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Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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schlecht werden kann. Außer man dreht den Spieß um.«
    »Was führst du im Schilde?«
    »Auch du kannst davon profitieren, Pina«, sagte Sedem. »Setz auf stark einbrechende Kurse. Ich werde dir die Titel aufschreiben. Geh gleich morgen früh zur Bank, denn am 26. werde ich bei Eröffnung alle Finanzwerte abstoßen und die Börsen in den Keller jagen. Anschließend werden sofort die Firmen aufgelöst, bevor sich jemand versieht. Auf einen Schlag. Das wird zu einem Kursrutsch erster Güte führen, der katastrophale Auswirkungen für die internationale Finanzwelt haben wird. Dagegen sind die bisherigen Crashs überhaupt nichts. Vergiß Barings, Bearn Stearns, Societé Générale und wie sie alle heißen.« Sedem hatte sich in Rage geredet, er war nicht zu bremsen. Mit triumphaler Geste rief er: »Einer nach dem anderen werden die Haifische pleite gehen, samt der Banken, die mit ihren sogenannten Produkten leichtgläubige Kleinanleger schröpfen. Es wird sie alle kalt erwischen. Wer verkauft schon bei anhaltend steigenden Preisen? Und dann noch in solchen Mengen? Die Rohstoffpreise aber werden ebenfalls in die Knie gehen – und das ist dannausschließlich mein Verdienst. So war Duke doch noch zu etwas nütze. Und das Attentat auch. Du hast recht, es ist nicht unlogisch, daß ich dahinterstecke. Wenn ich es tatsächlich so geplant hätte, dann wäre ich geradezu genial.«
    »Du bist größenwahnsinnig, ein Doktor No, und überheblich dazu. Du gehst über Leichen wie Duke!«
    »Und was willst du jetzt tun?« fragte Sedem, plötzlich wieder sanft wie das Lamm im Stall zu Bethlehem.
    »Sag deinem Fahrer Bescheid, daß er mich sofort nach Hause bringen soll.« Wütend stand Pina auf und trat ans Fenster.
    »Schade!« sagte Sedem plötzlich. »Weißt du, Pina, eigentlich wären wir ein schönes Paar!«
    »Nicht mehr als eine Option«, flüsterte sie, ohne sich nach ihm umzusehen. Sie starrte auf die im Sonnenlicht liegenden Hügel unterhalb von Jakovce, ohne sie wirklich wahrzunehmen.
    Sie hörte, wie sich das Summen des Elektromotors von Sedems Rollstuhl langsam entfernte. Sonntag! Gestern waren die Grenzen gefallen, und heute vor einer Woche hatte sie den eigenartigen jungen Mann kennengelernt. War sie so von der Begegnung berauscht gewesen, daß sie seinen Zynismus einfach nicht wahrnehmen wollte? Während des Ausflugs nach Istrien hatte sie zum ersten Mal mit dem Gedanken gespielt, doch nicht vor der weiteren Entwicklung der Beziehung zu fliehen. Zum ersten Mal seit Jahren war es ihr möglich erschienen, einem anderen Menschen in ihrem Leben mehr Platz einzuräumen. War sie wirklich so blind gewesen? Hatte sie sich allen Ernstes so grob getäuscht? Zwei, die nicht gehen können?
    Erst die Stimme des Chauffeurs holte sie wieder in die Wirklichkeit zurück.
     
    *
     
    Seit die Schlagbäume offenstanden, hatte sich endlich auch wieder sein Aktionsradius erweitert. Obwohl er die Auflage hatte, das Land nicht zu verlassen, bis endlich seine Klage gegen den Auslieferungsbescheid nach Kroatien entschieden war, kontrollierte ihn seit vorgestern niemand mehr, wenn er in die Nachbarländer Österreichs reisen wollte. Und die Wahrscheinlichkeit, daß jemand in den paar Stunden, die er unerlaubt unterwegs war, nach seinen Dokumenten fragte, die man ihm abgenommen hatte, war geringer als ein Lottogewinn. Doch kam er trotzdem nicht dazu, den letzten Teil seines Plans zu verwirklichen, der ein Befreiungsschlag sein sollte.
    Boris Mervec bog in Ljubljana in die Celovška Cesta in Richtung Kranj ab und fuhr gleich zu Beginn der vierspurigen Hauptverkehrsader auf den dicht belegten Parkplatz eines Einkaufszentrums, das an diesem letzten Sonntag vor Weihnachten das Geschäft des Jahres machte. Er fuhr den japanischen Kleinwagen in eine Lücke ganz am Ende, schloß ihn ab und stieg um in sein eigenes Auto, das direkt vor dem Eingang des Konsumtempels stand. Dort streifte er endlich die Latexhandschuhe ab, die er die ganze Zeit getragen hatte, und stopfte sie in die Jackentasche. Seine Hände schwitzten, und die Haut war blasser als sonst, fast so wie nach einem langen Bad. Es war reiner Zufall gewesen, daß er den Wagen vor etwas mehr als zwei Stunden ein paar Straßen weiter in einem Wohnviertel gefunden hatte. Ein älteres Modell, das zu knacken kein Problem war. Er war schnell verschwunden, niemand hatte ihn beobachtet. Und er hatte nicht einmal auf das Kennzeichen geachtet, worüber er sich jetzt ärgerte – ausgerechnet ein

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