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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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er abgelehnt, war noch nicht bereit, oder durfte es noch nicht sein.
    »Linden«, fragte Liand halblaut, »willst du Aneles Wunsch erfüllen? Deine Erschöpfung ist sehr groß, aber sie wiegt doch gewiss nicht schwerer als sein Leid?«
    Linden, die den Stab des Gesetzes an ihre Brust gedrückt hielt, drang mit ihrem Sinn für das Gesunde tief in den Alten ein, wie sie es schon einmal getan hatte, bevor sie die Grenze des Wanderns erreicht hatten: Sie suchte erneut ein Mittel, ihn aus seiner Not zu erlösen, aber Anele hatte sich in mehr als nur einer Beziehung verändert. Die Sehnsucht oder der Zwang, der ihn fast von seinem Wahnsinn befreit hätte, hatte auch seine angeborene Zähigkeit gestärkt. Linden hätte neu errichtete hohe Barrieren überwinden müssen, um in sein Innerstes vorzudringen. Die dazu nötige Gewalt konnte Schäden anrichten, die sie nicht würde heilen können.
    Sie fuhr sich mit einem Blusenärmel über die Augen. »Sieh ihn dir an«, forderte sie Liand auf. »Er hat sich selbst für diesen Weg entschieden.« Wie seine Blindheit war sein Wahnsinn vorerst noch für ihn nötig. »Wollte ich versuchen, ihn zu heilen, würde er sich dagegen wehren. Und vielleicht hat er recht. Jedenfalls hat er das Recht, eine Heilung zu verweigern.«
    Und sie war weder klug noch überheblich genug, um Anele seine Entscheidungen abzunehmen.
    Kurze Zeit später antwortete Liand traurig: »Ich erkenne, was du siehst, obwohl es mir ein Rätsel bleibt. Vielleicht muss er Ort und Zeitpunkt seiner Heilung wirklich selbst bestimmen. Aber was begehrt er, wenn nicht den Stab, den er verloren hat?«
    »Du hast ihn gehört«, seufzte Linden. »Er muss erst wieder an sich selbst zu glauben lernen.«
    Sie kehrte trübselig an ihren Platz auf dem Felsband zurück. Anele hatte ihr versichert, er sei zufrieden. Und auch sie selbst brauchte Heilung, denn ihre Arbeit war noch längst nicht getan. Sie musste in die Zeit zurückkehren, aus der sie gekommen war, und dafür musste sie neue Kräfte sammeln, denn sonst hätte sie das erneute Durchqueren einer Zäsur nicht überlebt.
    Und Esmer hatte sie vor Verrat gewarnt. Die Wegwahrer sind tapfer, hatte er gesagt, und allzu viele von ihnen werden sterben, wenn du keine Möglichkeit findest, sie zu erlösen. Als er diesmal aufgekreuzt war, hatte er irgendeine Gefahr mitgebracht oder heraufbeschworen. Jetzt befanden ihre Gefährten und sie, aber auch die Ranyhyn sich in Gefahr.
    Leidenschaftlich umklammerte Linden das glatte Holz des Stabes, um Trost daraus zu ziehen. Als sie wieder saß, trank sie einige Schlucke Vitrim und ließ seine belebende Kraft die Wärme des Stabes in die Tiefen ihrer Erschöpfung tragen.
     
    *
     
    Linden hatte erst kurz gerastet, als Stave und Esmer sich ihr gemeinsam näherten. Feindseligkeit knisterte zwischen ihnen, aber im Augenblick vereinte sie ihre Entschlossenheit. Linden hielt den Stab quer über ihren Knien, sah in das flackernde Grün von Esmers und das stetige Braun von Staves Augen und wartete müde darauf, dass sie sprechen würden.
    »Was hast du vor«, fragte Esmer schroff, »nachdem dein Wunsch nun erfüllt ist? Du scheinst wirklich die Auserwählte zu sein, denn die Dämondim-Brut hat dich erwählt. Vielleicht steht sie damit nicht allein. Hörst du nun auf, die Wildträgerin zu sein, und legst das weiße Gold beiseite, um dich dem Dienst des Gesetzes zu widmen? Aber wie willst du dann in deine richtige Zeit zurückkehren? Und falls du es nicht tust – wie willst du dann die Last dieser zweifachen Macht tragen? Jede für sich allein übersteigt deine Kräfte, wie sie es bei jedem Sterblichen täte. Gemeinsam werden sie dich zum Wahnsinn treiben, denn wilde Magie trotzt jedem Gesetz. Das ist ihre besondere Kraft, aber auch ihre Gefahr. Du musst dich erklären, damit ich ...« Er verbesserte sich rasch. »... damit alle hier Anwesenden ihren eigenen Weg finden können.«
    Esmer brauchte nicht zu fragen: Wer soll den Ring tragen, falls du ihn beiseite legst? Diese Frage stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    Vielleicht begehrte er Covenants Ring für sich selbst.
    Während Esmer sprach, trat Stave einen Schritt beiseite, als wolle er sich auch räumlich von den Forderungen seines Gegenspielers distanzieren. Als Esmer verstummte, sagte der Haruchai: »Das frage auch ich. Wir dürfen nicht in dieser Zeit verweilen. Die Gefahren sind zu groß. Und du darfst nicht wilde Magie und den Stab des Gesetzes anwenden, sonst wirst du zwischen ihren Kräften

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