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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Such dir jetzt einen geeigneten kleinen Baum, und schneid ihn dir zurecht. Dann hast du, was du brauchst.«
    Walter verschwand.
    William führte die beiden Pferde tiefer in den Wald hinein und band sie ein gutes Stück von der Straße entfernt an einen Baum. Dann zog er verschiedene Riemen und Schnüre aus Sattel- und Zaumzeug – genug, um einen Mann an Händen und Füßen zu fesseln, und noch ein bisschen mehr. Sein Plan war simpel; aber William hatte nicht die Zeit, sich etwas Raffinierteres einfallen zu lassen. Es kam auf einen Versuch an – und dann musste man das Beste hoffen.
    Auf dem Weg zurück zur Straße fand er einen kräftigen, abgefallenen Eichenast. Der Prügel war trocken und hart und ließ sich schwingen wie eine Keule.
    Walter wartete bereits mit seinem Pfahl. »Leg dich hinter der Buche dort auf die Lauer!«, sagte William und deutete auf einen dicken Stamm unmittelbar am Wegesrand. »Und denk daran, dass du den Pfahl nicht zu früh vorstößt, sonst springt das Pferd bloß drüber. Zu lange darfst du aber auch nicht warten, weil es bei der Hinterhand meist nicht klappt. Am besten, du erwischst den Gaul zwischen den Vorderbeinen und rammst die Spitze auf der anderen Seite in den Boden, sodass der Pfahl nicht einfach beiseite­fliegt.«
    Walter nickte. »Ich hab schon mal gesehen, wie’s gemacht wird.«
    William ging ungefähr dreißig Schritt zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren, und suchte sich ein ähnliches Versteck. Er hatte dafür zu sorgen, dass das Pferd durchging – nur wenn es galoppierte und nicht mehr zu bremsen war, würde Walter es zu Fall bringen können. Über kurz oder lang musste einer der gräflichen Boten auftauchen. William hoffte inständig, dass es nicht zu lange dauern würde. Er brannte darauf, seinen Plan in die Tat umzusetzen.
    Die Ritter, die mich ausgelacht haben, hatten ja keine Ahnung, dass ich als Kundschafter in der Burg war, dachte er und zog daraus einen gewissen Trost. Aber einer von ihnen wird es bald erfahren. Sein Lachen wird ihm noch leidtun. Es wird ihm leidtun, dass er nicht vor mir auf die Knie gesunken ist und meine Stiefel geküsst hat. Heulen wird er und mich um Gnade anwinseln, aber ich werde nicht lockerlassen und ihn quälen bis aufs Blut …
    Als tröstend empfand William auch die Vorstellung, dass sein Plan, wenn alles nach Wunsch verlief, den Anfang vom Ende des Grafen Bartholomäus bedeuten konnte – und damit den späten Triumph und neue Machtfülle für die Hamleighs. Dann würden alle, die sich über die geplatzte Verlobung lustig gemacht hatten, vor Furcht beben – und so manch einer müsste sich auf weit Schlimmeres gefasst machen.
    Wenn Bartholomäus stürzt, dann stürzt auch Aliena, dachte William, und das ist das Schönste an der Sache. Wenn ihr Vater als Verräter am Galgen hängt, dann helfen ihr ihr aufgeblasener Stolz und ihre Überheblichkeit auch nicht mehr weiter. Wenn ihr der Sinn dann immer noch nach weicher Seide und Zuckerwerk steht – dann wird ihr nichts anderes übrigbleiben, als mich zu heiraten. Schon sah er Aliena, wie sie ihm demütig und reuevoll ein heißes Pastetchen aus der Küche servierte und alles tat, um ihn zufriedenzustellen; Aliena, wie sie mit weichen, leicht geöffneten Lippen nach einer kleinen Zärtlichkeit gierte, um einen Kuss bettelte …
    Pferdegetrappel auf dem winterharten Straßendreck riss ihn aus seinen Träumereien. Er zog sein Messer und wog es in der Hand, um sich Gewicht und Gewichtsverteilung wieder ins Gedächtnis zu rufen. Die Spitze war beidseitig geschliffen. Er richtete sich auf und presste seinen Rücken gegen den Baum, hinter dem er Deckung gesucht hatte. Er packte das Messer zwischen Daumen und Zeigefinger an der Schneide, atmete nur noch ganz flach und wartete. Er war aufgeregt. Der Wurf konnte sein Ziel verfehlen. Vielleicht misslang der Anschlag auf das Pferd, vielleicht gelang es dem Reiter, Walter mit einem glücklichen Stich zu töten, sodass William allein mit ihm fertig werden musste … Irgendetwas stimmte nicht mit den Hufschlägen. Auch Walter war es aufgefallen; mit kritisch gerunzelter Stirn spähte er aus seinem Versteck. Ach so! Es war nicht nur ein Pferd, was da auf sie zukam. Eine schnelle Entscheidung tat not. Nehmen wir es auch mit zwei Leuten auf? William schwankte. Klingt ein bisschen zu sehr nach ehrlichem Kampf, dachte er. Lassen wir sie laufen und warten auf einen einzelnen Boten. Das ist zwar eine Enttäuschung, aber mit

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