Die Sache mit Jo und Mo (German Edition)
seine Clique, er gehörte zu den VIPs an dieser Schule. Nein: Er warschlicht der VIP , das Nonplusultra.
An ihm wurde alles gemessen. Was er sagte, war Tagesgespräch, welche Klamotten er trug, war angesagt. Was er tat, mit wem er zusammen war, wurde Gesprächsthema Nummer eins.
Der größte Teil der anderen Schüler kam aus gut bis sehr gut situierten Familien, das brachte der Speckgürtel Hamburgs mit sich. Nichtsdestotrotz lag das Imperium der Bergenfelds noch eine ganze Klasse über dem der anderen Großverdiener. Folglich war Jo eigentlich immer von einem Schwarm Speichelleckern, Trittbrettfahrern und einigen, wahren Freunden umgeben.
Letztere beschränkten sich seiner eigenen Meinung nach exakt auf eine Person: Sven. Dieser war sein einziger echter Freund. Dessen Vater war ein erfolgreicher Anwalt, der auch öfter für Jos Vater tätig war, sodass ihre Familien ebenfalls eng miteinander befreundet waren.
Er und Sven kannten sich seit ihrer Kindheit, waren immer zusammen zur Schule gegangen, auf den gleichen Partys gewesen, hatten als Kinder die gleichen Verstecke im parkähnlichen Garten der Bergenfelds erkundet. Zwischen ihnen gab es praktisch keine Geheimnisse.
Jo seufzte, derweil Maria wild drauflos plapperte, ihm den neuesten Klatsch erzählte, den er verpasst hatte, weil sein Vater mit seiner Yacht noch zwei Wochen länger durch die Weltgeschichte reisen musste.
Ihm war es im Prinzip egal gewesen, an welchem Strand, welchen Landes er gerade herumlag und sich die Sonne auf den wohlgeformten Körper schienen ließ. Solange es einen Pool oder Strand, exquisite Cocktails, leckeres Essen und entsprechend willige Gesellschaft für ein bisschen Bettsport gab, war es ihm gleichgültig.
Nachteilig war, dass er jetzt erst einmal zwei Wochen Lernstoff nachholen musste. Die meisten Lehrer kamen damit klar, dass sie ihn mit mehr Respekt als die normalen Schüler behandeln mussten. Trotzdem kam er nicht umhin, gelegentlich etwas für die Schule zu tun. Sein Vater erwartete nicht viel von seinem Sohn, erlaubte diesem im Prinzip, sein Leben und seine Jugend vollauf zu genießen.
Auf was dieser jedoch Wert legte, waren leider gute Schulnoten, bei denen er notfalls auch mit intensivem und teurem Nachhilfeunterricht nachhalf. Jo war der einzige Erbe des Bergenfeld-Imperiums und seine Karriere nach dem Studium in der Firma war vorprogrammiert.
Maria hatte sich bei ihm eingehakt, redete ohne Unterlass über Belanglosigkeiten. Jos Blick wanderte durch den Flur. Er suchte eigentlich nur nach Svens vertrauter Gestalt unter den unbedeutenden Schülern, die ihn bewundernd, stellenweise auch neidisch ansahen.
Maria ging zwar nicht in seine Klasse, schien allerdings entschlossen, erst an der Tür zum Klassenraum von ihm abzulassen. Eigentlich nur um sie loszuwerden, hielt Jo vor der Jungentoilette an und schenkte ihr sein bezauberndes Lächeln.
„Süße, ich muss jetzt leider mal ganz dringend da rein, und so gerne ich dabei deine Gesellschaft hätte, fürchte ich doch, die Lehrer würden mir das übel nehmen, gleich am ersten Tag, wo ich wieder hier bin.“ Verschmitzt grinste er sie an und schob die Zunge bezeichnend in die Unterlippe.
Maria wurde erwartungsgemäß rot, kicherte und ließ ihn endlich los. Sie stob davon zu ihren Freundinnen, die schon erwartungsfroh am Ende des Ganges standen und auf ihre Berichterstattung lauerten.
Jo seufzte ergeben. Die Pause war gleich um und Jo würde immerhin bis zur nächsten Pause von ihr und ihren Freundinnen verschont bleiben.
Kopfschüttelnd betrat er die Toilette und trat ans Waschbecken heran. Er wusch sich die Hände und verzog den Mund, als er die roten Spuren des Lippenstiftes an seiner Wange bemerkte. Sofort nahm er sich ein paar der Papiertücher und wischte sich die grelle Farbe vom Gesicht. Kritisch musterte er sich selbst im Spiegel.
Dank der intensiven Sonne auf dem letzten Urlaubstrip sah er wirklich unverschämt gut aus. Der Teint war herrlich braun, ohne die unliebsamen Spuren, die künstliche Bräunung erzeugte. Die letzte Wellnessbehandlung im Hotel hatte seine Haut wunderbar weich und strahlend gemacht. Anerkennend nickte Jo sich zu. Ja, er sah erstklassig aus. Blond, blaue Augen; wirklich zum Anbeißen.
Im Gang hörte er die Stundenglocke läuten und beugte sich noch einmal vor, um den letzten Rest roter Spuren auf beiden Wangen zu beseitigen. Zufrieden betrachtete er sein Bild im Spiegel, als er hinter sich ein Geräusch hörte.
Jemand trat aus einer
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