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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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wie ihre Worte. Wo waren die Kinder der Ramen? Und die Alten?
    Wo waren die Ranyhyn?
    Dann klang die Stimme der Mähnenhüterin plötzlich scharf, mit unverkennbar zornigem Unterton. Ihre Erzählung enthielt erstmals Andeutungen von Herausforderungen, von Proben.
    »Einmal in jeder Generation haben wir daher den Aufstieg der Meister im Land beobachtet, jener Männer, die einst die Schlaflosen, die Bluthüter waren. Wir haben keine Hinweise auf Lords oder andere Mächte gesehen, die Fangzahns Ende bewirken könnten. Stattdessen haben wir mit von Generation zu Generation wachsendem Zorn verfolgt, wie jene, die einst den Lords dienten, sich jetzt Meister nennen und untätig bleiben. Das ihrer Obhut anvertraute Land ist unter ihrer Obhut hilflos gemacht worden. Jetzt erhebt der Reißer wieder sein Haupt, und es gibt nur die Meister, die ihm entgegentreten könnten. Wir haben die Bluthüter gekannt. Wir haben gesehen, wie Fangzahn sie in seinen Dienst gezogen hat. Wir wissen, dass sie nicht genügen.«
    Während Hami sprach, schien die Stimmung in dem Rund zwischen den Wohnstätten bedrohlich zu werden. Die alte Feindseligkeit der Ramen gegenüber den Bluthütern war durch das Verhalten der Meister gerechtfertigt worden.
    »Endlich steht jedoch eine neue Ring-Than unter uns. Weil sie hier ist, könnten wir Hoffnung schöpfen. Aber weil auch der Meister hier ist, fürchten wir, dass er ihre Absichten vereiteln wird.«
    Zumindest in diesem Punkt verstand Linden sie völlig.
    »Die Ramen haben die Treue gewahrt«, schloss die Mähnenhüterin ruhig. »Was haben die Meister getan? Wie soll Linden Avery die Last der wilden Magie gegen den Reißer tragen, wenn die Meister alle Kräfte unterdrückt haben, die ihr hätten helfen können? Diese Fragen – und weitere – sollt ihr uns beantworten.«
    Ihre Forderung wurde einen Augenblick lang mit Schweigen quittiert. Ramen nickten ihr und einander grimmig zu. Sie schienen ihr Exil zu spüren, als hätten sie den Verlust der Heimat selbst erlebt, als hätten sie nie etwas anderes als ein Nomadenleben gekannt. Ihre Sagen besaßen die Macht von Geboten; sie übten Zwänge aus, die weit über die Grenzen von Leben und Zeit hinausgingen. Linden, die sich auf Hami konzentrierte, nahm aus dem Augenwinkel heraus wahr, dass Stave in dem Kreis, in dem er bisher gesessen hatte, aufsprang.
    »Beanspruchst du das Recht, uns herauszufordern?«, fragte er ausdruckslos. Vermutlich steckte er voller Zorn und Widerspruch, aber davon ließ er sich nichts anmerken. Seine straffe Haltung ließ nur erkennen, dass er nicht nachgeben würde. »Dieses Recht fordere ich ebenso. Auch meine Fragen müssen beantwortet werden.« Seine Stimme blieb ruhig. Dennoch verstärkte sie die nervöse Anspannung der Ramen wie ein Peitschenhieb.
    »Mähnenhüterin«, fuhr er fort, »du gehst mit den Meistern hart ins Gericht, aber du sprichst wenig über die Ranyhyn. Habt ihr sie nicht ins Exil geführt? Und waren sie nicht der Sinn eures Lebens? Weshalb sind sie dann von diesem Ort abwesend? Was ist aus ihnen geworden? Wie könnt ihr behaupten, in der Vergangenheit die Treue gehalten zu haben, wenn ihr den großen Pferden von Ra nicht treu gewesen seid?«
    Nein.
    Linden war aufgesprungen, bevor sie überhaupt merkte, dass sie sich bewegt hatte. Sie hatte genug von Leuten, die niemals vergeben konnten – dazu gehörten die Ramen ebenso wie die Haruchai. Beider Stolz war leicht entflammbar, empfindlich wie Zunder und dadurch brandgefährlich. Griff sie jetzt nicht ein, würde es vielleicht zu Schlägen kommen, die nicht mehr zurückgenommen werden konnten.
    Und sie war plötzlich zornig. Lord Foul hatte Jeremiah in seiner Gewalt. Wie das Land konnte ihr Sohn niemals von Leuten gerettet werden, denen alter Groll wichtiger war als gegenwärtige Gefahren und Verantwortlichkeiten.
    »Nein. Wartet einen Augenblick.« Linden bemühte sich, ihr Herzklopfen zu bändigen, während sie sich über die Kreise hinweg an Stave wandte. »Kein Wort mehr. Bitte! Ob dein Volk recht gehandelt hat oder nicht, ist unwichtig. Es spielt keine Rolle. Nicht hier. Die Ramen wissen nicht, weshalb ihr Meister geworden seid. Sie können eure Gründe nicht beurteilen. Und du bist nur meinetwegen hier. Weil ich aus Steinhausen Mithil geflüchtet bin. Wenn die Ramen Fragen haben, beantworte ich sie.«
    Stave, der sie ausdruckslos anstarrte, ballte langsam die Hände zu Fäusten, streckte die Finger wieder, zog eine Augenbraue hoch ... und sagte nichts.

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