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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillermo Del Toro
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möchte ich, dass Sie die anderen Überlebenden nicht belästigen.«
    »Belästigen?
«
    »Die Unruhe in der Bevölkerung ist schon groß genug, auch ohne dass wir unsere Kompetenzen überschreiten. Und wenn die anderen Überlebenden ebenfalls erkrankt sind warum haben wir noch nichts von ihnen gehört?«
    Eph hatte darauf keine Antwort.
    »Ich melde mich.« Barnes zückte sein Handy und verließ den Kühlraum.
    Nora sah Eph mit ernster Miene an. »Tu's nicht«, sagte sie.
    »Was soll ich nicht tun?«
    »Versau uns nicht die Chance, Jim zu retten, indem du diese Anwältin aufscheuchst.«
    Eph spürte, wie Wut in ihm aufstieg - als plötzlich die Außentüren aufgestoßen wurden. Zwei Sanitäter rollten eine Bahre herein, auf der ein Leichensack lag.
    Die Toten warten nicht, bis sich das Rätsel von alleine löst, dachte Eph. Sie werden einfach weiter und weiter eingeliefert. Und wenn die städtischen Behörden - Polizei, Feuerwehr, Abfallentsorgung, Leichenbestatter - dann nicht mehr nachkommen, wird sich die gesamte Stadt innerhalb weniger Wochen in einen stinkenden Komposthaufen verwandeln ...
    Einer der Assistenten öffnete den Leichensack, hielt aber jäh inne und rang nach Luft. Etwas Weißes tropfte von seinem Handschuh, eine opalisierende Flüssigkeit, die aus der Seite des Gummisacks die Bahre hinunter und auf den Fußboden floss.
    »Was zum Teufel ist das?«, fragte der Mann die Sanitäter, die neben der Tür standen.
    »Verkehrsunfall im Anschluss an eine Schlägerei«, erwiderte einer der beiden. »Muss wohl ein Milchlaster gewesen sein oder so was.«
    Eph zog zwei Latex-Handschuhe aus einer Packung und ging zu der Leiche. »Wo ist der Kopf?«
    »Da drin«, sagte der zweite Sanitäter. »Irgendwo.«
    Der Leichnam war enthauptet worden; der Halsstumpf war mit weißen Bröckchen überzogen.
    »Der Kerl war nackt«, fügte der Sanitäter hinzu. »Was für eine Nacht!«
    Eph zog den Reißverschluss nach unten. Die kopflose Leiche war übergewichtig, männlich, um die fünfzig Jahre alt ... Dann sah er die Füße.
    Um den großen Zeh war ein Draht gewickelt - ganz so, als wäre dort einmal das Schild eines Leichenschauhauses befestigt gewesen.
    Auch Nora bemerkte den Draht. Und erstarrte.
    »Eine Schlägerei?«, fragte Eph.
    »Hat man uns jedenfalls erzählt.« Der Sanitäter öffnete die Tür. »Einen schönen Tag noch. Und viel Glück!«
    Eph zog den Reißverschluss wieder zu. Niemand sonst sollte den Draht zu Gesicht bekommen; er wollte nicht, dass man ihm Fragen stellte, auf die er keine Antworten hatte. Dann sah er Nora an. »Der alte Mann ... «
    Sie nickte. »Er wollte, dass wir die Leichen vernichten.« »Und er wusste über die Sache mit dem UV-Licht Bescheid.« Eph streifte die Latex-Handschuhe ab. Er musste an Jim denken, der allein auf der Isolierstation lag - und in dem weiß Gott was
wuchs.
»Wir müssen herausfinden, was er sonst noch weiß.«
     
    Polizeirevier I 7th Precinct,
East 51St Street, Manhattan
     
    Abraham Setrakian zählte dreizehn weitere Männer in der zimmergroßen Zelle, unter ihnen einer mit frischen Kratzspuren am Hals. Der arme Teufel kauerte in der Ecke und rieb sich energisch Speichel in die Hände.
    Natürlich hatte Setrakian schon Schlimmeres gesehen weit Schlimmeres. Auf einem anderen Kontinent, in einem anderen jahrhundert ...
    Er blickte den jungen Mexikaner auf der Bank neben sich an. Es war der, den er auf der Wache gesehen hatte. Seine Wange war blau verfärbt, und geronnenes Blut verschloss die Platzwunde unter seinem Auge. Er schien sich allerdings nicht infiziert zu haben. Mehr Sorgen bereitete Setrakian der Freund des jungen, der reglos auf der Bank lag.
    Nun wurde auch Gus, ohnehin völlig fertig und genervt, auf den alten Mann aufmerksam, der ihn die ganze Zeit anstarrte. Er blickte auf. »Hast du 'n Problem, Mann?«
    Bei der Aussicht auf einen Kampf zwischen einem mexikanischen Gangster und einem alten Juden spitzten die übrigen Zellengenossen die Ohren.
    »Allerdings«, erwiderte Setrakian. »Ein sehr großes.« Gus funkelte ihn finster an. »Klar, Mann. Wer nicht?« Setrakian spürte, wie sich die anderen wieder abwandten,
    da es offensichtlich doch kein Spektakel geben würde. Er sah sich den Freund des Mexikaners näher an. Er hatte einen Arm über Gesicht und Hals gelegt und die Knie bis zur Brust angezogen - fast wie ein Embryo.
    »Hey, Mann, ich kenn' dich«, sagte Gus plötzlich. Setrakian nickte. Das kam öfter vor. »118th Street.«
    »Ja,

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