Die Rückkehr nach Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
Gavino gefragt. »Ich habe Felipe versprochen, dass ich mit zum Fischen komme. Wenn du dich langweilst oder Hunger hast, dann geh einfach zu Julia und Lorenzo.«
»Mach ich«, hatte Sheila gesagt.
Und nun saß sie schon seit drei Stunden hier am Strand – und es war genauso wie an den Tagen zuvor. Nichts geschah. Der Strand blieb leer.
Hin und wieder schlenderten ein paar Leute über den Sand – Touristen, die die Nachsaison nutzten. Zum Baden im Meer war es jedoch zu kalt.
Sheila kramte ein Buch aus ihrer Tasche, aber sie konnte sich nicht auf die Geschichte konzentrieren. Schließlich legte sie das Buch zur Seite und holte die Spieluhr aus ihrer Tasche. Sie betrachtete sie eine Weile und zog sie dann auf. Als die Melodie ertönte und die Delfine anfingen, sich zu drehen, riss die Wolkendecke auf, und ein Sonnenstrahl ließ die Spieluhr golden aufblitzen.
Sheila hob den Kopf und sah zum Meer. War das ein Zeichen?
Auch Ricardo hatte das Aufblitzen gesehen. Er nahm das Fernglas von den Augen. Auf seinem Gesicht erschien ein zufriedenes Lächeln.
Die Kleine hatte die Spieluhr tatsächlich mit an den Strand genommen und ausgerechnet heute war das Mädchen allein gekommen.
Was für ein Glück – sowohl für Ricardo als auch für das Mädchen! Er würde zu ihr hingehen und ihr die Spieluhr abnehmen. So einfach war das. Er musste kein Blut vergießen, nicht einmal in eine Wohnung einbrechen. Es war zwar aufwendig gewesen, das Mädchen bis hierher nach Sardinien zu verfolgen, aber es hatte sich gelohnt. Ein Verbrechen würde unnötiges Aufsehen verursachen und Aufsehen war das Letzte, was Ricardo gebrauchen konnte.
Zaidon hatte all seinen Helfern eingeschärft, so heimlich und verschwiegen wie möglich vorzugehen. Nur deswegen war sein Ring aus Spähern und Spionen so lange unentdeckt geblieben.
Ricardo verstaute das Fernglas in seinem Rucksack und machte sich an den Abstieg. An dieser Stelle fiel der Felsen steil ab, aber Ricardo war ein guter und sicherer Kletterer. Die Grasbüschel und kleinen Sträucher gaben ihm genügend Halt. Vorsichtig setzte er einen Fuß unter den anderen. Beim Abwärtsklettern machte sich sein Magen bemerkbar. Seit er dieses Hexenmittel eingenommen hatte, rumorte es in seinem Bauch. Kein Wunder. Die Rezeptur war ja auch äußerst ungewöhnlich gewesen und kompliziert obendrein. Ricardo hätte auf Zaidons Zettel schauen müssen, um sich an alle Zutaten zu erinnern. Jedenfalls waren Haifischflossen dabei gewesen, ebenso Ginkgo-Blätter und dasKnochenmehl eines Pottwals, Ingwerstückchen und … Den Rest brachte Ricardo nicht mehr zusammen. Der Trank hatte gallenbitter geschmeckt und Ricardo hatte das Gefühl gehabt, sich gleich übergeben zu müssen. Ob er sich damit selbst vergiftete? Aber laut Zaidons Anweisung konnte man sich mit diesem Trank in einen Delfin verwandeln, wenn es auf normalem Weg nicht mehr funktionierte.
Ricardo war ein Meereswandler und stand schon seit vielen Jahren im Dienst Zaidons. Seit dem Sommer konnte er sich jedoch nicht mehr in einen Delfin verwandeln – und seine Kollegen berichteten dasselbe. Von einem Tag auf den anderen schienen sie alle ihre Fähigkeit verloren zu haben. Vermutlich hing es irgendwie mit Zaidons Tod zusammen.
Noch immer gab es nur Gerüchte darüber, was geschehen war. Zaidon, der große Fürst und Magier, hatte vor mehr als sechstausend Jahren den Untergang von Atlantis überlebt. In einem schwarzen Wal, einer Mischung aus U-Boot und Lebewesen, hatte Zaidon die Jahrhunderte überdauert. Dass er so lange lebte, war seinen magischen Kräften zu verdanken – und hin und wieder hatte er sich auch etwas Lebenszeit von anderen Meereswandlern »geliehen«. Sein Plan war gewesen, Atlantis in all seinem Glanz und seiner Pracht wiederauferstehen zu lassen. Leute wie Ricardo, die Zaidon mit großer Ergebenheit dienten, sollten dann für ihre Mühen reich belohnt werden.
Aber vor einigen Wochen war der schwarze Wal vor einer Insel aufgefunden worden. Zuerst hieß es nur, dass ein Wal gestrandet sei, wie es ab und zu vorkam. Doch dann hatte man die technischen Vorrichtungen und seltsamen Apparaturen in seinemInnern entdeckt und es hatte einen riesigen Presserummel gegeben. Die Zeitungen schrieben von Tierquälerei und dem Werk eines Verrückten . Die zahlreichen Schaulustigen und Gaffer, die sich am Ort des Geschehens einfanden, hatten sich jedoch wegen des Verwesungsgeruchs sehr bald wieder zerstreut.
Ricardo hatte natürlich sofort
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