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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Philip, und genau wie Philip führt auch er etwas im Schilde!
    »Er soll uns nicht ungeschoren davonkommen«, sagte Mutter. »Wir Hamleighs dürfen uns nicht in aller Öffentlichkeit erniedrigen lassen! Diesem Prior muss eine Lektion erteilt werden!«
    Vater hatte seine Zweifel. »Es geht doch bloß um einen Steinbruch«, sagte er. »Und der König hat …«
    »Hier geht es nicht nur um den Steinbruch, sondern um die Familienehre!«, fuhr Mutter ihm ins Wort. »Was der König gesagt hat, ist Nebensache.«
    William pflichtete seiner Mutter bei. Philip von Kingsbridge hatte den Hamleighs die Stirn geboten und musste vernichtet werden. Wer nicht gefürchtet wurde, war ein Nichts. Doch was machten sie alle für ein Geschrei darum! Die Sache war doch ganz simpel zu lösen! »Warum gehen wir nicht einfach mit ein paar Männern hin und setzen die Steinbrecher des Priors vor die Tür?«
    Vater schüttelte den Kopf. »Sich den Wünschen des Königs passiv zu widersetzen, indem man – wie wir in diesem Falle – den Steinbruch selbst ausbeutet, ist eine Sache. Bewaffnete zu entsenden und Arbeiter an die Luft zu setzen, die dort mit ausdrücklicher Erlaubnis des Königs tätig sind, eine ganz andere. Das kann mich meinen Titel und meine Grafschaft kosten.«
    Widerstrebend musste William ihm beipflichten. Vaters Vorsicht war in den meisten Fällen begründet.
    »Ich habe einen Vorschlag«, sagte Bischof Waleran. »Ich bin der Meinung, diese Kathedrale sollte woanders errichtet werden. Nicht in Kingsbridge.«
    William stutzte. Er begriff die Bedeutung dieser Bemerkung ebenso wenig wie sein Vater. Mutters Augen indessen weiteten sich; sie hörte einen Augenblick lang auf, sich im Gesicht zu kratzen, und sagte nachdenklich: »Eine höchst interessante Idee.«
    »Früher standen die meisten Kathedralen in Dörfern wie Kingsbridge«, fuhr Waleran fort. »Unter dem ersten König William wurden vor sechzig bis siebzig Jahren viele in die Städte verlegt. Kingsbridge ist nichts weiter als ein kleines Dorf am Ende der Welt. Außer einem verwahrlosten Kloster, das viel zu arm ist, um eine Kathedrale zu unterhalten – geschweige denn zu bauen –, gibt’s dort rein gar nichts.«
    Mutter fragte: »Und wo würde es Euch belieben, sie zu erbauen?«
    »In Shiring«, erwiderte Waleran. »Die Stadt ist groß genug – hat wohl an die tausend oder mehr Einwohner, und es gibt dort einen Markt und jedes Jahr eine Wollmesse. Außerdem liegt Shiring an der Hauptstraße. Und wenn wir uns beide dafür stark machen, wenn der Bischof und der Graf an einem Strang ziehen – dann könnten wir uns durchsetzen.«
    »Aber wenn die Kathedrale in Shiring steht«, wandte Vater ein, »dann können sich die Mönche in Kingsbridge nicht darum kümmern.«
    »Eben, eben!«, rief Mutter ungeduldig. »Ohne die Kathedrale ist Kingsbridge keinen Pfifferling wert, nach der Priorei kräht kein Hahn mehr, und Prior Philip verschwindet wieder in Bedeutungslosigkeit – was ihm nur recht geschieht.«
    »Und wer kümmert sich dann um die Kathedrale?«, fragte Vater Hamleigh hartnäckig.
    »Ein neues Domkapitel«, antwortete Waleran. »Von mir ernannt.«
    Allmählich begann William Walerans Vorstellungen zu verstehen. Eine Verlegung der Kathedrale nach Shiring gäbe Waleran die Möglichkeit, die Kontrolle darüber an sich zu reißen.
    »Und wie steht es mit dem Geld?«, wollte Vater wissen. »Wer, wenn nicht die Priorei von Kingsbridge, wird die neue Kathedrale finanzieren?«
    »Bei näherer Betrachtung wird sich erweisen, dass der Großteil der klösterlichen Besitztümer der Kathedrale zugeeignet ist«, sagte Waleran. »Wenn die Kathedrale umzieht, dann gehen sie mit. Als König Stephan die alte Grafschaft Shiring aufteilte, sprach er dem Kloster zu Kingsbridge, wie wir alle nur allzu gut wissen, die Gutshöfe in den Hügeln zu. Das war sein Beitrag zur Finanzierung der neuen Kathedrale. Wenn nun jemand anders den Dom baut, so wird der König von der Priorei erwarten, dass sie dem neuen Bauherrn diese Ländereien überlässt. Die Mönche würden sich natürlich dagegen sträuben, doch bin ich überzeugt, dass eine genaue Prüfung der Verträge für klare Verhältnisse sorgen wird.«
    Die weitreichenden Konsequenzen der Pläne Walerans zeichneten sich ab: Er will sich nicht die Kathedrale, sondern auch einen Großteil des Klostervermögens unter den Nagel reißen, dachte William.
    Sein Vater sagte: »Soweit es Euch betrifft, Bischof, ein großartiger Plan – nur:

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