Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rückkehr des Drachen

Die Rückkehr des Drachen

Titel: Die Rückkehr des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
ihn umgebenden Steine wurden durchscheinend wie Nebel; der Stein verblaßte. Die Wirklichkeit erbebte. Er konnte spüren, wie sie sich abwickelte, wie er selbst seinen Lebensfaden abwickelte. Er wurde aus dem Hier herausgestoßen an irgendeinen anderen Ort, wo überhaupt nichts existierte. Callandor flammte in seinen Händen wie die Sonne, bis er glaubte, es werde schmelzen. Er glaubte auch, er selbst werde im Strom der Einen Macht schmelzen, der ihn durchfloß. Diese Flut lenkte er irgendwie dorthin, wo er das Loch wieder verschloß, das sich um ihn herum geöffnet hatte, so daß er sich auf der Seite des Seins halten konnte. Der Stein wurde wieder fest und undurchsichtig.
    Er konnte sich nicht einmal vorstellen, was er da eigentlich tat. Die Eine Macht wütete in ihm, bis er sich selbst kaum mehr kannte, bis er kaum noch er selbst war, bis das, was er selbst war, kaum noch existierte. Sein unsicheres Gleichgewicht wankte.
    Zu beiden Seiten drohte ein endloser Absturz, das Ausgelöschtwerden durch die Macht, die aus ihm in das Schwert floß. Nur in dem Tanz auf der Schneide der Rasierklinge lag noch etwas wie Sicherheit, wenn auch nicht viel. Callandor leuchtete in seiner Faust, bis es ihm schien, als trüge er die Sonne selbst. Undeutlich flackerte in ihm wie die Flamme einer Kerze im Sturm das sichere Gefühl, daß er alles vollbringen könne, solange er Callandor hielt. Alles.
    Er jagte durch endlose Korridore, tanzte auf der Rasierklinge entlang, jagte denjenigen, der ihn töten wollte, den er töten mußte. Diesmal konnte es keinen anderen Ausgang geben. Diesmal mußte einer von ihnen beiden sterben. Daß das auch Ba'alzamon wußte, war klar. Immer weiter floh er, immer befand er sich gerade noch außer Sicht, so daß nur die Geräusche seiner Flucht Rand weiterlockten, doch selbst auf der Flucht verwandte er diesen Stein von Tear, der nicht der echte Stein von Tear war, gegen Rand, und Rand kämpfte instinktiv, vorausahnend und mit der Hilfe des Zufalls dagegen an, kämpfte und rannte diese Messerschneide in vollkommenem Gleichklang mit der Macht entlang, dem Werkzeug und der Waffe, die ihn verschlingen würde, sollte er versagen.
    Wasser füllte die Säle von oben bis unten, dick und schwarz wie am Grund des Meeres, und nahm ihm die Luft. Er verwandelte es wieder in Luft, ganz unbewußt, und jagte weiter. Plötzlich gewann die Luft an Gewicht, bis es ihm schien, als drücke ein ganzer Berg auf jede Stelle seines Körpers, als werde er von allen Richtungen gleichzeitig zerquetscht. In jenem Moment, bevor er vollkommen zu nichts zermalmt wurde, wählte er bestimmte Fluten aus dem Strom der Macht aus, der in ihm wütete, und der Druck verschwand augenblicklich, ohne daß ihm bewußt gewesen wäre, wie oder warum und welchen Strang er erwählt hatte; dazu war alles zu schnell gegangen. Er verfolgte Ba'alzamon, und die Luft selbst wurde mit einemmal zu festem Stein, der ihn einschloß. Dann schmolz der Stein, und schließlich war überhaupt nichts mehr da, was seine Lunge füllte. Der Boden unter seinen Füßen zog ihn an, als wöge ein Pfund plötzlich tausend, und dann verflog alles Gewicht so schnell, daß ein einziger Schritt ihn in die Luft hinauf wirbelte. Ein unsichtbarer Schlund öffnete sich und wollte ihm den Verstand aus dem Körper zerren, ihm die Seele selbst entreißen. Er überwand jede Falle und rannte weiter. Was Ba'alzamon auch verformte, um ihn zu vernichten, das heilte er, ohne sich dessen bewußt zu sein. Irgendwie war ihm schon klar, daß er vieles wieder ins natürliche Gleichgewicht brachte, Dinge durch seinen Tanz auf der unmöglich feinen Trennlinie zwischen Existenz und dem Nichts wieder richtete, aber dieses Bewußtsein war nur ganz schwach ausgeprägt. Seine ganze Aufmerksamkeit galt der Verfolgung, der Jagd, dem Tod, der an ihrem Ende stehen mußte.
    Und dann befand er sich wieder im Herzen des Steins und schritt durch die mit Trümmern übersäte Bresche, wo einst eine Wand gestanden hatte. Einige Säulen hingen jetzt schief wie abgebrochene Zähne in der Halle. Und Ba'alzamon zog sich vor ihm zurück. Seine Augen flammten, und Schatten hüllten ihn ein. Schwarze Linien wie Stahldrähte zogen sich von Ba'alzamon ausgehend in die Dunkelheit hinein, die sich dort aufbaute, und verschwanden in unvorstellbare Höhen und Entfernungen innerhalb dieser Schwärze.
    »Ich lasse mich nicht auflösen!« schrie Ba'alzamon. Sein Mund war Feuer; sein Schrei warf Echos zwischen den Säulen. »Ich

Weitere Kostenlose Bücher