Die Runen der Erde - Covenant 07
können.
Liand, der in verzweifelter Sorge um sie fast ebenfalls weinte, trug sie mit Hilfe von Bhapa und Pahni in die nächste Wohnstätte, zum nächsten Kochfeuer. Um die Flammen anzufachen, brachte Char einen Armvoll Holz und einen Korb mit getrocknetem Mist. Hami träufelte heißes Wasser zwischen Lindens blasse Lippen, während der Steinhausener ihre Kehle streichelte, damit sie leichter schlucken konnte. Mahrtiir biss zwei oder drei Schatzbeeren auf, entfernte die Samen und steckte Linden unerwartet zärtlich kleine Stücke des saftigen Fruchtfleischs in den Mund.
Stave, der jegliche Unterstützung ablehnte, kam ebenfalls in die Wohnstätte gestolpert, um sich zu wärmen; und auch Hyn und Hynyn drängten zwischen den Ramen herein, obwohl das Dach aus Grassoden so niedrig war, dass sie den Kopf nicht heben konnten und der Widerrist des Hengstes fast den leichten Dachstuhl streifte. Gemeinsam wachten sie über Linden, und ihre Besorgnis ließ das Regenwasser von ihren großen Leibern verdampfen.
Dann würgte Linden; schluckte krampfhaft; würgte erneut und schien sich zu entspannen, als ihre steifen Muskeln etwas von ihrer Starre verloren. Die Wärme des Wassers und die belebende Wirkung der Aliantha machten sich langsam in ihrem überanstrengten Körper bemerkbar, während die Hitze des hoch auflodernden Feuers die Kälte aus ihren erstarrten Gliedmaßen vertrieb. Ihre blassen Wangen überzogen sich allmählich mit hektischer Röte, die ungesund und fiebrig wirkte. Ein Zittern begann durch ihren Körper zu laufen, zuerst nur als kurzes Beben wie die Nachwirkungen einer Katastrophe, dann in längeren und heftigeren Wogen, die zu so heftigen Anfällen wurden, dass sie in Liands Armen um sich schlug.
Trotzdem war zu erkennen, dass sie sich erholen würde.
Einige Zeit später zogen die Ranyhyn sich zurück, als seien sie beruhigt. Sie kehrten dem Lager den Rücken und verschwanden in den Sturm hinein. Die meisten Ramen verabschiedeten sie ehrfurchtsvoll; Mahrtiir fuhr jedoch fort, Linden mit Aliantha- Stückchen zu füttern; Hami bot ihr immer wieder kleine Schlucke Wasser an; und Bhapa und Pahni massierten ihr behutsam Hände und Füße, um die Blutzirkulation wieder in Schwung zu bringen.
Stave hatte sich ihnen gegenüber am Feuer niedergelassen. Trotz seiner angeborenen Zähigkeit zitterte auch er heftig. Das heiße Wasser, das die Ramen ihm anboten, trank er dankbar; er nahm auch einige Schatzbeeren und etwas Rhee mit Wildgulasch zu sich. Bald hörte er auf zu zittern, und sein brauner Teint verlor seine frostige Blautönung. Nur sein Blick blieb leicht getrübt, als seien seine Augen von Erschöpfung glasig, aber er hatte die schlimmsten Nachwirkungen des Sturms bereits abgeschüttelt.
Nun fragte Mähnenhüterin Hami ihn ruhig: »Willst du jetzt sprechen, Bluthüter? Die Ring-Than kann nicht enthüllen, was sie befallen hat. Sie ist auch außerstande, unsere Fürsorge anzuleiten. Durch Wind und Regen und Kälte bewirkte Schmerzen kennen wir und können sie lindern. Aber in ihr entwickelt sich ein Fieber, das wir nicht verstehen – ein geistiger Schmerz, der über unser Wissen hinausgeht. Wir fürchten, ihr zu schaden. Willst du uns nicht erzählen, was sich ereignet hat?«
Der Haruchai wandte ihr sein verschlossenes Gesicht zu. »Lass die Auserwählte davon sprechen«, antwortete er, »wenn sie dazu imstande ist.« Aus seinem Tonfall sprach nicht nur Erschöpfung, sondern auch Kummer, vielleicht ein Gefühl alter Scham. »Ich werde es nicht tun.«
Liand hätte vielleicht empört oder mit Bitten reagiert; aber er beherrschte sich um Lindens willen ebenso wie die Ramen, damit sie nicht gestört wurde.
Sie schien einige Zeit zu schlafen, und ihr Zittern ließ etwas nach. Dann öffnete sie kurz die Augen und starrte wie in schrecklicher Verzweiflung um sich, ohne jedoch wirklich bei vollem Bewusstsein zu sein. Als dieser Augenblick vorüber war, wurde ihr Atem regelmäßiger, und Hami flößte ihr mehr Wasser ein, das sie jetzt trank, ohne zu würgen. Auch Mahrtiirs Aliantha -Stückchen schluckte sie bereitwillig. So kam sie in kleinen Schritten allmählich wieder sichtbar zu Kräften.
Kälteschauder durchliefen sie weiterhin, aber ihr Wesen hatte sich verändert. Als die Kälte langsam aus dem Mark ihrer Knochen, den Tiefen ihrer Lunge, dem Kern ihrer Organe wich, wurde sie durch Fieber abgelöst. Ihre Krankheit, das innere Zittern, schien aus den tiefsten Kammern ihres Daseins zu kommen, und die Ramen
Weitere Kostenlose Bücher