Die Rückkehr des Drachen
Dann schüttelte er den Kopf. »Sie stört uns nicht.« Er war ganz kurz einem Lächeln nahe, bevor sein Blick wieder auf Moiraine fiel. Dann kehrte die Sorge in seinen Blick zurück.
»Was stimmt nicht?« fragte Zarine. Sie ignorierte den Fisch. »Ich weiß, daß irgend etwas los ist. Ich habe seit unserem ersten Zusammentreffen noch nicht soviel Ausdruck auf Eurem Gesicht bemerkt wie jetzt, Steingesicht.«
»Keine Fragen«, sagte Moiraine in scharfem Ton. »Ihr werdet erfahren, was ich Euch sage, und nicht mehr!«
»Und was werdet Ihr mir sagen?« wollte Zarine wissen.
Die Aes Sedai lächelte süß: »Eßt Euren Fisch.«
Danach aßen sie schweigend weiter. Nur die Lieder drangen durch den Raum zu ihnen herüber. Da war ein Lied über einen reichen Mann, den seine Frau und Tochter immer wieder zum Narren hielten, ohne daß er sein aufgeblasenes Getue abgelegt hätte. In einem anderen entschloß sich eine junge Frau, einen Spaziergang ohne Kleidung zu machen. Dann wieder erzählte eines die Geschichte eines Hufschmieds, der sich selbst beschlug anstatt des Pferdes. Zarine erstickte dabei fast vor Lachen und vergaß sich soweit, daß sie tatsächlich einen Happen Fisch schluckte. Dann verzog sie das Gesicht, als habe sie Schlamm im Mund.
Ich werde sie nicht auslachen, sagte sich Perrin. So idiotisch sie auch gerade aussieht, werde ich ihr doch beweisen, was gute Manieren sind. »Das schmeckt gut, nicht wahr?« fragte er. Zarine sah ihn bitterböse an, und Moiraine runzelte die Stirn, weil er wohl ihren Gedankengang unterbrochen hatte. Das war aber auch schon ihr ganzes Tischgespräch.
Nieda räumte gerade den Tisch ab und stellte ihnen eine Käseplatte zum Nachtisch hin, als ein schrecklicher Gestank in Perrins Nase drang und sich ihm die Nackenhaare aufstellten. Es war der Geruch von etwas, das es eigentlich nicht geben durfte, und er hatte das schon zweimal zuvor gewittert. Er sah sich nervös im Schankraum um.
Das Mädchen sang immer noch vor der Schar ihrer Zuhörer, ein paar Männer kamen von der Tür aus hereingelaufen und Bili lehnte immer noch an der Wand und klopfte mit dem Fuß den Rhythmus der Zither nach. Nieda griff nach ihrem Dutt, sah sich kurz im Raum um und wandte sich ab, um den Servierwagen wegzuschieben.
Er betrachtete seine Begleiter. Loial hatte, keineswegs überraschend, ein Buch aus einer Manteltasche gezogen und schien vergessen zu haben, wo er sich befand. Zarine rollte abwesend einen Brocken Quark zu einer Kugel zusammen und musterte verstohlen erst Perrin, dann Moiraine und dann wieder ihn. Aber er war vor allem an Lan und Moiraine interessiert. Sie konnten einen Myrddraal oder einen Trolloc oder irgendeinen anderen Abkömmling des Schattens fühlen, bevor er näher als auf ein paar hundert Schritt heran war, aber die Aes Sedai blickte nachdenklich auf die Tischplatte, und der Behüter schnitt sich ein Stück gelben Käse ab und beobachtete sie. Und doch war da dieser Geruch nach etwas Falschem, Unpassendem, so wie in Jarra und am Stadtrand von Remen, und diesmal verflog er nicht so schnell. Er schien von etwas innerhalb des Schankraums auszugehen.
Er sah sich noch einmal um. Bili an der Wand, ein paar Männer, die quer durch den Raum schritten, das Mädchen, das auf dem Tisch sang, und all die lachenden Männer um sie herum. Männer, die durch den Raum schritten? Er sah sich mit gerunzelter Stirn nach ihnen um. Sechs Männer mit durchschnittlichen Gesichtern, die auf sie zukamen. Ganz unauffällige Gesichter. Er wollte gerade die Männer um das Mädchen noch einmal unter die Lupe nehmen, da fiel ihm auf, daß der Gestank des Bösen von den sechs ausging. Mit einem Mal hatten sie Dolche in den Händen, als sei ihnen bewußt geworden, daß er sie bemerkt hatte.
»Sie haben Messer!« brüllte er und warf die Käseplatte nach ihnen.
Der Schankraum explodierte förmlich. Männer schrien, die Sängerin kreischte, Nieda rief nach Bili und alles passierte gleichzeitig. Lan sprang auf, ein Feuerball schoß aus Moiraines Hand, Loial schnappte sich seinen Stuhl und schwang ihn wie einen Knüppel, und Zarine tänzelte fluchend zur Seite. Auch sie hatte ein Messer in der Hand, aber Perrin war zu beschäftigt, um viel auf die anderen zu achten. Diese Männer schienen nur ihn anzublicken, und seine Axt hing oben an dem Haken in seinem Zimmer.
Er griff sich einen Stuhl und riß ihm ein dickes Bein ab. Den Rest schleuderte er auf die Männer. Dann schlug er mit diesem langen Knüppel um sich.
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