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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Kopf in den Sonnenschein hinaus. Die Tür führte auf einen schmalen Durchgang aus festgetrampelter Erde zwischen Steinhäusern mit flachen Dächern hinaus. Darüber spannte sich ein tiefblauer und trotz Kevins Schmutz scheinbar unendlich weiter Morgen- oder Vormittagshimmel. In der Ferne erklangen manchmal Vogelrufe, aber ansonsten hörte sie nichts, sah niemanden. Das Dorf hätte völlig verlassen sein können.
    Sie sehnte sich danach, für kurze Zeit ein warmes Sonnenbad zu nehmen, die Sonnenwärme in ihren zerschlagenen Körper einsinken zu lassen; aber fast augenblicklich kam ein Haruchai um die Ecke ihres Gefängnisses. Sie erkannte den nicht durch eine Narbe entstellten Meister, der Stave geholfen hatte, Anele und sie gefangen zu nehmen.
    »Linden Avery.« Er verbeugte sich, wie zuvor schon Stave, die Fäuste mit in Herzhöhe ausgestreckten Armen aneinandergelegt. »Ich bin Bornin. Du bist unter uns willkommen. Was ist dein Begehr?«
    Sie begnügte sich mit einem Kopfnicken. Sein charakteristischer Gleichmut bewirkte, dass sie wieder zornig wurde, weil sie sich verraten fühlte, doch sie behielt ihre Reaktion für sich. »Danke, Bornin«, antwortete sie ruhig. »Wenn du willst, könntest du einiges für mich tun.«
    Er wartete ausdruckslos darauf, dass sie weitersprechen würde.
    »Wir könnten mehr Wasser und eine weitere Mahlzeit gebrauchen«, erklärte sie ihm. »Und ich möchte mit einem Steinhausener reden. Gibt es hier jemanden, der ein bisschen Zeit für mich erübrigen kann?« Wenn sie nicht unter die Leute gehen konnte, um sich zu informieren, würde sie die Leute zu sich kommen lassen.
    Bornin wirkte einen Augenblick lang unsicher. »Was kann ein Steinhausener dir mitteilen, das du nicht von uns erfahren kannst?«
    »Das weiß ich selbst nicht«, antwortete sie ausweichend. »Vielleicht frage ich ihn, wie es ist, ohne Erdkraft zu leben. Oder vielleicht will ich nur etwas Gesellschaft. Anele ist kein guter Unterhalter.«
    Der Haruchai schien Zwiesprache mit der leeren Luft zu halten. Dann nickte er. »Also gut, Linden Avery. Wünschst du mich zu begleiten, oder willst du auf meine Rückkehr warten?«
    Aus Rücksicht auf Anele unterdrückte sie ihren Wunsch nach Freiheit und Sonnenschein und ließ den Vorhang zwischen Bornin und sich herabfallen.
    Der Alte hob nur kurz den Kopf, dann kehrte er zu seinen bruchstückhaften Gedanken zurück.
    »Anele«, sagte sie impulsiv, »du hast sehr lange notdürftig überlebt. Jahrzehnte. Hilft dir manchmal jemand? Hast du Freunde?« Wie war es möglich, dass dieser geistig verwirrte alte Mann überlebt hatte? Hunger und Verletzungen – wenn nicht sogar bloße Einsamkeit – hätten ihn längst das Leben kosten müssen.
    Er hob wieder seine weißen Augen zu ihr auf. Einige Sekunden lang schien er ernsthaft über ihre Frage nachzudenken. »Anele irrt umher«, sagte er beinahe gelassen. »Immer allein. Und stets auf der Flucht. Sie suchen ihn.
    Aber ...« Aus seinem blinden Blick schienen Konzentration und Trübsinn zu sprechen. »Die Leute sind freundlich. Wenn sie weit weg sind. Sogar hier ... Anele bekommt zu essen. Und Kleidung. Wenn sie weit weg sind. Und ...« Er verstummte allmählich, als hätte er den Gedankenfaden verloren.
    »Und?«, sagte Linden aufmunternd. Komm schon, Anele! Erzähl mir irgendwas. Allein kann ich es nicht schaffen.
    »Und ...«, begann er nochmals. Er schien an einer Wand tief in seinem Inneren zu kauern. »Geschöpfe. Schwarz. Furchterregend. Verlorene Wesen, schon lange tot. Anele fürchtet sie. Er fürchtet ... Sie nähren ihn. Zwingen ihn dazu, Schwärze hinunterzuwürgen. Machen ihn stark. Heilen ihn, während sie von Wahnsinn flüstern. Wahnsinn.« Ohne Vorwarnung kreischte er: »Wesen zwingen Anele dazu, sich zu erinnern! « Dann kippte er zur Seite, zog die Knie bis zur Brust hoch und verbarg sein Gesicht.
    »Anele!« Linden sank sofort neben ihm auf die Knie und zog ihn in eine schützende Umarmung. »Oh, Anele, das tut mir so leid. Ich weiß, dass du leidest. Ich wollte keine schlimmen Erinnerungen wecken. Ich wollte nur ...« Sie hatte keine Möglichkeit, irgendwie festzustellen, was ihm Schmerzen bereiten konnte. Da sie sonst nichts für ihn tun konnte, hielt sie ihn in den Armen und wiegte ihn sanft, bis seine Anspannung sich löste und er still wurde. Gleichzeitig versuchte sie, sich selbst zu trösten. Sie hatte schon in schlimmeren Notlagen gesteckt. Die Sonnengefolgschaft hatte sie tagelang gefangen gehalten; ein

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