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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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glauben ...«
    Sie konnte es nicht sagen. Es schmerzte zu sehr.
    Als der Geist der Ranyhyn mit Lindens verschmolzen war, hatten Hyn und Hynyn dieselbe Geschichte wie zuvor erzählt, als sei sie nicht Elena, sondern Linden passiert: als seien Lindens Eltern Atiaran und Trell, aber zugleich auch Lena und Covenant gewesen. Und Linden hatte die Ereignisse der Vergangenheit gemeinsam mit den Ranyhyn erlebt, hatte gesehen, wie sie sich nochmals ereignete – dieselbe Verlassenheit, denselben Schmerz, dieselbe enttäuschte Liebe, dieselbe Einsamkeit – und dieselbe jäh aufflammende Liebe zu den Ranyhyn. Unbarmherzig hatten Hyn und Hynyn Elenas Bekanntschaft mit der Ermordung und dem Verrat an Kelenbhrabanal so dargestellt, als sei dies identisch mit Lindens Erlebnissen im Land, mit ihrer Zeit mit Covenant unter dem Sonnenübel.
    Linden schüttelte sich, aber noch immer hörten die beim Rösserritual erzeugten Bilder nicht auf. Dass die Ranyhyn sich bei Elena getäuscht hatten, war vielleicht darauf zurückzuführen, dass sie nicht das wahre Ausmaß der ihr drohenden Gefahr enthüllt hatten. Sie war noch ein Kind gewesen; viel zu jung, um die Wahrheit der Prophezeiungen der Ranyhyn zu begreifen.
    Und um ihrer gesamten Art willen wiederholten Hyn und Hynyn diesen Fehler bei Linden nicht. Stattdessen hatten sie in ihrem Inneren noch schlimmere Verletzungen freigelegt. Während die Ranyhyn wie rasend durch das Tal galoppiert waren, hatten sie bruchstückhafte Erinnerungen an Lindens Besessenheit durch den Wüterich Moksha und den Horror der tödlichen Heimtücke Jehannums berührt. Und mit diesem Wissen hatten sie Linden dazu verurteilt, das zu erleben, was ihrem Sohn angetan wurde. Jeremiah, dessen einzige Verteidigung seine Ausdruckslosigkeit war.
    Noch immer konnte Linden nur Stave klar erkennen. Hatte er dieselben Visionen gehabt, dieselbe Verzweiflung empfunden? Die Ranyhyn hatten den Haruchai gewiss nicht gegen seinen Willen zu dem Rösserritual geschleppt, um ihn dann zu verschonen. Trotzdem, so stellte Linden mit leichtem Erstaunen fest, saß Stave jenseits der Flammen da, als hätte ihn nichts berührt, nichts bewegt; unversöhnlich wie eine fleischgewordene Anklage.
    Liand hatte nicht aufgehört, ihren Namen zu murmeln; aber jetzt säuselte er ihn, als wolle er sie trösten: »Nein, Linden. Nein. Die Ranyhyn fürchten dich nicht. Das kann nicht sein.«
    Seine Unterstützung verhinderte nicht, dass sie weiterhin zitterte. Sie war zu krank, um getröstet werden zu können. Während sie von Schmerzen gepeinigt durch das kleine Tal gerast war, hatte sie Jeremiahs Not so gesehen, wie Hyn und Hynyn sie sie sehen lassen wollten. Und es war, als ob Linden selbst von einem Wüterich und zugleich von Thomas Covenant besessen gewesen wäre, der sich in der von den Elohim über ihn verhängten Starre befand.
    Linden seufzte leise und grub ihre bebenden Finger in ihre Handflächen. Sie brauchte beide dringend wieder: Covenant und Jeremiah. Ihrer aller Leben hing davon ab; die Existenz des Landes hing davon ab. Und so hatte sie in der Unwirklichkeit des Rösserrituals mit ihrem Sinn für das Gesunde in ihn hineingehorcht, hatte gespürt, wie Hyn und Hynyn ihr in ihr Innerstes folgten, und gemeinsam hatten sie nach jenem Ort gesucht, an dem Jeremiahs Geist noch lebte. Die Ranyhyn hatten ihn Linden schließlich entlockt; sich ihn mit ihr geteilt, auf einer Blumenwiese unter einer wohltätigen Sonne, die ursprüngliche Wärme und Versprechungen verheißen hatte. Covenant – und nun auch Jeremiah – trafen dort mit ihr zusammen oder würden mit ihr zusammentreffen: beide wieder Kinder und unversehrt; beide imstande, kindliche Liebe, Freude und Glück zu empfinden.
    Aber die Visionen des Rösserrituals waren unsagbar grausam, denn als Linden die Hände nach Covenant und Jeremiah ausgestreckt hatte, um wieder mit ihnen vereint zu sein, wand sich die Schlange des Weltendes aus Covenants Mund, und das liebe Gesicht ihres Sohnes schien aufzubrechen und abscheulich, bitter wie das des Verächters zu werden.
    O Gott, hätten die Ranyhyn mich doch einfach unter ihren Hufen zertrampelt!
    Aber sie hatten es nicht getan; Linden spürte noch immer die Kälte in ihrem zitternden Leib, war in ihm gefangen wie in einem Grab. »Die Ranyhyn befürchten«, wisperte sie schließlich, »dass ich wie Elena handeln werde.«
    Unter schweren Lidern sah Linden zu Stave hinüber, doch der Haruchai schwieg jedoch weiter hartnäckig. Als er sie jetzt

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