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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Sonne wiedergefunden: voller Licht und imstande, Freude zu empfinden. Covenant war ihr als Jüngling erschienen, den sie so liebte wie später Jeremiah. Er hatte seine Hände ihrem offenen Herzen geöffnet und war wieder genesen.
    Linden, bat er mit leiser Stimme, finde mich.
    Hätte ihr Sohn sprechen können, hätte er vermutlich dieselbe Bitte geäußert.
    Sie rief im Traum seinen Namen und schlief dennoch weiter.
     
    *
     
    Von Echos ihrer verlorenen Lieben verfolgt, erwachte sie aus schwerem Schlaf. Als sie die Augen öffnete, kühlten Tränen ihre Wangen. Mattigkeit lastete bleischwer auf ihren Gliedern, hielt sie noch fest. Trotzdem war sie hellwach. Einzelne Sonnenstrahlen, in denen Sonnenstäubchen tanzten, fielen durch das verbarrikadierte Fenster ein und erhellten die steinernen Gefängniswände, von denen sie umgeben war. Ein Blick zu dem anderen Bett hinüber zeigte ihr, dass es leer und unbenutzt war. Anele hatte im Vorraum geschlafen.
    Oder die Haruchai hatten ihn nachts abgeholt, um ihn nach Schwelgenstein zu schaffen ...
    Er ist die Hoffnung des Landes.
    Ihr einziger Gefährte.
    Von Schlaf und Träumen benommen, wälzte Linden ihren steifen Körper aus dem Bett. Ihre Gelenke protestierten schmerzhaft, als sie sich zum Aufstehen zwang. Sie blieb einen Augenblick unbeweglich stehen; versuchte, ihre Kräfte zu sammeln, dann schlurfte sie wie eine schlecht geführte Marionette vorwärts.
    Der Raum hinter dem Vorhang war dunkel. Die Öllampe war ausgebrannt. Der einzige Lichtschein fiel in schmalen Streifen an den Rändern des Ledervorhangs ein, der den Eingang verschloss.
    Sie konnte keine Geräusche aus dem Dorf hören, das dieses kleine Wohnhaus umgeben musste: kein Rufen oder Schwatzen, keine vorbeihastenden Schritte, keine spielenden Kinder. Steinhausen Mithil schien totenstill zu sein; unbelebt wie ein Friedhof. Nur Aneles keuchende Atemzüge brachten einen menschlichen Aspekt in die Stille.
    Er lag dort, wo Linden ihn zurückgelassen hatte, drängte sich wie schutzsuchend an die Mauer, und wie er da so im Halbdunkel schlief, wirkte er unsagbar einsam und verlassen. Linden war froh darüber, dass er ihr nicht geraubt worden war.
    Während sie geschlafen hatte, waren frische Schalen mit Essen und Wasser auf den Fußboden gestellt worden; aber sie waren halb leer: Anele musste nachts noch einmal gegessen und getrunken haben.
    Linden selbst verspürte weder Hunger noch Durst. Schläfrigkeit und Träume füllten ihren Kopf, verdrängten alle sonstigen Empfindungen. Aber sie wusste, dass sie Nahrung brauchte, deshalb durchquerte sie den Raum und setzte sich neben die Schalen. Um Jeremiahs willen löffelte sie kalten Eintopf und trank dazu kühles Wasser, bis sie beide Schalen ganz geleert hatte. Covenant hatte sie aufgefordert, ihn zu finden.
    Vertraue auf dich selbst. Tu etwas, was sie nicht erwarten.
    Ihre Träume würden sie noch wahnsinnig machen.
    In dem Versuch, sie abzuschütteln, kam Linden mühsam auf die Beine und ging in die Toilette, wo sie sich mit kaltem Wasser übergoss und ihre Haut mit Sand abrieb, bis sie auf dem ungeheizten Fußboden Krämpfe in ihren nackten Füßen bekam. Dann ging sie in den Schlafraum zurück, um wieder Socken und Stiefel anzuziehen. Einfache Dinge; triviale Beschäftigungen. Eigentlich bedeutungslos. Trotzdem halfen sie ihr über das Gefühl der Hilflosigkeit hinweg.
    Sie hatte Anele Schutz versprochen, und sie bedauerte es nicht. Dennoch war dieses Versprechen der Grund, aus dem sie nun ebenso festsaß wie er. Als Ärztin war sie dafür ausgebildet, geduldig zu sein und unpräzise Lösungen zu akzeptieren. Wäre sie eine Frau gewesen, die sich Frustration – oder Verzweiflung – ergab, hätte sie schon längst allen Mut und allen Durchhaltewillen verloren. Und Thomas Covenant hatte sie gelehrt, dass selbst die anfälligsten und am schwersten beschädigten Geister nicht besiegt werden konnten, wenn sie sich nicht freiwillig selbst aufgaben.
    Als sie wieder Mut gefasst hatte, verließ sie erneut den Schlafraum. Sie wollte den äußeren Vorhang öffnen, den nächsten Haruchai anhalten und auf einem weiteren Gespräch mit Stave bestehen. Er sollte ihr alles erzählen, was er über die Umstände wusste, unter denen der Stab des Gesetzes verloren gegangen war. Sie musste verstehen lernen, was aus dem Land geworden war. Doch als sie hinüberging, traf sie Anele wach und mit dem Rücken an der Mauer sitzend an. Schlaf und Essen hatten ihm unverkennbar gutgetan. Seine

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