Die Saat
bei jeder lukrativen Unternehmung gab es Hürden zu überwinden. Sein Leben als Geschäftsmann hatte ihn gelehrt, dass erst durch Rückschläge der Sieg ganz besonders süß schmeckte.
Er griff wieder zum Telefon und drückte auf die Stern-Taste.
»Ja, Sir?«
»Mr. Fitzwilliam, wir haben unseren Kontaktmann im
Flatbush, Brooklyn
Canary-Projekt verloren. Ignorieren Sie alle zukünftigen Anrufe von seinem Mobiltelefon.«
»Jawohl, Sir.«
»Und schicken Sie ein Team nach Queens. Es scheint, als wäre im Keller des Jamaica Hospitals etwas, das wir sicherstellen müssen.«
Ann-Marie Barbour überprüfte erneut, ob sie sämtliche Türen abgeschlossen hatte, ging dann zweimal durch das ganze Haus - Zimmer für Zimmer, von oben nach unten - und berührte dabei jeden Spiegel. Sie konnte an keiner reflektierenden Oberfläche vorbeigehen, ohne diese mit Zeige- und Mittelfinger ihrer rechten Hand anzutippen, wobei auf jede Berührung ein Nicken folgte; es beruhigte sie. Dann ging sie ein drittes Mal durch das Haus und wischte jede glänzende Oberfläche mit einem Gemisch aus Glasreiniger und Weihwasser ab. Erst jetzt war sie zufrieden.
Sobald sie überzeugt war, sich einigermaßen im Griff zu haben, rief sie ihre Schwägerin Jeanie in New Jersey an. »Denen geht's gut«, sagte Jeanie; sie meinte die Kinder, die sie tags zuvor abgeholt hatte. »Sie sind ganz brav. Wie geht es Ansel?«
Ann-Marie schloss die Augen. Tränen quollen hervor. »Ich weiß es nicht.«
»Nicht besser? Hast du ihm die Hühnerbrühe gegeben, die ich mitgebracht habe?«
Ann-Marie hatte Angst, dass das Zittern ihrer Lippen über das Telefon zu hören war. »Das werde ich. Ich ... ich rufe dich wieder an.« Sie legte auf und sah durch das Fenster in den Garten hinaus.
Zwei frische Erdhügel. Zwei Gräber für die Hunde.
Was hast du ihnen nur angetan, Ansel?
Sie wusch sich die Hände und nahm dann einen Mahagonikasten aus dem Buffet im Esszimmer. Sie öffnete ihn. Das Silber lag darin, das Silber von ihrer Hochzeit, glänzend poliert; sie versteckte es vor neugierigen Blicken wie andere Frauen Süßigkeiten oder Pillen. Ihre Fingerspitzen wanderten zwischen dem Silber und ihren Lippen hin und her - sie war überzeugt, den Verstand zu verlieren, wenn sie nicht jedes einzelne Stück berührte.
Sie verstaute den Kasten wieder und ging zur hinteren Haustür. Erschöpft blieb sie kurz stehen, eine Hand auf dem Türknauf, und betete. Betete darum, verstehen zu können, was hier geschah. Flehte um ein Zeichen, was sie tun sollte.
Dann öffnete sie die Tür und ging in den Garten. Zum Schuppen.
Dem Schuppen, aus dem sie die Kadaver der Hunde geschleift hatte. Glücklicherweise hatte unter der Veranda eine alte Schaufel gelegen, so hatte sie nicht noch einmal in den Schuppen zurückkehren müssen. Sie hatte die Hunde in flacher Erde begraben und über ihren Gräbern geweint. Um sie und um ihre Kinder und um sich selbst.
Jetzt trat sie an die Seitenwand des Schuppens, wo in einem Blumenkasten unter einem kleinen Fenster orangefarbene und gelbe Chrysanthemen blühten. Sie schirmte ihre Augen gegen das Sonnenlicht ab und spähte hinein. Das durch das Fenster hereinfallende Licht warf ein perfektes Rechteck auf den Lehmboden, und Ann-Maries Schatten fiel auf den Metallpflock, der im Boden eingelassen war. Eine Kette war an diesem Pflock befestigt, deren Ende sie von ihrer Position aus allerdings nicht sehen konnte. Auf dem Boden waren Kratzspuren zu erkennen.
Sie ging um den Schuppen herum und blieb vor der Tür stehen, die sie mit einer ähnlichen Kette verschlossen hatte. Sie lauschte.
»Ansel?«
Nicht mehr als ein Flüstern. Sie lauschte wieder, und als sie nichts hörte, legte sie ihren Mund an den Spalt der verzogenen Tür.
»Ansel?«
Ein Rascheln. Und ein leises Knurren. Der animalische Laut machte ihr Angst - und beruhigte sie zugleich. Er war immer noch dort drin. War immer noch bei ihr.
»Ansel ... ich weiß nicht, was ich tun soll ... Bitte sag mir, was ich tun soll ... bitte.«
Wieder Geraschel, als würden Dreckklumpen durch die Luft fliegen. Und ein gurgelnder Laut wie aus einem verstopften Rohr.
Wenn sie ihn doch nur sehen könnte!
Ann-Marie griff in den Ausschnitt ihrer Bluse und zog den kleinen Schlüssel hervor, den sie an einem Schnürsenkel um den Hals trug. Sie steckte den Schlüssel in das Schloss, mit dem die Kette gesichert war, und drehte ihn um - bis es klickte und der Stahlbügel aufschnappte. Dann wickelte sie die
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