Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rückkehr des Tanzlehrers

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Titel: Die Rückkehr des Tanzlehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
hoffen, eine LastMinute-Reise nach Mallorca zu ergattern.
    Ich brauche einen Plan, dachte er, während er aß. Ohne einen Plan schaffe ich es nicht, alles zu bewältigen, was auf mich zukommt.
    Um Viertel nach sieben verließ er das Hotel. Veronica Molin hatte sich nicht gezeigt. Als er seinen Schlüssel abgab, lächelte das Mädchen in der Rezeption nicht, wie sie es sonst zu tun pflegte. Es muß etwas passiert sein, dachte er. Aber sie wird wohl kaum die Mitteilung erhalten haben, daß sie Krebs hat.
    Er fuhr nach Westen. Durch den Herbst und das Schweigen. Dann und wann trafen Regentropfen die Windschutzscheibe. Im Autoradio kamen die Nachrichten. Die Börsenkurse in New York waren gefallen oder gestiegen. Was von beiden, hörte er nicht. Als er durch Linsell fuhr, sah er ein paar Kinder mit Rucksäcken, die an der Straße standen und auf den Schulbus warteten. Auf den Dächern der Wohnhäuser waren Parabolantennen. Er erinnerte sich an seine eigene Jugend in Kinna. Plötzlich war ihm die Vergangenheit ganz nahe. Er sah auf die Fahrbahn und dachte an all die trostlosen Reisen durch Mittelschweden, die er in seiner Zeit als Gehilfe des Motocross-fahrers unternommen hatte, der fast nie einen Lauf gewonnen hatte. Er war so tief in Gedanken, daß er an der Abzweigung nach Rätmyren vorbeifuhr. Er wendete und parkte an derselben Stelle wie neulich.
    Es war jemand dagewesen. Es waren neue Wagenspuren auf dem Boden. Vielleicht hatte Veronica Molin es sich anders überlegt? Er stieg aus und zog die kühle Luft tief in die Lungen. Ein böiger Wind rauschte in den Baumwipfeln. So sieht Schweden aus, dachte er. Bäume, Wind, Kälte. Schotter und Moos. Ein einsamer Mensch tief in einem Wald.
    Er ging langsam um das Haus herum und überdachte noch einmal alles, was er bis jetzt über die Umstände von Herbert Molins Tod wußte. Er erstellte im Kopf eine Liste. Da war in erster Linie der Zeltplatz. Spuren eines Lagers. Jemand war vielleicht mit einem Ruderboot gekommen und auch wieder verschwunden. Dann Giuseppes Informationen über die Schußverletzungen. Stefan blieb stehen. Was hatte Giuseppe gesagt? Zwei Einschüsse unmittelbar unter dem Herzen und einer im linken Arm? Herbert Molin war also von vorn getroffen worden. Drei Schüsse. Er versuchte sich vorzustellen, was passiert sein konnte, doch ohne Erfolg.
    Elsa Berggren. Ein Schatten hinter einer Gardine. Wenn seine Vermutungen richtig waren, war sie auf der Hut. Aber wovor? Erik Johansson hatte sie als freundliche Frau beschrieben, die eine Tanzschule für Kinder geleitet hatte. Es gab einen Zusammenhang. Tanz. Aber was bedeutete das? Bedeutete es überhaupt etwas?
    Er wanderte weiter. Fragte sich, warum die Polizei die kaputten Fenster nicht besser abgedichtet hatte. Zerrissene Plastikfolien wehten in den gähnenden Löchern.
    Veronica Molin hatte gestern plötzlich vor ihm gestanden. Eine schöne Frau, die die Nachricht vom Tod ihres Vaters in einem Hotel in Köln erhalten hatte, wo sie auf ihre Reise durch die Welt Station gemacht hatte.
    Stefan war jetzt einmal um das Haus herumgekommen. Dachte an damals zurück, als er zusammen mit Herbert Molin den entflohenen Mörder aus der Anstalt Tidaholm gesucht hatte. Molins Angst. Ich dachte, es wäre jemand anders. Stefan hielt erneut inne. Wenn Herbert Molin nicht einem Wahnsinnigen zum Opfer gefallen war, mußte dies ein entscheidender Ausgangspunkt sein. Die Angst. Die Flucht hier herauf in die Wälder Härjedalens. Ein Versteck am Ende einer Abzweigung, die auch er nur unter Schwierigkeiten gefunden hatte.
    Weiter kam er nicht. Molins Tod war ein Rätsel. Es war ihm vielleicht gelungen, ein paar lose Enden zu entdecken. Doch das Innere war immer noch ein Vakuum. Er ging zum Wagen zurück. Der Wind hatte zugenommen. Gerade als er die Autotür öffnen wollte, bekam er das Gefühl, beobachtet zu werden. Er drehte sich rasch um. Niemand im Wald. Der Hundezwinger lag verlassen. Die zerrissenen Plastikfolien schlugen gegen die Fensterbretter. Er setzte sich ins Auto und fuhr davon und dachte, daß er nie wieder zurückkehren würde.
    Er parkte vor dem Gemeindehaus und ging hinein. Der Bär stand immer noch da und starrte ihn an. Er suchte das Büro der Polizei und traf in der Tür auf Erik Johansson, der auf dem Weg hinaus war.
    »Ich wollte gerade mit den Leuten aus der Bibliothek Kaffee trinken«, sagte Erik. »Aber das kann warten. Ich habe Neuigkeiten für dich.«
    Sie gingen in sein Büro. Stefan setzte sich auf den

Weitere Kostenlose Bücher