Die Rückkehr des friedvollen Kriegers
dafür, Kinder zu haben, an einer Beziehung zu arbeiten, Verantwortung zu übernehmen. Ich wußte nicht, wie ich damit fertigwerden sollte. So trennten wir uns, und ich nahm die Hälfte unserer Ersparnisse mit. Ich wußte nicht, wo ich hin sollte, aber irgendwie landete ich in Berkeley, Kalifornien, und ein paar Wochen später lief mir dieser alte Bursche über den Weg …«
»An einer Tankstelle«, beendete ich Josephs Satz und lachte.
»Alles weitere kannst du dir vorstellen. Socrates bestand darauf, daß ich mir erst einmal eine Arbeit suchte und lernte, Verantwortung zu tragen. Erst dann war er bereit, mir etwas beizubringen. Also eröffnete ich dieses Café. Wir trafen ein Abkommen. Ich gab ihm immer etwas Gutes zu essen, und dafür krempelte er mein Leben um.«
»Ein fairer Tausch«, grinste ich.
»Mehr als fair«, stimmte Joseph zu. »Ich bekam, was ich brauchte. Er hat mir wirklich einen Tritt in den Hintern gegeben. Aber ich habe ihn schon seit mindestens fünf Jahren nicht mehr gesehen. Vor zwei Jahren war ich in Kalifornien, um ihn zu besuchen; aber da war er nicht mehr da. Er hat mal etwas davon gesagt, daß er in die Berge gehen wollte, vielleicht irgendwo in die Sierra Nevada – ich weiß nicht genau. Wahrscheinlich werden wir ihn nicht so bald wiedersehen.«
»Und wie hast du das hier alles geschafft? Ich meine, immerhin bist du hierher zurückgekommen, hast deine Ehe in Ordnung gebracht – du baust Schränke, hast ein Geschäft …«
Joseph lächelte, als ich ihm all die verantwortungsbewußten Dinge aufzählte, die er inzwischen tat. »Es fällt mir immer noch nicht leicht«, sagte er. »Aber weißt du noch, woran Soc uns immer wieder erinnert hat? Du weißt schon – daß eine Kette stets an ihrem schwächsten Glied reißt. Tja, und da habe ich eben beschlossen, an meinen schwachen Gliedern zu arbeiten. – Und was hast du inzwischen gemacht?«
»Ich habe immer noch jede Menge Arbeit mit mir«, sagte ich. »Aber ich weiß leider nicht, wie ich ›daran arbeiten‹ soll, in mein Herz zu gelangen. Mama Chia hat gesagt, das müsse von selber kommen.«
Joseph schwieg nachdenklich. Dann sagte er: »Ich glaube, es hängt einfach damit zusammen, daß man immer bewußter wird. Schon allein diese Bewußtheit kann alle möglichen Heilungsprozesse in Gang setzen – physische, geistige oder emotionale –, und zwar ganz automatisch.«
Wir saßen eine Weile schweigend da. »Du hast gesagt, daß du krank warst«, erinnerte ich ihn.
»Ja – und ich wollte mich in die Berge zurückziehen, um zu fasten und zu beten, wie ich dir gesagt habe. Doch dann fiel mir ein, was Socrates ständig sagte: daß das Leben immer schwer sei, egal, ob man aufgibt oder kämpft. Und das habe ich mir zu Herzen genommen. Mir wurde klar: Wenn ich mich zurückziehe und als Einsiedler in den Bergen lebe, dann ist das auch nur wieder ein Versuch, aus meinem Körper herauszukommen – zu fliehen. Wenn ich das getan hätte, wäre ich wahrscheinlich gestorben.
So beschloß ich, nach Molokai zurückzukehren – komme, was da wolle – und dort weiterzumachen, wo ich aufgehört hatte. Aber diesmal richtig – solange ich noch Zeit hatte. Vorausgesetzt, daß Sarah mich wiederhaben wollte.
Sie empfing mich mit offenen Armen«, erzählte Joseph. »Alles funktionierte so unglaublich gut. Sobald ich mich wirklich entschlossen hatte, zurückzukommen und um meine Ehe zu kämpfen, ging alles wie von selbst. Damals fing ich auch an, mit Mama Chia zusammenzuarbeiten. Sie hat mir vieles beigebracht und mir geholfen, gesund zu werden.«
»Das ist ihr wirklich gelungen«, meinte ich. »Das sieht man auch an deiner Familie.«
Joseph warf mir einen Blick zu, aus dem vollkommene Zufriedenheit sprach – einen Blick, um den ich ihn beneidete. Und ich dachte traurig über das Chaos nach, in dem meine eigene Ehe und mein Familienleben geendet hatte. Aber das sollte sich ändern, das schwor ich mir.
Langsam erhob Joseph sich. »Es ist schön, dich wiederzusehen, Dan.«
»Das Schönste, was mir seit langem passiert ist«, bestätigte ich. »Und dabei habe ich in der letzten Zeit sehr viele schöne Dinge erlebt.«
»Das kann ich mir vorstellen«, lächelte er.
»Das Leben ist schon erstaunlich, nicht?« sagte ich, während wir wieder zurückgingen. »Wie wir beide zu Mama Chia gefunden haben.«
»Ja, das ist wirklich erstaunlich«, stimmte er zu. »Und sie ist auch ein ganz bemerkenswerter Mensch.«
»Deine Tochter übrigens
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