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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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bestätigten ihm seine Vermutung. Sie waren großartige Ränkeschmiede, diese frommen Herrschaften – aber wenn’s ans blutige Handwerk ging, waren sie auf Männer der Tat angewiesen. »Ich bin sicher, Ihr werdet für mich beten!«, sagte er sarkastisch und ließ sie stehen.
    Er ging zu seinem Pferd. Der schwarze Hengst hatte das von Richard gestohlene Schlachtross ersetzt, erreichte aber bei Weitem nicht dessen Klasse. William saß auf und verließ die Stadt. Er zügelte seine Vorfreude und versuchte, mit kühlem Kopf einen Angriffsplan zu entwickeln.
    Wie viele Outlaws wird Richard in Sallys Steinbruch zusammengezogen haben, dachte er. Bei einigen Überfällen in jüngster Zeit sind sie in Horden von über hundert Mann erschienen. Insgesamt müssen es daher wohl mindestens zweihundert sein, vielleicht sogar bis zu fünfhundert. Wir müssen also damit rechnen, dass wir in der Minderzahl sind, und daher das Beste aus unseren Vorteilen machen …
    Ein Vorteil war der Überraschungseffekt, ein anderer die Bewaffnung. Die Banditen verfügten über Keulen, Knüppel, Hämmer und, schlimmstenfalls, Äxte. Keiner von ihnen trug eine Rüstung. Der wichtigste Trumpf in Williams Händen war indes der Umstand, dass er und seine Leute zu Pferde kamen. Die Outlaws hatten nur sehr wenig Pferde, und dass sie zum Zeitpunkt des Angriffs kampfbereit im Sattel säßen, war nicht zu erwarten. Einen weiteren Vorteil erhoffte sich William von seinen Bogenschützen: Ein paar von ihnen wollte er vorausschicken. Sie sollten die Flanken des Steinbruchs hinaufklettern und das Banditenlager kurz vor Beginn der eigentlichen Attacke mit einem Pfeilhagel überschütten.
    Das Wichtigste war jedoch, dass kein Outlaw entwischte – zumindest nicht, solange Richard nicht tot oder gefangen war. William beschloss, ein paar zuverlässige Männer auszusuchen, die hinter der Front mit all jenen aufräumten, denen es gelungen war, durch die Reihen zu schlüpfen.
    Walter wartete mit den Rittern und Schergen dort, wo William sie ein paar Stunden zuvor verlassen hatte. Die Männer waren voller Tatendrang und bestens motiviert – schließlich rechneten sie mit einem leichten Sieg.
    Sie schlugen den Weg nach Winchester ein. Walter ritt stumm an Williams Seite. Zu seinen besten Eigenschaften zählte die Fähigkeit, den Mund halten zu können. Bei anderen Leuten hatte William oft den Eindruck, sie redeten ununterbrochen auf ihn ein, und das selbst dann, wenn es eigentlich gar nichts zu sagen gab. Angst und Aufgeregtheit mochten der Grund dafür sein. Walter respektierte William, war aber in seiner Gegenwart weder ängstlich noch aufgeregt: Dazu waren sie schon zu lange zusammen.
    William spürte die vertraute Mischung aus brennender Erwartung und Todesfurcht. Nur im Kampf war er gut, und bei jedem Kampf setzte er sein Leben aufs Spiel. Heute jedoch ging es um alles, heute wollte er endlich jenen Mann erledigen, der ihm schon seit fünfzehn Jahren ein Dorn im Auge war.
    Gegen Mittag unterbrachen sie ihren Ritt in einem Dorf, das groß genug war, um eine Schenke zu besitzen. William besorgte den Männern Brot und Bier, und die Pferde bekamen Wasser. Bevor sie ihren Weg fortsetzten, gab er seiner Truppe die letzten Instruktionen.
    Ein paar Meilen weiter bogen sie von der Straße nach Winchester ab. Der Pfad, den sie einschlugen, war von außen kaum zu erkennen, und hätte William nicht aufmerksam nach ihm Ausschau gehalten, so wäre er gewiss an der Abzweigung vorbeigeritten, ohne etwas zu sehen. Nachdem sie den Pfad jedoch gefunden hatten, verriet die Pflanzendecke seinen weiteren Verlauf: Auf einem Streifen von fünf oder sechs Schritt Breite wuchs kein einziger alter Baum.
    Er schickte die Bogenschützen los. Um ihnen einen Vorsprung zu geben, hieß er die übrige Truppe vorübergehend langsamer reiten. Es war ein klarer Januartag, und die blattlosen Bäume vermochten das kalte Sonnenlicht kaum zu dämpfen. William war schon seit vielen Jahren nicht mehr in dieser Gegend gewesen und konnte daher nicht genau sagen, wie weit es bis zum Steinbruch noch war. Ungefähr eine Meile nach der Abzweigung fielen ihm dann die ersten Anzeichen auf, die dafür sprachen, dass der Weg noch benutzt wurde: niedergetretene Pflanzen, abgebrochene Zweige und aufgewühlter Boden. William war heilfroh, bestätigten diese Indizien doch Remigius’ Angaben.
    Er war gespannt wie eine Bogensehne. Die Zeichen wurden deutlicher: zertrampeltes Gras, Pferdeäpfel, Abfälle. In diesem

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