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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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betrachtete, lag in seinem Blick eine für sein Volk ganz und gar untypische Milde, und Linden hatte den Eindruck, als hätte selbst Stave sie zu trösten versucht, wenn er gewusst hätte, wie er es anstellen sollte.
    Hyn und Hynyn hatten ihr eine Warnung übermittelt, und im Gegensatz zu Elena erkannte Linden sie. Und sie verstand auch, dass die großen Pferde sie zu warnen versuchen mussten, um so ihre Scham über ihr Versagen zu überwinden. Wie hätten die Ranyhyn sehen können, was sie sahen, und fürchten, was sie fürchteten, ohne den Versuch zu unternehmen, Linden einen Weg zu zeigen, den sie für den rechten hielten?
    Doch Linden wusste nicht, in welchem Punkt genau die Ranyhyn ihre Absichten missbilligten, und sie hatte auch nicht vor, ihre bisherigen Entscheidungen umzustoßen.
    Thomas Covenant hatte sie ermahnt, auf sich selbst zu vertrauen.
    Und genau das würde sie tun.
     
    *
     
    Sie wusste nicht, dass sie eingeschlafen war; oder dass ihre Gefährten sie auf einem Lager ausgestreckt und mit Decken zugedeckt hatten; wusste nicht, dass Liand und Bhapa, Char und Pahni die ganze Nacht an ihrer Seite wachten. Sie vermochte nicht zu sagen, ob sie träumte oder was diese Erkenntnisse sie vermutlich kosteten. Doch als sie wieder zu sich kam, hatten Aliantha und Erdkraft eine Verwandlung in ihr bewirkt, und sie war sich ihrer Sache jetzt sicher.
    Schlaf und Wärme und Nahrung hatten viel zu ihrer Heilung beigetragen. Trotzdem konnte sie noch immer nicht zu zittern aufhören, obwohl sie jetzt begriff, was mit ihr geschah – sie zitterte wie im Fieber, krank vor Angst.
    Ihre Absicht, eine Zäsur zu betreten und ihre Bewegungsrichtung umzukehren, konnte den Bogen der Zeit beschädigen oder zerstören. Und ihr einziger Führer durch die vielfältigen Lagen der Geschichte war ein blinder alter Mann mit zerrüttetem Verstand.
    Hyn und Hynyn würden ihr helfen, wie die Ranyhyn damals Elena geholfen hatten; daran zweifelte Linden keinen Augenblick. Durch das Rösserritual hatten die beiden ihr Treue geschworen; ihre Hufe hatten den Schwur auf dem festgetrampelten Talboden getrommelt. Hyn würde sie tragen, wohin sie auch wollte.
    Und Linden war zu der Überzeugung gelangt, dass die Warnungen der Ranyhyn nicht ihre unmittelbaren Entschlüsse betrafen. Was sie bei dem Rösserritual vorhergesehen hatte, lag noch irgendwo in der Zukunft.
    Linden seufzte. Ihre Begleiter waren vielleicht nicht so vertrauensvoll – oder so verzweifelt wie Linden selbst es war. Schließlich, so erinnerte sich Linden, hatte sie allen, die sie hören konnten, deutlich erklärt, was die Ranyhyn von ihr befürchteten, und die Visionen während des Rösserrituals konnten Stave dazu bewogen haben, seine Abneigung gegen sie und ihre Pläne zu vertiefen. Das war denkbar. Andererseits vertraute Linden darauf, dass Liand ihr beistehen würde. Auch Anele würde sie bestimmt begleiten. Selbst im tiefsten Wahn würde er jede Gefahr auf sich nehmen, solange sie ihm eine Wiedervereinigung mit dem Stab des Gesetzes versprach.
    Aber Linden wusste nicht, was sie von den Ramen erwarten sollte. Sie waren den Ranyhyn rückhaltlos ergeben, unterwarfen sich in allen Dingen dem Willen der großen Pferde; aber die Ramen wussten jetzt, dass die Ranyhyn Linden fürchteten. Nach Jahrtausenden treuer Dienste würden die Ramen vielleicht zu dem Schluss kommen, ihre Verantwortung gehe über bloße Unterwürfigkeit hinaus.
    Und dann waren da noch die Urbösen. Und Esmer. Beide besaßen die Macht, Linden an der Ausführung ihres Vorhabens zu hindern, wenn ihnen daran gelegen war. Esmer hatte ihr erklärt, die Urbösen wollten ihr dienen. Aber diese Wesen besaßen Macht, die Linden nicht einmal andeutungsweise ausloten oder neutralisieren konnte. Waren wirklich erst zwei Tage vergangen, seit Esmer eine Nacht in den Bergen verbracht und seine Wut in etwas entladen hatte, das die Ramen ›Sturm‹ genannt hatten?
    Noch immer zitternd, versuchte Linden nun, ihre Augen zu öffnen; aber sie waren verklebt. Schlaf und die Nachwirkungen des langen Liegens blendeten sie. Sie musste die grobe Wolldecke hochstemmen, um die Hände ans Gesicht heben und sich die Kruste von den Lidern reiben zu können. Danach blinzelte sie, um wieder klar sehen zu können, und erkannte Liands besorgtes Gesicht über sich.
    Bhapa und Pahni standen hinter ihm und beobachteten ihre Anstrengungen, zu sich zu kommen; Char hockte in der Nähe am Feuer und ließ die Flammen um Lindens willen

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