Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
mit ausdruckslosen Mienen, dann erwiderte Branl nüchtern: »Dankbarkeit ist unnötig, Raureif Kaltgischt, Eisenhand der Schwertmainnir. Die Unfreundlichkeit, von der du sprichst, war nicht als ›Unfreundschaft‹ gedacht. Wir waren in Sorge, eure freimütigen Herzen und Erzählungen könnten unseren Dienst an dem Land hintertreiben. Jetzt habt ihr geschafft, was wir für unmöglich gehalten haben. Mit Hilfe dieses harmlosen Steinhauseners ...« Er nickte zu Liand hinüber. »... habt ihr Linden Avery und ihre Gefährten den Skurj entrissen. Gemeinsam erkennen wir eure Taten an. Wird es Zeit, den in Schwelgenstein versammelten Meistern zu berichten, werden wir mit einer Stimme sprechen, und sie wird Gehör finden.«
Klar, dachte Linden mürrisch. Natürlich tut ihr das. Unter den Meistern besaßen die Gedemütigten so viel Autorität wie Handir. Aber Branl hatte nicht preisgegeben, was sie bei dieser Gelegenheit sagen würden.
Trotzdem neigte Kaltgischt den Kopf, als sei sie mit seiner Antwort zufrieden. Nur ein Stirnrunzeln und ihre leicht verärgerte Stimme suggerierten etwas anderes, als sie jetzt fortfuhr: »Trotzdem bleiben wir dankbar. Deshalb erbitten wir euren Rat. Wir sind Riesen. Wir müssen um unsere gefallenen Kameradinnen trauern; dazu brauchen wir eine Caamora. Wir wollen im Salva Gildenbourne Holz sammeln, damit wir unsere Trauer durch Feuer ausdrücken können. Kann eure Meisterschaft die Folgen abschätzen? Werden unsere Flammen den Geist Andelains kränken?«
Falls es den Gedemütigten widerstrebte, darauf zu antworten, ließen sie sich nichts anmerken, und diesmal ergriff Clyme das Wort: »Eisenhand, wir haben kein Herz für Trauer. Dennoch würden wir uns hier keinem Wunsch oder Bedürfnis der Schwertmainnir entgegenstellen. Und Andelain ist die Seele, die Quintessenz des Landes. Weil das Land unbeschreibliches Leid erlebt hat, sind diesen Hügeln Verlust und Trauer nur allzu vertraut. Eure Flammen können nicht kränken, wenn ihr Sinn von allen geteilt und geehrt wird.«
»Also gut«, knurrte Kaltgischt barsch. »Ich sage dir meinen Dank.«
Mit einer Handbewegung schickte sie Rahnock und Spätgeborene den Hügel hinunter in den schon dunkel werdenden Wald. Linden aber wusste den Namen der Riesin, die auf dem Hügel gefallen war, noch immer nicht.
Rahnock und Spätgeborene würde bestimmt nichts passieren. Spürten sie die Skurj oder andere Feinde, konnten sie rasch nach Andelain zurückkehren. Während Mahrtiir Bhapa und Pahni anwies, Schatzbeeren zu suchen, entlockte Linden ihrem Stab erneut etwas Erdkraft – nicht um die Riesen zu schützen, aber um sich auf ihr inneres Wesen zurückzubesinnen, so gut es eben ging – das der Heilerin. Die Schwertmainnir brauchten bessere Wundversorgung, als Linden ihnen hatte zuteil werden lassen, und so behandelte sie ihre zahlreichen Verletzungen jetzt sorgfältiger. Indem sie langsam durch die Reihen der Frauen ging, heilte sie zerrissene Nerven und Blutgefäße, zerfetztes Fleisch und Muskeln. Sanft kauterisierte sie Blutungen, brannte Sepsis fort und flickte Knochen zusammen. Die Riesinnen waren zäh, die Quellen ihrer Gesundheit tief. Trotzdem entsetzte Linden die Virulenz der Gifte an den Reißzähnen und im Blut der Ungeheuer. Fast jede Wunde, die sie geschlagen hatten, war eiternd infiziert, und die schwersten Verletzungen erforderten eine schwierige Balance zwischen Energie und Präzision.
Gutwinds Zustand war am schlimmsten. Ihre Blutvergiftung hatte sich durch die gewaltigen Anstrengungen der letzten Stunden im ganzen Körper verteilt. Diese Infektion konnte Linden nicht beseitigen, ohne mit Gesundheitssinn und reinigendem Feuer bis in Gutwinds Knochenmark vorzudringen. Verglichen damit war es ein Leichtes, Grobfausts zertrümmertes Jochbein zusammenzuflicken oder die Verbrennungen Liands, Staves und der Ramen zu behandeln.
Linden hatte befürchtet, ihre eigene Erschöpfung werde ihre Heiltätigkeit behindern, aber das war nicht der Fall. Die Luft Andelains war ein Stärkungsmittel, das ihre Reserven auffüllte – und auch die Wirkung von Kevins Schmutz verminderte. Jeder Blick auf die unbeschreiblichen Hügel verlieh ihr neue Kraft, und das Gras unter ihren Stiefelsohlen schickte eine warme, großzügige Liebkosung durch ihren ganzen Körper. Voller Dankbarkeit stellte Linden fest, dass sie zu mehr imstande war, als sie gedacht hatte. Der Krill war in Andelain. Das hatte Esmer gesagt. Und vielleicht machten ja bereits die Hügel selbst
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