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Die Rückkehr des Poeten

Die Rückkehr des Poeten

Titel: Die Rückkehr des Poeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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angehört, als hätten Sie einen schlimmen Traum gehabt.«
    »Nein, nein, alles in Ordnung. Was habe ich gesagt?«
    »Nichts. Sie haben nur irgendwie gestöhnt. Ich glaube, Sie sind vor etwas weggelaufen oder etwas hatte sie gepackt.«
    Dei betätigte den Blinker und schwenkte auf die Abbiegespur. Die Zzyzx Road schien ins Nirgendwo zu führen. Am Ende der Ausfahrt war nichts, nicht einmal eine Tankstelle oder ein verlassenes Gebäude. Es gab keinen erkennbaren Grund für die Ausfahrt oder die Straße.
    »Wir sind dort drüben.«
    Dei bog nach links und nahm die Überführung über den Freeway. Sobald sie die Überführung hinter sich hatten, ging die Straße in einen unbefestigten Weg über, der sich in südlicher Richtung in das flache Becken der Mojave-Wüste hinabschlängelte. Die Landschaft war karg. Aus der Ferne sah das weiße Soda auf der Oberfläche der Pfanne wie Schnee aus. Joshua Trees reckten ihre knochigen Finger in den Himmel, kleinere Pflanzen zwängten sich zwischen die Felsen. Es war ein Stillleben. Rachel konnte sich nicht vorstellen, welches Tier in einer derart unwirtlichen Umgebung überleben könnte.
    Sie kamen an einem Schild vorbei, auf dem stand, sie seien nach Soda Springs unterwegs, und dann machte die Straße eine Biegung, und Rachel konnte plötzlich die weißen Zelte und Wohnmobile und Kombis und anderen Fahrzeuge vor ihnen sehen. Links vom Lager stand mit reglosen Rotoren ein Hubschrauber mit grünem Tarnanstrich. Ein Stück hinter dem Lager befand sich am Fuß der Hügel eine Gruppe kleiner Gebäude. Sie sahen aus wie ein Motel, aber es gab weder ein Schild noch eine Straße.
    »Was ist das für ein Ort?«, fragte Rachel.
    »Das ist Zzyzx«, sagte Dei. Sie sprach es Sai-six aus. »Soweit ich das sagen kann, sind wir hier am Arsch der Welt. Der Name stammt von einem Rundfunkprediger, der das hier vor sechzig Jahren aufgebaut hat. Er bekam das Land zugeteilt, weil er dem Staat versprach, nach Bodenschätzen zu suchen. Er bezahlte Säufer aus L.A. dafür, dass sie hier arbeiteten, während er weiter im Radio predigte und die Gläubigen aufrief, hierher zu kommen, um im Wasser der Quellen zu baden und das Mineralwasser, das er in Flaschen abfüllte, zu trinken. Das Bureau of Land Management brauchte fünfundzwanzig Jahre, um ihn loszuwerden. Darauf wurde das Land den staatlichen Universitäten für Wüstenforschungsprojekte zur Verfügung gestellt.«
    »Warum hier? Warum hat Backus sie hier begraben?«
    »Soweit wir das sagen können, vermutlich, weil sich das Land im Besitz der Bundesregierung befindet. Er wollte sichergehen, dass wir – das heißt, wahrscheinlich Sie – den Fall übernehmen. Falls er das beabsichtigt hat, hat er sein Ziel erreicht. Es ist eine richtig große Grabung. Wir mussten alles selbst herschaffen: Stromversorgung, Unterkünfte, Essen, Wasser, alles.«
    Rachel sagte nichts. Sie sah sich alles genau an, vom Tatort bis zum fernen Horizont aus grauen Gebirgszügen, die das Becken umgaben. Sie war, was diesen Ort anging, anderer Meinung als Dei. Sie hatte von der irischen Küste sagen hören, sie sei von brutaler Schönheit. Sie fand, dass auch die Wüste mit ihrer kargen Mondlandschaft auf ihre Art schön war. Ihr haftete eine strenge Schönheit an. Eine gefährliche Schönheit. Sie hatte noch nie viel Zeit in der Wüste verbracht, aber die Jahre in den beiden Dakotas hatten sie gelehrt, unwirtliche Orte zu schätzen, die leeren Landschaften, in denen Menschen die Eindringlinge waren. Das war ihr Geheimnis. Sie hatte eine »Härtestelle«, wie es beim FBI hieß. Das diente dem Zweck, sie zu zermürben und dazu zu bewegen, den Dienst zu quittieren. Aber in diesem Spiel hatte sie sie geschlagen. Sie würde es dort ewig aushalten. Sie würde nicht kündigen.
    Dei fuhr langsamer, als sie sich einer Kontrollstelle näherten, die etwa hundert Meter vor den Zelten eingerichtet worden war. Unter einer Art Strandzelt mit offenen Seiten stand ein Mann in einem blauen Overall, auf dessen Brusttasche in weißen Buchstaben FBI stand. Der Wüstenwind drohte das Zelt aus seiner Verankerung zu reißen, genau so, wie er auch schon der Frisur des FBI-Manns übel mitgespielt hatte.
    Dei ließ das Fenster runter. Sie sparte sich, ihren Namen zu nennen oder sich sonst irgendwie auszuweisen. Sie gehörte zum Inventar. Sie nannte dem Mann Rachels Namen und wies sie als »Agentin auf Besuch« aus, was auch immer das heißen sollte.
    »Weiß Agent Alpert Bescheid?«, fragte der Mann, seine

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