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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Sicherheit das Klügste in dieser Situation. Mit einer unmissverständlichen Geste winkte er Walter ab. Sein Gefährte nickte verständnisvoll und verschwand wieder in seinem Versteck.
    Kurz darauf erschienen zwei Reiter auf dem Weg. Rote Seide blitzte auf: William erkannte Ralph von Lyme und hinter ihm den kahlen Schädel seines Begleiters. Die beiden Männer trabten vorüber und verschwanden rasch wieder aus seinem Blickfeld.
    Trotz der Ernüchterung, die sich seiner bemächtigte, war William froh über die Bestätigung der These, dass der Graf Boten aussandte. Die Frage war allerdings, ob Bartholomäus sie aus Vorsicht nur paarweise auf den Weg schickte. Wer immer die Gelegenheit dazu hatte, schloss sich auf seinen Reisen einer Gruppe an; es war ganz einfach sicherer. Andererseits gab es gewiss eine Menge Leute, die Bartholomäus unterrichten wollte, und es stand ihm nur eine beschränkte Anzahl an Boten zur Verfügung. Unter diesen Voraussetzungen wäre es fast Luxus gewesen, jeweils zwei an denselben Ort zu schicken. Hinzu kam, dass Ritter kampferprobte Burschen waren, die jedem herkömmlichen Wegelagerer einen harten Kampf liefern würden – einen Kampf zumal, bei dem für einen Wegelagerer nicht allzu viel herausspringen konnte, denn außer seinem Schwert und seinem Pferd führte ein Ritter kaum Wertgegenstände mit sich. Ein Schwert aber war schwer verkäuflich für jemanden, der sich vor peinlichen Fragen fürchten musste, und Pferde wurden bei Überfällen oft verletzt. Alles in allem war ein Ritter im Wald weniger gefährdet als andere Personen.
    William kratzte sich mit dem Messergriff am Kopf. Beides ist möglich, dachte er.
    Er ließ sich nieder und wartete. Eine tiefe Stille lag über dem Wald. Eine schwache Wintersonne kam hervor und schickte zitternde Strahlen durch das Geäst, bevor sie wieder verschwand. Sein Magen erinnerte William daran, dass die Mittagessenszeit bereits vorüber war. Ein paar Meter vor ihm überquerte ein Reh den Weg und ahnte nicht, dass es von den Blicken eines hungrigen Menschen verfolgt wurde. Williams Ungeduld wuchs.
    Wenn sie das nächste Mal wieder zu zweit kommen, müssen wir’s trotzdem riskieren, dachte er bei sich. Das ist gewiss ein Wagnis, aber zum einen spricht das Überraschungsmoment für uns, und zum anderen ist Walter ein sagenhafter Kämpfer. Was sollen wir auch sonst machen? Es ist wahrscheinlich unsere letzte Chance. William war sich durchaus darüber im Klaren, dass er sein Leben aufs Spiel setzte – doch was war das schon für ein Leben, in dem man ständig gedemütigt wurde und Spott und Hohn über sich ergehen lassen musste? Da war ein Tod im Kampf schon ehrenvoller.
    Am besten wäre es freilich, dachte er, wenn Aliena jetzt allein auf ihrem weißen Pony dahergesprengt käme. Im hohen Bogen fliegt sie vom Pferd und schrammt sich Arme und Beine auf. Sie landet in einem Brombeergestrüpp, und die Dornen dringen tief in ihre weiße Haut. Sie blutet aus vielen kleinen Wunden. Und dann bin ich plötzlich über ihr … William weidete sich an ihrem Entsetzen und malte sich Alienas Verletzungen in allen Einzelheiten aus. Er sah, wie sich ihre Brust unter ihm hob und senkte, sah den namenlosen Schrecken, den ihr die Erkenntnis, dass sie ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war, ins Gesicht schrieb … Dann hörte er wieder Hufschläge.
    Diesmal war es nur ein Pferd.
    Er richtete sich auf, zog sein Messer, presste den Rücken wieder an die Rinde des Baums, lauschte …
    Es war ein gutes, schnelles Tier, kein Schlachtross, aber ein solides Rennpferd, das sich im gleichmäßigen Trab näherte und nicht einmal besonders schwer atmete. William sah sich nach Walter um und nickte ihm zu: Jetzt war es so weit, da kam der Beweis! Er fasste das Messer an der Spitze und hob den rechten Arm.
    Da wieherte in einiger Entfernung ein Pferd. Es war weithin hörbar im stillen Wald und übertönte mühelos das leichte Hufgeklapper. Das näher kommende Tier reagierte sofort, indem es die Gangart wechselte. Der Reiter rief »Brrr!«, und sein Pferd verfiel in einen langsamen Schritt. William fluchte verhalten. Der Reiter war jetzt auf der Hut. Zu spät erkannte William, dass er sein eigenes Ross noch weiter in den Wald hätte führen müssen.
    Nun, da das Pferd im Schritt ging, ließ sich die Entfernung nicht mehr abschätzen. William widerstand der Versuchung, hinter seinem Baum hervorzulugen, und lauschte mit äußerster Anspannung. Plötzlich hörte er das Pferd in

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