Die Rückkehr des Tanzlehrers
Papier zusammengeknüllt und in den Aschenbecher gelegt. Er selbst wartete, bis die Bedienung in die Küche hinausgegangen war. Dann nahm er das Papier an sich und verließ in aller Eile das Hotel. Er fuhr zu einem abgelegenen Parkplatz in der Nähe. Im Licht der Taschenlampe versuchte er zu entziffern, was auf der Rückseite der Rechnung stand. Das wichtigste war der Name der Frau. Elsa Berggren. Zwischen den drei Namen Herbert Molin, Abraham Andersson und Elsa Berggren waren Pfeile gezogen, die ein Dreieck bildeten. Neben Anderssons Name war ein Hakenkreuz. Dahinter ein großes Fragezeichen.
Schließlich war er nach Linsell gefahren, und von da weiter nach Glöte. Er hatte das Auto hinter ein paar Holzstapeln abgestellt und damit begonnen, einen Weg durch den Wald zu einer Stelle in der Nähe von Abraham Anderssons Haus zu suchen. Er war auf die Anhöhe hinaufgeklettert, auf der er sich jetzt befand. Er konnte nicht sagen, was er zu entdecken hoffte. Aber er wußte, daß er sich in unmittelbarer Nähe des Geschehens befinden mußte, wenn er überhaupt eine Antwort auf die Frage finden wollte, die er sich stellte: Wer hat Abraham Andersson getötet? Trug er indirekt die Schuld daran, weil er Herbert Molin getötet hatte? Bevor er nach Buenos Aires zurückkehren konnte, mußte er darüber Klarheit gewinnen. Sonst würden ihn der Gedanke und die Unruhe für den Rest seines Lebens verfolgen. Dann wäre es, als hätte Herbert Molin das letzte Wort gehabt. Der Auftrag, sich von allem Haß zu befreien, würde mit voller Kraft auf ihn zurückfallen.
Durch das Fernglas betrachtete er die Polizisten, die zwischen dem Waldpfad und dem Haus hin und her gingen. Natürlich nahmen sie an, daß es ein und dieselbe Person war, die Herbert Molin und Abraham Andersson getötet hatte.
Es gibt nur zwei Menschen, die wissen, daß das nicht stimmt, dachte er. Der eine bin ich selbst, der andere ist Abraham Anderssons Mörder. Sie suchen eine Person, wo sie eigentlich zwei suchen sollten.
Er verstand jetzt, warum er zurückgekehrt war. Warum er nicht weiter nach Kopenhagen gefahren war und sich ins Flugzeug nach Buenos Aires gesetzt hatte. Er war zurückgekehrt, um klarzustellen, daß nicht er Abraham Andersson getötet hatte. Die Polizisten, die er durch das Fernglas sehen konnte, befanden sich auf einer Spur, die sie in die Irre führen würde. Natürlich konnte er nicht mit Bestimmtheit sagen, was die Männer, die sich dort unten am Waldrand bewegten, für Gedanken und Vorstellungen in ihren Köpfen hatten. Aber es gibt immer eine Logik, dachte er. Ohne es zu wissen, vermute ich, daß schwere Gewaltverbrechen hier in den Wäldern nicht besonders häufig sind. Hier leben die Menschen in großer Einsamkeit. Sie reden nicht viel und scheinen in Frieden miteinander umzugehen. Auf die gleiche Art und Weise, wie Herbert Molin und Abraham Andersson in gegenseitigem Einvernehmen gelebt zu haben scheinen. Jetzt sind sie beide tot. Molin habe ich selbst getötet. Aber Abraham Andersson, den zufälligen Nachbarn? Wer hat den getötet? Und warum?
Er setzte das Fernglas ab und rieb sich die Augen. Dann streckte er sich im feuchten Moos aus. Der Rücken tat ihm weh. Die Wolken segelten über ihm dahin. Dort unten wurde ein Motor angelassen, und er hörte, wie ein Wagen zurücksetzte, wendete und davonfuhr.
Noch einmal ging er in Gedanken das Geschehene durch. Konnte es einen Zusammenhang zwischen Herbert Molin und Abraham Andersson geben, den zu entdecken ihm nicht gelungen war? Es gab viele Fragen. War es vielleicht kein Zufall gewesen, daß Molin sich entschieden hatte, in der Nähe von Andersson zu wohnen? Wer von ihnen war zuerst dagewesen? Stammte Andersson aus der Gegend? Hatte auch er ein Versteck im Wald gesucht? Hatte auch er einmal für Hitler gekämpft? War auch er ein Mensch gewesen, der widerwärtige Handlungen begangen hatte und seiner Strafe entkommen war? Der Gedanke erschien ihm unwahrscheinlich, aber unmöglich war er nicht.
Er hörte einen Wagen näherkommen und setzte sich auf. Durch das Fernglas konnte er einen Mann aus einem Personenwagen aussteigen sehen. Er versuchte das Fernglas ruhig zu halten. Er kannte den Mann. Es war der Polizist, der im Restaurant gesessen und etwas auf die Rückseite der Rechnung geschrieben hatte. Soweit war es also richtig gewesen. Er hatte mit beiden Ermittlungen zu tun.
Es war ein komisches Gefühl, einen Polizisten, der einen jagte, durch ein Fernglas zu betrachten. Die Lust zu fliehen
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