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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Wüterich hatte sie aufs Äußerste gedemütigt. Im Kiril Threndor hatte der Wüterich Moksha Jehannum sie gefoltert, während Covenant dem Verächter gegenübergetreten war. Oh, sie hatte sich schon in schlimmeren Situationen befunden. In weit schlimmeren.
    Aber Jeremiah nicht. Nicht einmal, als er seine Rechte ins Feuer gehalten hatte; nicht mal damals. Dieser schreckliche Schmerz hatte nicht sehr lange gedauert, und Jeremiah hatte eine Möglichkeit gefunden, ihm zu entkommen. Er ließ sich nicht mit den Folterqualen vergleichen, die Lord Foul sich wahrscheinlich für ihn würde einfallen lassen. Seine Dissoziation, der Rückzug in sich selbst, würde ihn nicht vor der Heimtücke eines Wesens schützen, das von ihm Besitz ergreifen konnte.
    Solange du von ihm getrennt bist, weißt du nichts von seinen Leiden.
    Und er hatte nichts von ihr zu erhoffen. Sie wusste nicht einmal, wo sie ihn suchen sollte – und hätte ihn vielleicht nicht erreichen können, selbst wenn sie es gewusst hätte.
    Aneles Zustand frustrierte sie und tat ihr weh; aber er beschützte sie zugleich. Hätte sie sich nicht verpflichtet gefühlt, sich um ihn zu kümmern, hätte ihr eigener Schmerz sie vielleicht überwältigt.
     
    *
     
    Später verließ der Alte sie, um auf die Toilette zu gehen. Als er zurückkam, setzte er sich wieder so neben sie, dass ihre Schultern sich berührten, als erkenne er ihre Kameradschaft an. Dafür war sie ihm dankbar.
    Irgendwann war am äußeren Vorhang ein zögerndes Scharren zu hören, und die untersetzte Gestalt eines Steinhauseners, der zwei große Steinschalen in den Händen trug, kam hereingeschlüpft. »Anele?«, fragte er unsicher. »Linden Avery? Du wolltest mit mir reden? Mir ist gesagt worden, dass du ...«
    Er verstummte zweifelnd. Als wüsste er nicht, was er sonst tun solle, bückte er sich, um seine Schalen auf den Fußboden zu stellen. Anele stand ohne zu zögern auf und durchquerte den Raum, um aus einer der Schalen zu trinken.
    Linden kämpfte darum, sich aufzuraffen. Sie hatte verlangt, mit einem Steinhausener reden zu dürfen – aber jetzt wusste sie nicht mehr, wozu. Nichts, was er vielleicht sagen konnte, würde sie dazu befähigen, ihrem Sohn zu helfen.
    Der Mann wartete unschlüssig einige Sekunden lang. Dann strengte er sich an, seine Würde zu bewahren. »Ich sehe jetzt, dass ich mich getäuscht habe. Entschuldige mein Eindringen.«
    Wegen des von hinten einfallenden Lichts lag sein Gesicht im Schatten. Trotzdem fanden seine Augen eine Möglichkeit, Lindens zu finden, und sie hatte den Eindruck, er sei nicht hergekommen, weil ein Meister es von ihm verlangt hatte, sondern aus eigenem Antrieb.
    »Warte«, murmelte Linden. »Tut mir leid. Warte.« Sie schaffte es irgendwie, auf die Beine zu kommen. »Ich wollte nicht unhöflich sein.« Ihre eigene Stimme schien ihr aus weiter Ferne zu kommen. »Ich bin nur ...« Sie hatte plötzlich einen Kloß im Hals. »... ich habe nur schreckliche Angst.«
    Sie machte einen, zwei Schritte auf ihn zu. Während der Steinhausener auf sie wartete, rieb sie sich das Gesicht mit den Händen; dann streifte sie ihr Haar über die Schultern zurück.
    »Es gibt etwas, das ich den Meistern nicht erzählt habe.« Sie hatte den Eindruck, zu weit von sich selbst entfernt zu sein, um zusammenhängend sprechen zu können. »Den Haruchai. Es geht um meinen Sohn ...« Sie verstummte, weil sie nicht weitersprechen konnte, und hoffte, der Besucher werde sie irgendwie zu erreichen versuchen.
    Er schien widersprüchliche Antworten hinunterzuschlucken. Nach letztem Zögern sagte er: »Ich bin Liand, Sohn von Fostil. Der Meister hat nicht gesagt, dass du mit mir sprechen willst. Er hat nur gesagt, du wolltest mit einem Steinhausener sprechen. Ich war so frei, mich dafür anzubieten.«
    Als begreife er, dass sie eine Erklärung brauchte – eine Gelegenheit, ihre Beherrschung zurückzugewinnen –, fuhr er fort: »Meine Pflichten liegen eher bei den Pferden als auf den Feldern, und Pferde sind leicht zu versorgen. Es sind ohnehin nur wenige, die heute nicht gebraucht werden. Da ich keine anderen Aufgaben habe, begleite ich oft die Meister oder führe kleine Aufträge für sie aus. Ich war ...« Plötzliche Verlegenheit ließ ihn stocken. »Ich hatte mich in der Nähe versteckt, als sie dich und deinen Begleiter gefangen genommen haben. Ich habe ihnen geholfen, euch hierher zu tragen. Seit diesem Augenblick hatte ich den Wunsch, mit dir zu reden. Du bist auf den

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