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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Was habe ich davon?«
    Mutter antwortete an Walerans statt: »Begreifst du das denn nicht?«, fragte sie gereizt. »Dir gehört Shiring. Stell dir mal vor, wie die Stadt mit dieser Kathedrale aufblühen wird! Hunderte von Handwerkern und Arbeitern werden über Jahre hinaus auf der Baustelle tätig sein. Alle müssen sie irgendwo wohnen und dir Miete zahlen. Lebensmittel und Kleidung müssen sie auf deinem Markt kaufen – ganz zu schweigen von den Domherren selbst und den Gläubigen, die zu Ostern und Pfingsten nach Shiring statt nach Kingsbridge strömen werden. Und vergiss nicht die Pilger, die die Reliquienschreine sehen wollen … Sie alle haben Geld und geben es aus.« Ihre Augen blitzten vor Gier. William hatte seine Mutter lange nicht mehr so begeistert erlebt. »Wenn wir die Sache richtig anpacken, wird Shiring zu einer der bedeutendsten Städte im ganzen Königreich!«
    Und sie wird mir gehören, dachte William. Nach Vaters Tod werde ich Graf.
    »In Ordnung«, sagte Vater. »Euer Plan bringt Philip den Ruin, verschafft Euch, Bischof, mehr Macht und mir mehr Reichtum. Was ist zu tun?«
    »Die Entscheidung über die Verlegung der Kathedrale liegt beim Erzbischof von Canterbury – zumindest theoretisch.«
    Mutter sah ihn durchdringend an. »Wieso ›theoretisch‹?«
    »Weil wir derzeit keinen Erzbischof haben. William von Corbell ist Weihnachten gestorben, und der König hat noch keinen Nachfolger ernannt. Wir wissen jedoch, wer aller Wahrscheinlichkeit nach den Posten bekommt: Unser Freund Henry von Winchester hat schon lange ein Auge darauf geworfen. Er wurde vom Papst bereits mit der Interimsverwaltung betraut. Zudem ist er ein Bruder des Königs.«
    »Kann man auf seine Freundschaft zählen?«, wollte Vater wissen. »Als Ihr Euch um diese Grafschaft bemüht habt, war er nicht sehr hilfsbereit.«
    Waleran zuckte die Achseln. »Er wird mir helfen, so gut er kann. Wir müssen unser Anliegen eben überzeugend vortragen.«
    »Wenn er auf den Stuhl des Erzbischofs spekuliert, wird ihm kaum daran gelegen sein, sich einflussreiche Persönlichkeiten zum Feinde zu machen«, sagte Williams Mutter.
    »Stimmt. Aber Philip fällt nicht ins Gewicht. Bei der Wahl des Erzbischofs wird er kaum mitreden dürfen.«
    »Und weshalb kann Henry uns dann nicht gleich geben, was wir wollen?«, fragte William.
    »Weil er nicht Erzbischof ist, noch nicht! Und weil er genau weiß, dass ihm während der Übergangszeit peinlich genau auf die Finger gesehen wird. Er muss alles daransetzen, als weiser und gerechter Richter zu gelten, und darf nicht als ein Mann erscheinen, der seinen Günstlingen Gefallen erweist. Dafür gibt es nach der Wahl ausreichend Gelegenheit.«
    »Das heißt also«, meinte Mutter nachdenklich, »dass er sich unser Anliegen günstigstenfalls wohlwollend anhören wird. Und wie lautet unser Anliegen?«
    »Dass wir eine Kathedrale bauen können und Philip nicht.«
    »Und wie können wir ihn davon überzeugen?«
    »Seid Ihr in letzter Zeit in Kingsbridge gewesen?«
    »Nein.«
    »Ich war Ostern dort.« Waleran lächelte. »Sie haben noch nicht mit dem Bau begonnen. Außer dem vorgesehenen Bauplatz mit ein paar in die Erde gehauenen Pflöcken und Seilen haben sie nichts vorzuweisen. Sie haben angefangen, die Fundamente zu graben, sind aber erst ein paar Zoll weit gekommen. Ein Steinmetz mit seinem Lehrling arbeitet dort und der Zimmermann der Abtei, gelegentlich geht ihnen der eine oder andere Mönch als Hilfsarbeiter zur Hand. Ein desolater Anblick, vor allem bei Regen. Am liebsten wäre mir, Bischof Henry würde sich selbst ein Bild machen.«
    Mutter nickte weise. William sah ein, dass der Plan gut war, doch die Aussicht auf eine Zusammenarbeit mit dem abscheulichen Waleran Bigod war ihm von Grund auf verhasst.
    »Wir werden Henry im Voraus darüber aufklären, wie klein und unbedeutend Kingsbridge und wie arm das Kloster dort ist«, fuhr Waleran fort. »Dann kann er sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass sie auf der Baustelle über ein Jahr gebraucht haben, um ein paar kleine Löcher zu graben. Zu guter Letzt laden wir ihn nach Shiring ein und legen ihm dar, wie schnell hier, wo der Bischof, der Graf und die Bevölkerung alle an einem Strick ziehen, eine Kathedrale hochgezogen werden kann.«
    »Wird er denn kommen?«, fragte Mutter besorgt.
    »Wir müssen ihn fragen, mehr können wir nicht tun«, erwiderte Waleran. »Ich werde ihn einladen, uns am Pfingstsonntag in seiner Funktion als Erzbischof zu

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