Die Rückkehr des friedvollen Kriegers
machen?«
Erleichtert sahen Fuji und ich uns an. »Wir dachten, du – du …«, stammelte ich.
»Ich wollte nur mal deinen Puls fühlen …« Fuji fiel auch nichts Besseres ein.
Da wurde Mama Chia klar, was wir vermutet hatten. Sie mußte lachen. »Ihr habt wohl gedacht, ich sei hinüber, wie? Nein, keine Sorge – ich habe nur geübt, damit dann auch alles beim ersten Mal klappt! Vielleicht müssen wir das jetzt jeden Tag proben – damit ihr zwei euch nicht mehr wie Idioten aufführt und Unsinn faselt!«
Fuji strahlte vor Glück und verabschiedete sich dann; das Abendessen wartete. Doch bevor er ging, gab er mir noch einen guten Rat. »Dan, was diese Jungen in der Stadt angeht …«
»Ja?«
»Manchmal kann man einen Kampf am besten gewinnen, indem man ihn verliert.«
»Was soll das heißen?«
»Denk darüber nach«, sagte er. Dann drehte er sich um und ging nach Hause, wo Mitsus vegetarisches Mahl auf ihn wartete.
An diesem Abend saßen wir in Mama Chias Wohnzimmer und stießen mit einigen Gläsern Sake auf unsere Gesundheit an. Mein Körper war durch die viele Bewegung und die einfache Ernährung so gereinigt, daß der Sake eine verheerende Wirkung auf mich hatte – das heißt, ich wurde noch rührseliger, als ich ohnehin schon war. Mit
feuchten Augen schwor ich Mama Chia ewige Treue und Ergebenheit und sagte ihr »für alle Fälle schon einmal Lebewohl«.
Sie tätschelte mir nachsichtig die Hand, lächelte und schwieg.
Irgendwann muß ich wohl auf dem Fußboden eingeschlafen sein, denn dort wachte ich am nächsten Morgen auf. In meinen Ohren läutete es wie die Glocken von Notre Dame. Ich hatte nur den verzweifelten Wunsch, meinem brummenden Kopf zu entfliehen – aber ich wußte nicht, wohin.
Dann stand Mama Chia auf. Sie machte einen abscheulich munteren Eindruck und mixte mir eine ihrer »speziellen Arzneien, mit denen man Tod und Teufel austreiben kann«.
»Apropos Tod«, sagte ich – bei jedem Wort fuhr mir ein stechender Schmerz durch den Kopf – »ich glaube, nicht du wirst bald sterben, sondern ich. Das spüre ich. Ich hoffe nur, es dauert nicht mehr allzu lange.« Ich verdrehte die Augen. »O Gott, ist mir schlecht.«
»Hör auf, die Augen zu verdrehen«, riet sie mir. »Dann wird dir gleich besser werden.«
»Danke. Ich wußte gar nicht, daß ich sie verdreht habe.«
Nach einer Stunde fühlte ich mich schon viel besser, viel klarer im Kopf, und mit dieser Klarheit kehrte auch meine Sorge um Mama Chia wieder.
»Du hast mir gestern abend wirklich einen Schrecken eingejagt. Ich war wie erschlagen. Ich kam mir vollkommen hilflos vor. Ich konnte ja nichts für dich tun.«
Mama Chia setzte sich auf ein Kissen auf dem Fußboden und sah mich an. »Laß uns das ein für alle Mal klarstellen, Dan: Du sollst gar nichts tun. Wenn du deine Ruhe und deinen Seelenfrieden haben willst, dann solltest du deinen Job als Generaldirektor des Universums an den Nagel hängen. Ich sage dir, Dan, mit mir geht es zu Ende – da kannst du machen, was du willst. Vielleicht morgen, vielleicht auch erst in ein paar Monaten – aber bald. Ich habe meine Sachen gepackt und bin bereit.«
»Mama Chia«, gestand ich ihr, »ursprünglich, als ich nach Hawaii kam, wollte ich von dir nur wissen, wo ich die Schule in Japan finde.«
Darüber mußte sie lächeln.
»Aber jetzt weiß ich gar nicht mehr, was ich eigentlich noch lernen soll. Es gibt doch nichts, was ihr mir nicht schon beigebracht habt, Socrates und du.«
Sie sah mich an. »Man lernt nie aus. Eine Erfahrung bereitet den Boden für die nächste.«
»Diese Schule in Japan – wo du Socrates kennengelernt hast – ist das meine nächste Station?«
Sie antwortete nicht.
»Was ist – hast du nicht genug Vertrauen zu mir, um mir das zu sagen?«
»Das sind alles ganz berechtigte Fragen, Dan. Ich verstehe dich sehr gut. Aber ich kann dir nicht einfach einen Namen und eine Adresse in die Hand drücken.«
»Und warum nicht?«
Mama Chia holte tief Luft und dachte nach, ehe sie antwortete. »Sagen wir, das gehört zu den Geschäftsbedingungen. Man könnte es auch als eine Art Sicherheitsmaßnahme bezeichnen – eine Initiation. Nur die Menschen, die sensibel und offen genug sind, sollen den Weg dorthin finden.«
»Socrates war ungefähr genauso hilfreich wie du, wenn es um Einzelheiten ging. Er hat mir damals einfach gesagt, wenn ich den Weg zu dir nicht fände, dann sei ich eben noch nicht bereit dafür.«
»Dann verstehst du ja, was
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