Die Rückkehr des Poeten
auf dem schlicht BORDELLE stand.
Der Bundesstaat Nevada hat über dreißig Bordellen eine Genehmigung erteilt. An diesen Orten ist Prostitution erlaubt, gesetzlich geregelt und überwacht. Drei dieser staatlich genehmigten Etablissements fanden wir in Clear am Ende der Straße. Die Schotterstraße beschrieb einen großen Kreis, an dem drei fast identische Bordelle auf Kunden warteten. Sie hießen Sheila’s Front Porch, Tawny’s High Five Ranch und Miss Delilah’s House of Holies.
»Reizend«, sagte Rachel, als wir uns umsahen. »Warum werden solche Häuser immer nach Frauen benannt – als ob sie tatsächlich Frauen gehören würden?«
»Keine Ahnung. Andererseits würde Mister Dave’s House of Holies bei den Jungs nicht besonders gut ankommen.«
Rachel grinste.
»Das stimmt. Wahrscheinlich ein geschickter Schachzug. Man benennt einen Ort weiblicher Erniedrigung und Versklavung nach einer Frau, und schon hört sich das Ganze nur mehr halb so schlimm an. Alles eine Frage der Verpackung.«
»Versklavung? Soviel ich gehört habe, sind diese Frauen aus freien Stücken hier. Angeblich sind einige von ihnen Hausfrauen, die aus Las Vegas hierher kommen.«
»Wenn Sie das glauben, sind Sie ganz schön naiv, Bosch. Bloß weil man kommen und gehen kann, heißt das noch lange nicht, dass man kein Sklave ist.«
Ich nickte nachdenklich, wollte mich mit ihr aber auf keine Diskussionen zu diesem Thema einlassen, weil ich wusste, es brächte mich dazu, mich mit bestimmten Punkten meiner eigenen Vergangenheit auseinander zu setzen.
Anscheinend wollte auch Rachel nicht weiter darauf herumreiten.
»So, und mit welchem wollen Sie anfangen?«, fragte sie.
Ich hielt vor Tawny’s High Five Ranch an. Das Ganze hatte nicht viel von einer Ranch an sich. Es war eine Ansammlung von drei oder vier Wohnwagen, die mit geschlossenen Gängen verbunden waren. Ich sah nach links und stellte fest, dass Sheila’s Front Porch ähnlich angelegt war und trotz ihres Namens keine Veranda hatte. Das Gleiche galt für Miss Delilah’s rechts von mir, und das ließ mich zu der Überzeugung gelangen, dass die drei scheinbar separaten Bordelle keine Konkurrenzunternehmen waren, sondern vielmehr Zweige desselben Baumes.
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Sieht mir ein bisschen nach ›Eene, meene, miste‹ aus.«
Rachel öffnete ihre Tür.
»Einen Augenblick noch«, sagte ich. »Ich hätte da noch was.«
Ich reichte ihr den Ordner mit den Fotos, den Buddy Lockridge am Tag zuvor nach Las Vegas gebracht hatte. Rachel öffnete ihn und sah die Frontal- und Profilaufnahmen des Mannes, der sich als Shandy ausgegeben hatte, aber vermutlich Robert Backus war.
»Ich will lieber nicht fragen, wo Sie die herhaben.«
»Kein Problem. Aber nehmen Sie sie ruhig. Sie werden mehr Gewicht haben, wenn sie von Ihnen kommen, denn Sie sind diejenige, die eine Dienstmarke hat.«
»Vorerst zumindest.«
»Haben Sie die Fotos der Vermissten dabei?«
»Ja.«
»Gut.«
Sie nahm den Ordner und stieg aus. Das tat auch ich. Wir gingen beide zur Vorderseite des Autos, wo wir kurz stehen blieben und die drei Bordelle noch einmal in Augenschein nahmen. Vor jedem standen ein paar Autos. Vor Miss Delilah’s House of Holies waren außerdem vier chromblitzende Flathead Harleys aufgereiht. Auf den Tank einer der Maschinen war mit einer Spritzpistole ein jointrauchender Totenkopf gesprüht, über dem ein Rauchring wie ein Heiligenschein schwebte.
»Als Letztes nehmen wir uns das Delilah’s vor«, sagte ich.
»Vielleicht haben wir Glück und müssen da gar nicht mehr rein.«
»Wegen der Motorräder?«
»Ja, wegen der Motorräder. Das sind Straßenheilige. Ich bin dafür, schlafende Hunde nicht zu wecken.«
»Das soll mir nur recht sein.«
Rachel übernahm die Führung und marschierte auf den Eingang des Sheila’s zu. Sie wartete nicht auf mich, denn sie wusste, ich würde mich an sie hängen.
31
I
m Sheila’s wurden wir von süßlichem Parfumgeruch, vermischt mit zu viel Räucherstäbchen, begrüßt. Wir wurden auch von einer lächelnden Frau in einem purpurroten Kimono begrüßt, die nicht im geringsten überrascht oder verdutzt zu sein schien, dass ein Paar in das Bordell kam. Ihr Mund verzog sich zu einer Schneide, so gerade und scharf wie die einer Guillotine, als sie den FBI-Ausweis sah, den Rachel aufklappte.
»Wunderbar«, sagte sie mit falscher Freundlichkeit. »Und jetzt lassen Sie mich den Durchsuchungsbefehl sehen.«
»Einen Durchsuchungsbefehl gibt’s
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