein grimmiges Rrrrrrrr rollte los, dann, wie der Korken einer geschüttelten Champagnerflasche, explodierte ein gigantischer Rülpser.
Sid knickten beinahe die Beine weg, als er die Wahrheit erkannte. Er war es, der diese Laute hervorbrachte. Vor Schreck wie gelähmt rutschte er an der Wand hinunter. Was war in der Nacht passiert? Auf der Kassette klang er wie ein wildes Tier. Wie hatte ihn Marblesteen nur so anlügen können? Stand es schon so schlimm mit seinem Wahnsinn, dass man ihm die Wahrheit nicht zumuten konnte? Musste er sich erst mit einem Experten beraten, bevor er mit Sid weiterarbeiten konnte?
Krampfhaft trieb Sid die Zähne in seine Faust. Der Schmerz tat gut. Tränen liefen ihm die Wangen herunter. Sag doch endlich was, Sid!, flehte er den Rekorder an. Sag was und zeige mir, dass ich normal bin!
Nur Sekunden später bereute er seine Worte. Machtvoll dröhnte seine Stimme aus dem Lautsprecher, eindeutig seine Stimme. Aber… es war nicht seine Sprache.
»Inek sechem.
Wen eni sechem.
Seht aa.
Inek hemef depi,
sa’ ef.«
Die Sirenen der Polizei rissen Sid aus seiner Starre. Noch waren die Wagen ein paar Blocks entfernt, aber gleich würden sie hier sein. Er zweifelte nun kein bisschen mehr daran, dass der Gärtner tatsächlich die Cops angerufen hatte. Mit dem Handrücken wischte er sich die Tränen ab und begann die Treppe hinunterzuspringen. Immer wieder stieß er mit den Ellenbogen gegen das Geländer. Er spürte nichts, die Schmerzen zuckten nur wie Blitze in seinem Kopf auf. Unten angekommen verstellte ihm der Gärtner den Weg zur Tür. Sid stieß ihn mit einer wütenden Bewegung zur Seite, durchquerte die Halle, verließ das Gebäude und sprang in den Bentley.
»Schnell, Morten, fahren Sie los!«
Augenblicklich startete der Wagen. Mit einem Ruck fädelte Morten in den Verkehr ein.
Als die Polizeiwagen mit quietschenden Reifen vor dem Gebäude hielten, war der Bentley schon im trägen Strom der anderen Wagen verschwunden.
Der Chauffeur sah besorgt in den Rückspiegel. »Alles in Ordnung, M r Martins?«
»Nein«, antwortete Sid aufgewühlt. »Absolut nichts ist in Ordnung!«
30. Kapitel
So sind die Worte meines Volkes!
Wie schön es klingt in meinem Ohr.
Du hast uns die Sprache gelehrt,
Und wir sprechen sie voller Ehrfurcht.
Entfernt ist alles Übel, das an mir war.
Ich sage ihnen meine Macht.
Ich lasse sie den kennen,
dessen Schrecklichkeit groß ist.
Und groß ist seine Macht.
Mein Herz ist froh, mein Wunsch beständig.
Und es wird
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