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Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Titel: Die Rückkehr des friedvollen Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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Menschen mehr siehst – aber erst in der Abenddämmerung, nicht vorher –, paddle mit dem Brett über die Brandung hinaus. Eine starke Strömung wird Dich aufs Meer hinaustreiben; vertraue Dich ihr an. Aber gib acht  …
    Merkwürdig – das war alles. »Gib acht …« Hier endete die Botschaft. Was sollte das heißen? Ich steckte den Zettel wieder in meine Hosentasche.
    Allmählich wich meine Fassungslosigkeit fieberhafter Spannung und einem Gefühl der Erleichterung. Meine Suche war zu Ende. Ich hatte sie gefunden! Eine Welle ungeahnter Energie stieg in mir auf. Meine Sinne waren plötzlich offen und empfänglich für alle Eindrücke um mich her: Ich spürte die warme Luft, hörte die Grillen in der Ferne zirpen und sog den Duft frisch gemähter, regennasser Rasenflächen ein. Zu Fuß ging ich zu meinem Motel zurück. Als ich ankam, dämmerte schon fast der Morgen.
    Ich sank aufs Bett, das quietschend unter mir federte, und starrte nachdenklich zur Decke empor. Es dauerte lange, bis ich einnickte.
    In dieser Nacht träumte ich von Skeletten – Hunderten von Skeletten  –, die das Meer an die Felsküste gespült hatte. Verstreut und von der Sonne gebleicht lagen sie auf den schwarzen Lavafelsen. Da krachte eine Welle gegen den Felsen und spülte die Skelette mit sich fort. Nur das Lavagestein blieb zurück, schwarz wie die Nacht. Die Schwärze verschlang mich.
    Dann hörte ich ein Tosen, zuerst leise, dann immer lauter – und ich erwachte vom Heulen eines Müllautos. Ich schlug die Augen auf und starrte an die Decke. Das düstere Bild der Skelette ließ mich nicht los. Ehrfürchtige Scheu und eine seltsame Vorahnung beschlichen mich. Am Donnerstagabend würde mein Abenteuer beginnen …
     
    Jetzt kam die Sache endlich in Gang. Eine neue Welle trug mich vorwärts. Ich fühlte mich so lebendig wie in alten Tagen. Dadurch kam
mir zum Bewußtsein, wie bequem mein Leben in den letzten Jahren gewesen war: Ich war ein Krieger auf der Fernsehcouch geworden, der seine Schlachten von seinem Alter ego auf der Mattscheibe austragen ließ. Doch jetzt war ich wieder startbereit und wartete auf meinen Einsatz.

4
VERBRANNT AUF DEM OZEAN
    Was Licht spenden will, muß sich verbrennen lassen.
     
    VIKTOR FRANKL
     
     
    Ich hatte keine besonderen Vorbereitungen getroffen, denn offensichtlich waren keine nötig – ich brauchte nur nach einem großen Surfbrett zu suchen und aufs Meer hinauszupaddeln.
    Am Donnerstagnachmittag verließ ich mein Motel. Ich war bereit, am Strand zu kampieren, bereit für etwas Neues – bereit zu allem. Jedenfalls glaubte ich das. Ich stopfte alle meine Sachen in meinen Rucksack, schnallte ihn um und wanderte zum Makapuu Beach. Ich sog die frische, salzige Luft in meine Lungen und wanderte weiter auf die Felsspitze zu. In der Ferne, auf einem Lavahügel, sah ich einen alten Leuchtturm, der sich dunkel vom karminroten Himmel abzeichnete.
    Der Weg war weiter, als ich gedacht hatte. Als ich den Schuppen fand, war es schon fast dunkel. Das Surfbrett war da, genau an der Stelle, die sie mir beschrieben hatte. Es war aber kein stromlinienförmiges Glasfaserbrett, wie ich erwartet hatte, sondern ein massives, altmodisches Holzbrett, wie es die alten hawaiianischen Könige früher benutzten – ich hatte einmal ein Foto davon im National Geographic gesehen.
    Ich ließ meine Blicke über den verlassenen Strand und das ruhige Meer wandern. Obwohl bereits die Sonne unterging, war es noch angenehm mild. Ich zog mich aus bis auf meine Nylonbadehose, steckte Kleider und Brieftasche in meinen Rucksack und versteckte ihn im Gebüsch. Dann trug ich das schwere Surfbrett in die Brandung
hinaus. Als das Wasser mir bis zu den Oberschenkeln reichte, ließ ich das Brett mit einem lauten Knall auf die glasklare Wasseroberfläche fallen.
    Mit einem letzten Blick zurück zum Strand stieß ich mich ab und glitt aufs Meer hinaus. Unbeholfen paddelte ich mit meinem Brett durch die Wellen.
    Das Meer wurde vom abnehmenden Mond, der ab und zu zwischen den Wolken auftauchte und wieder verschwand, kaum erleuchtet. Als ich mich durch den letzten Brecher gekämpft hatte, war ich ganz außer Atem. Keuchend nahm ich mir vor, in Zukunft wieder mehr für meine Fitneß zu tun. Ich ließ mich auf den sanften Wellen des Ozeans dahintreiben und wunderte mich über diese merkwürdige Initiation. Das war ja ganz angenehm, aber wie lange sollte ich denn noch hier auf den Wellen dahingleiten, bis ich wieder zurückpaddeln durfte? Die

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