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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Groß
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das Unterste zuoberst kehren.«
    Er stand auf, nahm sie bei der Hand und brachte sie zurück zum Lager. Hier gab es keinen halben Mond und keine Spinnen in Eibenbäumen. Hier war wieder Neumond, und hier herrschte Krieg.
    Cai Tuam ritt mit zwei Soldaten nach Raupach zurück. Dort angekommen, stürzte er die Treppe zu Bertholds Kammer hinauf. Der Herr lag totenbleich im Bett, die Decke bis zum Kinn hochgezogen. Die Haare klebten ihm schweißnaß auf der Stirn, und als die Tür aufflog, hob er den Kopf ein wenig.
    Der Ire warf Mantel und Waffengürtel auf einen Tisch und trat ans Bett. »Was ist geschehen, Herr?«
    Berthold wandte das Gesicht ab. Durch die Hölle war er gegangen, das war geschehen, aber er wollte nicht sprechen. Nicht mit diesem Mann. Er spürte Cais Hände, die die Decke zur Seite schlugen und mit vertrauten Gesten über seine Wunde glitten, die ihm ein Diener verbunden hatte. Der Ire löste die Verbände und ließ sie zu Boden fallen.
    »Ein aufgebrochener Abszeß. So groß wie ein Hühnerei«, sagte er kopfschüttelnd. »Ich gebe Euch jetzt Schwefel«, erklärte er und sah Berthold in die stummen glanzlosen Augen. »Ihr wißt, was Schwefel ist, es kommt aus heißen Quellen. Die Ärzte sagen, es vertreibt die Pest, aber das glaube ich nicht. Man kann es mit Alkohol vermischen und verdünnen, das haben schon die Griechen früher gemacht …«
    Er verließ die Kammer und kehrte wenig später mit einem Becher zurück, den er Berthold an die Lippen hielt. Aber Berthold trank nicht, sondern schob die Hand mit dem Becher weg. »Wollt Ihr mich jetzt vergiften?«
    Seine Stimme war heiser, nicht viel mehr als ein Flüstern.
    »Vergiften? Warum sollte ich Euch vergiften, Herr?«
    Berthold lachte stumm, ein böses, häßliches Lachen. »Mein Weib konnte seinen Mund nicht halten, und ich sehe, Ihr wißt es nicht. Maria hat mir alles erzählt. Die eigene Frau eine Hure, Ihr ein Betrüger, und Maria behauptet, Rosalie sei die Mörderin von Monreal. Ich könnte Euch festnehmen und diese kleine Hexe in Ketten legen lassen. Nun, wie gefällt Euch das?«
    Er schloß erschöpft die Augen. Über eine Stunde hatten sie ihn auf den Dielenbrettern liegengelassen, bis endlich eine Magd gekommen war und ihn wieder ins Bett gepackt hatte. Er wollte nicht sterben, obwohl er wußte, daß ihm niemand mehr helfen konnte. Und er wollte auch diesen Schwefel nicht nehmen, diese farblose, wäßrige Flüssigkeit, die nach nichts roch, außer nach Schnaps.
    »Ja, Herr«, sagte Cai Tuam und zog sich einen Stuhl ans Bett. »Sie hätte besser geschwiegen. Ich habe dieser alten Runenmeisterin damals das Versprechen gegeben, mich um ihre Tochter zu kümmern. Ihr seht, Herr, ich bin kein guter Christ, aber ein guter Heide bin ich auch nicht. Ich fühle mich an dieses Versprechen nicht mehr gebunden.«
    Berthold öffnete die Augen. »Aber warum Maria? Hat das Weib Euch verführt?«
    »Ich hatte nur Angst um Rosalie. Maria war so besessen von der Frage, wer Monreal umgebracht hatte, daß sie vielleicht irgendwann auf Rosalie kommen würde. Wer konnte das wissen? Als sie dachte, ich sei der Mörder, ließ ich sie in dem Glauben. Sie versuchte Vorteile daraus zu ziehen und …«
    Er schwieg. Wozu noch mehr erzählen, dachte er müde. Bertholds Leben würde sich auch so nur allzubald auf leisen Sohlen davonmachen. Berthold richtete sich ein Stück auf. »Vorteile? Was für Vorteile?« Aber dann dämmerte ihm selber, was der Ire wohl meinen könnte.
    Cai legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm. »Maria hat Euch geehrt, Herr, aber man hat sie an Euch verkauft, wie man eben Frauen aus politischen Gründen an irgendwelche Männer verschachert. Maria trifft wenig Schuld.«
    Berthold starrte vor sich hin. Waren er und Maria nicht einmal EIN Herz gewesen? Was für eine Hexe hatte sich plötzlich aus diesem unschuldigen Weib entwickelt?
    »Ich will sie nicht mehr sehen«, sagte er mit zitternder Stimme, »Ihr werdet sie zu den Schwestern Unserer Lieben Frau begleiten. Noch heute. Ich weiß, daß ich nicht mehr lange zu leben habe, und ich muß meine Angelegenheiten regeln. Wenn Raupach stirbt, wird er für Maria kein gutes Wort mehr einlegen können. Und der Kaiser wird Gundeline verheiraten, vielleicht noch bevor ich unter der Erde liege. Bringt Maria weg von hier, Cai, sofort.«
    »Und was ist mit mir, Herr?«
    Berthold langte nach dem Becher. »Ihr werdet tun, was Ihr immer getan habt. Mein Leben verlängern.«
    Er trank mit einem Zug den

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