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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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hier auf der Burg war nichts los …
    Bis heute.
    So weit, so gut. Aliena durchschritt den unteren Burghof. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Es war ein merkwürdiges Gefühl, als Fremde einen Ort zu besuchen, der einst die Heimat gewesen war; sich einschleichen zu müssen in eine Burg, in der ihr früher jeder Winkel offen gestanden hatte. Sie sah sich um, achtete aber darauf, ihre Neugier nicht zu deutlich hervortreten zu lassen. Die überwiegend aus Holz bestehenden Wirtschaftsgebäude waren neu oder hatten sich verändert: die Ställe waren größer, die Küche stand an einem anderen Fleck.
    Neu war auch eine gemauerte Rüstkammer. Insgesamt wirkte die Anlage schmutziger als früher. Geblieben war die Kapelle – die Kapelle, in der sie und Richard bis zum Ende jenes furchtbaren Sturms ausgeharrt hatten – frierend, verschreckt und halb von Sinnen. Eine Handvoll Diener machte sich an die allmorgendlich anfallenden Arbeiten. Ein oder zwei Bewaffnete patrouillierten im Burghof. Aliena empfand ihre Anwesenheit als sehr bedrohlich. Sie versuchte, sich zu beruhigen: Das kommt wahrscheinlich daher, dachte sie, dass ich weiß, dass sie mich töten würden, wenn sie wüssten, was ich im Schilde führe …
    Wenn mein Plan aufgeht, bin ich schon heute Abend wieder Burgherrin … Der Gedanke war ebenso aufregend wie unwirklich – wie ein wundersamer, unmöglicher Traum.
    Sie betrat die Küche. Ein Junge schürte das Feuer, ein junges Mädchen schnitt Karotten. Aliena schenkte ihnen ein strahlendes Lächeln, stellte den Korb auf den Tisch und sagte: »Vierundzwanzig frische Eier.«
    »Der Koch ist noch nicht aufgestanden«, sagte der Junge. »Ihr werdet auf Euer Geld noch eine Weile warten müssen.«
    »Kann ich irgendwo ein bisschen Brot für mein Frühstück bekommen?«
    »Im großen Saal.«
    »Danke.« Aliena wandte sich zum Gehen. Den Korb ließ sie in der Küche.
    Sie überquerte die zweite Zugbrücke und lächelte dem Posten im zweiten Torhaus zu. Seine Haare waren ungekämmt, die Augen blutunterlaufen. Er sah sie von oben bis unten an und fragte: »Wohin des Weges?« In seinen Worten lag eine spielerische Herausforderung.
    »Zum Frühstück«, antwortete Aliena, ohne stehen zu bleiben.
    »Ich hab was zu knabbern für Euch«, rief er ihr anzüglich nach.
    »Passt nur auf, dass ich es nicht abbeiße!«, rief Aliena über die Schulter zurück.
    Niemand schöpfte auch nur den geringsten Verdacht. Sie kamen überhaupt nicht auf den Gedanken, dass eine Frau gefährlich sein konnte. Was für Narren sie doch sind, dachte Aliena. Frauen konnten fast alles, was Männer konnten: Wer hielt denn zu Hause den Betrieb aufrecht, wenn die Männer Krieg führten oder Kreuzzüge unternahmen? Es gab Färberinnen, Gerberinnen, Bäckerinnen, Brauerinnen und weibliche Zimmerer. Aliena selbst war eine der bedeutendsten Kauffrauen der Grafschaft. Die Pflichten einer Äbtissin unterschieden sich in nichts von denen eines Abts. Und war es nicht eine Frau, die Kaiserin Mathilde, die jenen nun schon seit fünfzehn Jahren tobenden Bürgerkrieg ausgelöst hatte? Doch all dies ließ diese holzköpfigen Wachsoldaten völlig kalt: Sie trauten einer Frau einfach nicht zu, eine feindliche Spionin zu sein – nur weil es ungewöhnlich war.
    Sie rannte die Treppen zum großen Saal empor. Die Tür war nicht besetzt – vermutlich, weil der Burgherr nicht zugegen war. Ich werde in Zukunft dafür sorgen, dass stets ein Hofmeister an der Tür steht – ob die Burgherrin nun da ist oder nicht.
    Fünfzehn oder zwanzig Personen hatten sich um einen kleinen Tisch zum Frühstück versammelt. Ein oder zwei blickten bei Alienas Eintreten auf, waren aber nicht weiter an ihr interessiert. Der Saal machte einen recht gepflegten Eindruck und verriet die weibliche Hand: Die Wände waren frisch geweißt, und süßlicher Kräuterduft mischte sich in den Geruch der Binsen auf dem Boden. Elisabeth machte, wenn auch nur in bescheidenem Maße, ihren Einfluss geltend – ein Zeichen, das Anlass zur Hoffnung gab.
    Ohne mit den Leuten am Tisch zu sprechen, durchschritt Aliena die Halle und begab sich zu der ins nächsthöhere Stockwerk führenden Treppe. Sie tat, als sei dies für sie die größte Selbstverständlichkeit, und schaffte es tatsächlich, den Fuß der Treppe zu erreichen, ohne dass sie jemand aufhielt. Erst als sie schon die Stufen hinaufhastete, hörte sie hinter sich jemanden rufen: »He, Ihr da – Ihr könnt nicht einfach so da

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