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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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zu jemand anders, nicht zu ihm. Dabei ist die Arbeit immer ein Teil von ihm gewesen. Er hat immer geglaubt, dass er nicht ohne sie leben kann – ohne Sylvie ja, aber nicht ohne seine Arbeit. Jetzt hat er nichts mehr. So fühlt es sich also an.
21
    Wieder spürt sie diese starke Anziehung, genau wie nach der Talkshow, als sie neben Océane im Taxi saß. Jetzt, vor Océanes Appartementtür, ist diese Anziehung zu einer starken Erregung geworden.
    Vermisch niemals Berufliches mit Privatem – als ob ich das jemals geschafft hätte, es geht nicht anders, ich bin eben so.
    Und was denkt jetzt Lejeune? Ein paar Mal hat sie versucht, unauffällig durchs Heckfenster zu sehen, aber was konnte sie schon erkennen? Lejeune würde sicher nicht im Polizeiwagen mit Blaulicht hinter ihr herrasen. Außerdem geht es hier um Ethan und nicht um sie. Sie hätte in Ethans Nähe bleiben sollen – und wenn sie jetzt etwas verpasst?
    Sie will etwas sagen, etwas Belangloses, etwas, das die Spannung zwischen ihnen entlädt, doch ihr fällt nichts ein. Gar nichts. Und Océane schweigt, seit sie das Hotel verlassen haben. Selbst als sie das Licht einschaltet und Camille nun den Vortritt in ihr Appartement lässt, lächelt sie nur. Der Geruch nach Sandelholz und der warme rötliche Ton des Lärchenholzes – Camille fühlt sich an eine Wohnung in einer Architekturzeitschrift erinnert – verbreiten eine Atmosphäre gelassener, ja selbstverständlicher Balance von Mensch und Kultur, von Geschmack und Wohligkeit. Doch etwas stimmt nicht, denkt Camille, aber vielleicht liegt es auch an meinerNervosität. Warum bin ich mitgekommen? Océane lässt ihren Mantel achtlos auf den Boden gleiten und macht zwei langsame Schritte auf Camille zu.
    »Ist Ihnen nicht warm?«, fragt sie, den Arm ausgestreckt, um Camille den Mantel abzunehmen.
    »Doch, ja.« Natürlich ist ihr warm, draußen, in der Genfer Nacht, war es viel kühler als hier in Océanes beheiztem Appartement. Camille zieht ihren Mantel aus und weiß im selben Moment, dass sie einen Fehler gemacht hat. Sie spürt, wie Océane Sekunde für Sekunde immer größere Macht über sie gewinnt. Und schlimmer noch: Ein Teil in ihr genießt das sogar.
    Océane nimmt lächelnd ihren Mantel, legt ihn wie beiläufig auf die Lehne der Ledercouch und sagt: »Kommen Sie ans Fenster, Camille.«
    Camille tritt neben sie an die bis zum Boden reichende Scheibe, und Océane schaltet per Fernbedienung das Licht wieder aus. Wie eine schwarz glänzende Schlange windet sich zehn Stockwerke unter ihr die Rhône aus dem Genfer See. Der Jet d’eau, das Wahrzeichen von Genf, sprüht Wasser wie Feuerfunken in die Nacht, und am anderen Flussufer flimmern die Lichter der Stadt.
    Océane dreht sich zu ihr. In der Dunkelheit wirkt ihre Macht noch stärker.
    Warum gehe ich nicht einfach? Warum bin ich hier? Camille gibt sich einen Ruck. »Erzählen Sie mir jetzt, was Edenvalley mit dem Mais für Afrika in Wirklichkeit vorhat?«
    Océane schaltet das Licht wieder ein und geht zur Küchentheke aus hellem Stein. »Sie sind hartnäckig, Camille.«
    »Sie auch«, kontert Camille. Langsam weicht ihre Unsicherheit. Sie ist hier, um etwas herauszufinden. Allein deshalb. Also reiß dich zusammen!
    Ohne zu fragen, reicht Océane ihr ein Glas Weißwein.
    »Worauf trinken wir?« Camille beschließt, es Océane nicht zu leicht zu machen.
    Lächelnd hebt Océane ihr Glas. »Auf Ihre glänzende Karriere?«
    Camille zuckt zusammen, als ihre Lippen das beschlagene kalte Glas berühren. Sie ist gefangen in der Höhle einer Löwin, das spürt sie, und dennoch kann sie nicht einfach gehen. Der Wein schmeckt vorzüglich, sie trinkt einen großen Schluck, vielleicht beruhigt er sie.
    »Warum schreiben Sie nicht über etwas Großartiges, Camille? Über die Zukunft der Welt. Wissen Sie, dass die Maya ein zyklisches Verständnis von Zeit hatten? Sie glaubten, dass jedes Zeitalter einen Zyklus durchläuft, der grundsätzlich in einer Katastrophe und in der Zerstörung alles Erreichten endet.«
    »Die Maya sind schon vor langer Zeit untergegangen.« Camille muss sich zurückhalten, um den Wein nicht gleich auszutrinken.
    »Richtig. Sie selbst haben ihren eigenen Untergang vorhergesagt. Sehen Sie sich um, die Katastrophen häufen sich. Banken gehen unter, reißen alles mit sich, die Natur stirbt, Stürme jagen über die Erde. Nichts ist mehr, wie es war.« Océane hat sich wieder zum Fenster gewendet. »Das Ende unserer Zeit – und der Beginn eines neuen

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