Die Rückkehr des friedvollen Kriegers
auch.« Dann fiel mir ein, was vor ein paar Tagen in der Stadt passiert war. »Aber vor kurzem ist ihr doch ein kleiner Schrecken in die Glieder gefahren.«
»Ich weiß; sie hat mir davon erzählt. Aber wenn ich sie richtig verstanden habe«, sagte Joseph mit ironischem Grinsen, »war nicht sie in Schwierigkeiten, sondern du.«
»Da hast du recht«, gab ich zu. »Aber ich habe aus dem Zwischenfall etwas gelernt: Ich muß mich ein bißchen mit Kampfkunst beschäftigen.«
»Es wundert mich, daß Socrates dir das nie beigebracht hat. Er war nämlich ziemlich gut darin.«
»Ja«, lächelte ich, »ich weiß. Aber mein Spezialgebiet war Turnen, weißt du nicht mehr?«
»Ach ja, richtig.« Joseph blickte nachdenklich drein; dann sagte er: »Fuji hat mal so eine Art Karate gelernt. Er ist ein netter Mann. Vielleicht kann er dir weiterhelfen.
Ich kenne diese Jungen. Sie sind eigentlich gar keine so schlechten Kerle. Einmal haben sie mir geholfen, mein Auto fast einen Kilometer
weit bis zur nächsten Tankstelle zu schieben. Sie sind einfach nur frustriert und langweilen sich. Hier gibt es nicht viele Arbeitsmöglichkeiten – es ist immer dasselbe.« Er seufzte.
»Ja, ich weiß«, sagte ich.
Als wir aus dem Wald kamen und auf Josephs Haus zugingen, kam der kleine Socrates herausgelaufen und sprang Joseph in die Arme. Dann umfaßte er sein Gesicht mit den Händen und drehte es zu sich, so daß ihre Nasen sich berührten. Es war deutlich zu erkennen, daß er jetzt die ungeteilte Aufmerksamkeit seines Vaters für sich beanspruchte.
Joseph gab Soc einen Kuß auf die Nase und wandte sich zu mir. »Morgen fahre ich zurück nach Oahu, um eine Arbeit fertigzumachen, und nun muß ich noch ein bißchen Zeit für meine Familie haben.«
»Ja – natürlich«, sagte ich. »Vielleicht sehen wir uns, wenn du wieder hier bist.«
»Worauf du dich verlassen kannst«, lächelte er. Sarah kam jetzt auch aus dem Haus und legte den Arm um ihren Mann. Sie winkten mir nach, als ich mich umwandte und den Weg hinabging. »Das Essen ist fertig!« hörte ich Sachiko aus der Hütte rufen.
Auf dem Weg zu meiner Hütte gab es mir einen Stich, als ich an Linda und Holly dachte. Ich fragte mich, ob ich wohl je eine glückliche Familie haben würde.
An diesem Nachmittag streifte ich durch den Wald und fand Sei Fujimotos Haus. Mitsu kam an die Tür. »Ich habe gerade den Kleinen hingelegt«, flüsterte sie. »Fuji ist nicht da, aber er müßte bald zurückkommen. Möchten Sie drin auf ihn warten?«
»Danke, Mrs. Fujimoto …«
»Sagen Sie doch Mitsu zu mir!«
»Danke, Mitsu, aber ich möchte lieber ein bißchen draußen im Garten sitzen, wenn es Ihnen recht ist.«
»Und mit den Geistern des Gartens spielen, hm?« sagte sie lächelnd.
»Ja, so etwas Ähnliches«, erwiderte ich.
Ich hatte schon immer eine besondere Beziehung zu Gärten gehabt, ich saß gern, von Pflanzen umgeben, auf der Erde. Ich legte mich auf die Seite, spürte, wie die Wärme der schweren, fruchtbaren Erde in Brust und Bauch überging, und blickte nach oben. Direkt über mir hing eine gelbe Kürbisblüte, zart und ganz leicht duftend, und schaukelte in der sanften Brise hin und her.
Und ich spürte tatsächlich die Gegenwart der Gartengeister – eine deutlich spürbare Energie, ganz anders als der kalte Beton der Städte und Bürgersteige, als die starre Silhouette der endlosen Häuserblöcke. Hier empfand ich Frieden …
Das Hupen von Fujis Lieferwagen erinnerte mich wieder an mein Vorhaben. Ich ging zu Fuji hinüber, winkte ihm zu und half ihm, ein paar Säcke mit Dünger auszuladen; denn sein Komposthaufen reichte nicht aus. »Nett, dich zu sehen, Dan, und danke für die Hilfe.«
»Eigentlich bin ich gekommen, um dich um Hilfe zu bitten, Fuji«, sagte ich.
Er blieb stehen und sah mich neugierig an. »Was kann ich für dich tun?«
»Joseph hat gesagt, daß du früher einmal Karate konntest.«
Ein Lächeln der Erinnerung huschte über sein Gesicht. »Ach so. Ja, ich kann von allem ein bißchen. Aber jetzt bin ich nicht mehr so flink. Wenn mir jetzt böse Buben in die Quere kommen, muß ich ihnen schon meine Düngerbeutel um die Ohren schlagen«, scherzte er. »Wieso interessiert dich Karate – soll ich jemanden verprügeln?« Sein Lächeln wurde noch breiter, und er stellte sich in Kampfpose auf.
»Nein«, lachte ich. »So etwas ist es nicht. Ich meine nur … Eigentlich sollte ich lernen, wie man sich verteidigt.«
»Keine schlechte Idee. Man
Weitere Kostenlose Bücher