Die Runen der Erde - Covenant 07
hatte sein Ziel offenbar erreicht – oder er hatte gemerkt, dass die Ranyhyn zu beständig waren, um sich einschüchtern zu lassen, und beschlossen, seine Taktik zu ändern.
Trotzdem fiel weiter steter Regen, der die Grenze des Wanderns völlig durchnässte, bis jeder Schritt außerhalb der Wohnstätten Wasser durchs üppige Gras platschen ließ. Auf ihrem Platz zwischen Feuerstelle und Lagerstatt konnte Linden den Himmel nicht sehen; aber der düstere Tag und die Beschaffenheit des Regens vermittelten den Eindruck, als könnte es noch tagelang weiterregnen.
Die vor ihr stehenden Ramen verbeugten sich tief, als hätte sie Bewunderung verdient. Stave folgte ihrem Beispiel jedoch nicht; er blieb etwas hinter den anderen zurück, als hätte er ihr nichts zu sagen.
Hamis Besorgnis entsprach der Liands, aber in Mahrtiirs Blick lag im Feuerschein ein erwartungsvoller Glanz.
»Linden Avery«, begann Hami ernst, »Ring-Than und Auserwählte, wir sind erfreut, dich so sichtbar erholt anzutreffen. Bei deiner Rückkehr vom Rösserritual warst du in solch schlimmer Verfassung, dass wir um dein Leben gefürchtet haben.« Sie betrachtete Linden aufmerksam, dann fügte sie mit gewisser Schärfe hinzu: »Trotzdem hast du noch Fieber. Du musst ruhen. Das hat Liand dir bestimmt gesagt. Es tut nicht gut, sich zu verausgaben, wenn man Schlaf und Heilung benötigt.«
Liand schien sich vor Unbehagen zu winden. »Sie ist die Auserwählte«, sagte er, als wolle er sich in gewisser Weise rechtfertigen. »Ich habe keine Macht über sie.«
Linden schüttelte erneut den Kopf und versuchte nun, Hami zu unterbrechen, ebenso, wie sie es kurz zuvor mit Liand getan hatte. »Mach dir meinetwegen keine Sorgen.« Trotz der wohltuenden Wirkung der Aliantha klang ihre Stimme noch immer krächzend, und ihre Kehle tat weh, als hätte sie stundenlang gegen die Gewalt des Sturmes angeschrien. »Ich bin nicht so schwach, wie ich vielleicht aussehe.«
Bevor Hami antworten konnte, fragte sie: »Wo ist Esmer?«
Die Mähnenhüterin runzelte die Stirn. »Ring-Than, deine Bedürftigkeit ist unübersehbar, aber sie übersteigt unsere Kenntnisse. Wir wissen nicht, wie deine Genesung zu bewirken ist. Das ist unsere größte Sorge. Welche Rolle spielt Esmer dabei?«
Hami und ihre Begleiter wollten Erklärungen, die Linden ihnen nicht geben konnte. Trotzdem musste sie es wenigstens versuchen.
»Holst du mir noch eine Handvoll Aliantha? «, fragte sie Liand heiser. »Und etwas Amanibhavam? Mehr brauche ich eigentlich nicht.«
Die Ramen hatten noch nie an einem Rösserritual teilgenommen. Linden wusste nicht, wie sie ihnen erklären sollte, dass die heilkräftigen Wasser des Bergsees sie vor einer Bösartigkeit geschützt hatten, die sonst ihr Tod hätte sein können.
Liand zögerte noch einen Augenblick; vielleicht sah er Rat suchend zu Hami hinüber. Als die Mähnenhüterin jedoch nicht reagierte, gab er Lindens Bitte an Pahni und Bhapa weiter. Er war offenbar entschlossen, bei ihr zu bleiben, um sie auffangen zu können, falls ihre Kräfte nachließen.
Sie wollte ihm und auch den Seilträgern danken, aber das hatte Zeit bis später. Stattdessen wandte sie sich an Hami. »Dieser Sturm«, sagte sie so nachdrücklich wie möglich, »war nicht natürlich. Er hatte Heimtücke in sich.«
Hami, die weiter die Stirn runzelte, nickte zustimmend. »Aber sein Bestreben, Schaden zu bewirken, ist gebrochen. Nur der Regen ist geblieben.«
Das tat nichts zur Sache. Mahrtiir hatte gesagt, dass Esmer in den Bergen einen Sturm wüten ließ. Linden wiederholte hartnäckig: »Ist Esmer zurückgekommen?«
Hami gab einen verdrießlichen Laut von sich. Sie schien Lindens Beharren auf Esmer zu misstrauen. Trotzdem antwortete sie: »Er ist zurückgekehrt, während du geschlafen hast. Wenn du es wünschst, lasse ich ihn holen.«
Linden schüttelte den Kopf. »Bei seiner Rückkehr«, sagte sie von Fieberschauern geschüttelt, »hat die Heimtücke aufgehört. Sein Bestreben, Schaden zu bewirken.«
Hami machte große Augen. »Und du glaubst, dass es seine Heimtücke war? Dass er dir mit dem Sturm schaden wollte?« Diese Vorstellung beunruhigte die Seilträger sichtlich, und Mahrtiir murmelte etwas, das wie eine Verneinung klang.
Linden, die davor zurückschreckte, mehr zu sagen, hielt ihr labiles Gleichgewicht und wartete Hamis weitere Reaktion ab.
»Ring-Than«, seufzte die Mähnenhüterin, »du fällst ein strenges Urteil über ihn. Dass du gute Gründe dazu hast, steht
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