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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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gestattet, ihn zu behandeln. Was ihre Handlungsweise am Vortag anging, konnte sie das jedoch nicht behaupten. In der Vorhalle hatte sie den Stab aus einem Reflex heraus eingesetzt: Sie hatte auf Staves Wunden einfach deshalb reagiert, weil er verletzt war.
    Du hast mich abermals beschämt ...
    Damit hatte sie nicht nur gegen seine, sondern auch gegen die eigenen Überzeugungen gehandelt. Konnte Macht korrumpieren, hatte sie sie bereits angefangen, sie zu verderben.
    Jetzt umklammerte sie auch Mahrtiirs Unterarm, hielt ihre Gefährten beide fest, um sie am Sprechen zu hindern ... und um sich zu vergewissern, dass sie nicht allein war. Sie konnte nicht direkt auf Staves Anschuldigungen antworten. Auf das Recht dazu hatte sie bereits verzichtet. Und die Meister würden sich bestimmt nicht durch einfachen Widerspruch überzeugen lassen. Sie musste sich etwas anderes einfallen lassen, musste ihnen vor Augen führen, dass ihre grundlegenden Annahmen falsch waren. Dass Taten und Risiken und sogar Zwecke, die böse zu sein schienen, Gutes bewirken konnten.
    »Bist du fertig?«, fragte sie grimmig. »Kann ich jetzt endlich sprechen?«
    Sie war wütend auf sich selbst; aber sie wusste, dass Wut ihr nichts nutzen würde. Ihre Fehler ließen sich nicht mehr ungeschehen machen, und ihr Zorn diente lediglich als Schutz vor Schmerz und Angst. Solche Dinge musste sie bewusst beiseiteschieben. Die Notaufnahmen von Krankenhäusern waren voller Blutungen, die sich nicht zum Stillstand bringen ließen, Wunden, die niemand richtig versorgen konnte, und Todesfällen, die unerklärlich blieben. Zorn und Trauer hinderten den Chirurgen nur daran, sein Möglichstes zu leisten.
    Als Handir mit einem ernsten Nicken antwortete, sagte sie ruhiger: »Ich will nichts von dem abstreiten, was Stave euch erzählt hat. Es ist die Wahrheit. Stattdessen werde ich euch eine bessere Antwort geben. Ich werde euch sogar drei Antworten geben. Aber damit du es weißt ...« Diese Worte galten allein Stave. »Es tut mir leid, dass ich dich gestern nicht um Erlaubnis gefragt habe. Du hast recht. Das hätte ich tun müssen.«
    Und sie machte sich darauf gefasst, seine Antwort zu akzeptieren.
    Ihr Ankläger nahm ihre Entschuldigung wortlos zur Kenntnis. Er war schon zu weit vorgeprescht, um sich noch ablenken zu lassen.
    Linden ließ seufzend die Arme ihrer Freunde los, umfasste den Stab und erhob sich. Als Stave ihr die Mitte des halbwegs ebenen Bodens überließ, trat sie einige Schritte vor, blieb dann stehen, stellte ein Ende des Stabes zwischen ihre Füße und hob den Kopf.
    Sie überlegte einen Moment, ob sie die Ratschläge preisgeben sollte, den sie in ihren Träumen von Covenant erhalten hatte. Zweifellos hatte Stave den Haruchai schon mitgeteilt, was Anele gesagt hatte, als ihr toter Geliebter aus ihm gesprochen hatte. Und der Name Covenant würde bei den Meistern ein gewisses Gewicht haben. Aber sie wusste nicht, was sie von seinen Botschaften halten sollte – falls sie tatsächlich Botschaften, nicht nur Nebenprodukte ihrer Traumängste gewesen waren.
    Was auch geschehen würde, sie musste den Meistern aus eigener Kraft widerstehen.
    Indem sie weiter Stave ansprach, als sei er der Einzige seines Volkes, den es zu überzeugen gelte, sagte sie ruhig: »Wir vergeuden hier nur Zeit. Die Dämondim werden zurückkommen.« Dessen war sie sich sicher. »Statt uns gegenseitig Vorwürfe zu machen, sollten wir überlegen, was zu tun ist.
    Aber ihr seid die Meister des Landes. Ihr habt mir die Gefälligkeit erwiesen, mir zu erläutern, was ich eurer Meinung nach falsch gemacht habe.« Statt sie einfach der Horde zu überlassen oder ihr Covenants Ring und den Stab wegzunehmen. »Ihr habt Anspruch darauf, dass ich mich auf gleiche Weise revanchiere.«
    Erst jetzt wandte sie ihre Aufmerksamkeit Handir zu. Indirekt galten ihre Worte jedoch weiter Stave. Ihm hatte sie jedoch bereits reichlich oft widersprochen, sich über seine Einwände hinweggesetzt. Vielleicht hörte er sie deutlicher, wenn sie jetzt die Stimme der Meister ansprach.
    »Erklär mir etwas«, forderte sie. »Wie machen sie es?«
    Handir zog eine Augenbraue hoch. »Auserwählte?«
    »Die Dämondim. Wie gebrauchen sie den Weltübel-Stein? Ihr könnt sie wahrnehmen.« Und die Wahrnehmungsgabe der Haruchai übertraf ihre eigene. »Erklär es mir. Anfangs habe ich vermutet, sie müssten einen verloren gegangenen Splitter des Originalsteins gefunden haben. Aber das glaube ich nicht mehr. Sie besitzen zu viel

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