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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Verhandlungen und deren Vorbereitung nicht zu Rate gezogen. Philip schien über den Stand der Dinge besser Bescheid zu wissen, wenngleich er sich über die Quelle seiner Informationen ausschwieg. Aliena hatte allerdings eine Vermutung: Sie erinnerte sich an den Bruder des Priors, der hin und wieder Kingsbridge besucht hatte. Er hatte einst für Robert von Gloucester und die Kaiserin Mathilde gearbeitet. Es war immerhin möglich, dass er inzwischen für Herzog Henry tätig war.
    Philip berichtete, dass die Verhandlungen kurz vor dem Abschluss stünden. Man habe sich auf folgende Lösung geeinigt: Stephan sollte bis zu seinem natürlichen Ableben König bleiben, Henry sollte ihm auf den Thron nachfolgen. Aliena war über diese Lösung alles andere als erbaut: Es war ohne Weiteres denkbar, dass Stephan noch zehn Jahre lebte. Was würde in der Zwischenzeit geschehen? Es war gewiss nicht anzunehmen, dass die Grafen und Barone, die Stephan unterstützten, abdanken mussten, solange er König war. Wie sollten Henrys Anhänger – also zum Beispiel Richard – zu ihrem gerechten Lohn kommen? Hoffte man auf ihre Geduld?
    Philip erfuhr die Antwort auf diese Frage an einem Spätnachmittag, genau eine Woche nach Beginn der Versammlung in Winchester. Er schickte einen Novizen aus, der Aliena und Richard zu einer Unterredung bat. Die beiden machten sich sofort auf den Weg zum Klosterhof. Auf ihrem Gang durch die geschäftigen Straßen der Stadt beherrschte Richard finstere Entschlossenheit, während Aliena von Verzagtheit ergriffen war.
    Philip erwartete sie auf dem Friedhof. Die Sonne stand schon tief am Himmel, sodass die Grabsteine lange Schatten warfen. Der Prior kam sofort zur Sache. »Sie haben sich geeinigt«, sagte er. »Allerdings ist das Ergebnis recht verwirrend.«
    Aliena hielt die Spannung nicht mehr aus. »Wird Richard wieder Graf?«, fragte sie aufgeregt.
    Philip machte eine abwiegelnde Geste mit der Hand, die so viel besagte wie ›vielleicht ja – vielleicht nein‹. »Die Situation ist ziemlich kompliziert. Sie haben einen Kompromiss geschlossen. Ländereien, die Usurpatoren in die Hand gefallen sind, sollen an die ehemaligen Besitzer zurückgegeben werden – das heißt an jene, denen sie zu Zeiten des alten Königs Henry gehörten.«
    »Das reicht mir doch!«, rief Richard aus. »Zu Zeiten von König Henry war mein Vater Graf!«
    »Halt den Mund, Richard!«, fuhr Aliena dazwischen und fragte Philip: »Was ist der Haken bei der Sache?«
    »In der Vereinbarung wird mit keinem Wort erwähnt, dass Stephan sie auch durchsetzen muss. Wir müssen also damit rechnen, dass sich erst nach Stephans Tod, wenn Henry die Thronfolge antritt, etwas ändern wird.«
    Richard war zutiefst enttäuscht. »Damit kann ich die Grafschaft vergessen.«
    »Ganz so schlimm ist es nicht«, sagte Philip, »bedeutet die Entscheidung doch, dass du als rechtmäßiger Graf anerkannt bist.«
    »… und dass ich bis zu Stephans Tod das Leben eines Outlaws führen muss, während diese Bestie William meine Burg besetzt hält«, ergänzte Richard wütend.
    Ein Priester ging vorüber. »Nicht so laut!«, zischte Philip. »Das ist alles noch streng geheim.«
    Aliena schäumte vor Wut. »Ich bin nicht bereit, mich damit abzufinden! Ich bin nicht bereit, Stephans Tod abzuwarten. Ich warte jetzt seit siebzehn Jahren und bin des Wartens endgültig überdrüssig!«
    »Aber was wollt Ihr tun?«, fragte Philip.
    Aliena wandte sich an Richard. »Bei den meisten Menschen im Land giltst du als rechtmäßiger Graf. Stephan und Henry haben in ihrer Übereinkunft diese Ansicht bestätigt. Da ist es nur recht und billig, wenn du deine Burg zurückeroberst und auch als rechtmäßiger Graf regierst. «
    »Ich kann die Burg aber nicht so ohne Weiteres zurückerobern. William hat mit Sicherheit für eine strenge Bewachung gesorgt.«
    »Wozu hast du denn dann eine Armee, he?« Wut und Enttäuschung gingen mit Aliena durch. »Die Burg gehört dir, und du hast die Macht, sie einzunehmen.«
    Richard schüttelte den Kopf. »Ich habe jetzt fünfzehn Jahre Bürgerkrieg hinter mir. Weißt du, wie oft ich in dieser Zeit erlebt habe, dass eine Burg per Frontalangriff eingenommen wurde? Kein einziges Mal!« Wie immer, wenn er über militärische Dinge sprach, gewann er unvermittelt Reife und Überzeugungskraft. »So etwas geschieht so gut wie nie. Bei Städten manchmal schon, aber nicht bei Burgen. Burgen können durch Belagerungen zur Aufgabe gezwungen werden, manchmal

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