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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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abgelegenen Teil des Waldes bemühten sich die Outlaws nicht mehr, ihre Gegenwart zu verbergen. Die letzten Zweifel verflogen: Man näherte sich dem Schlupfwinkel der Banditen. Die Schlacht konnte beginnen.
    Es konnte nicht mehr weit sein. William lauschte angestrengt. Jeden Augenblick mussten die Bogenschützen das Lager unter Beschuss nehmen. Rufe würden ertönen, Flüche, Schmerzensschreie und das Gewieher verschreckter Pferde …
    Sie erreichten eine große Lichtung. Ungefähr zweihundert Schritt voraus entdeckte William den Eingang zu Sallys Steinbruch. Kein Laut war zu hören. Irgendetwas war faul. Die Bogenschützen schossen nicht. Ein Schauer fuhr William über den Rücken. Was war geschehen? Waren die Bogenschützen von Wachposten abgefangen und geräuschlos ins Jenseits befördert worden? Aber doch gewiss nicht alle, oder?
    Für lange Überlegungen blieb keine Zeit mehr. William gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte los. Seine Streitmacht folgte ihm. Wie Donnerhall klangen die Hufe, als sie über die Lichtung sprengten. Williams Beklommenheit wich der Angriffslust.
    Der Weg in den Steinbruch war wie eine enge, gewundene Schlucht. Man konnte von außen nicht hineinsehen. Hoch oben am oberen Rand des Abgrunds standen seine Bogenschützen und spähten hinunter. Warum schießen sie denn nicht, dachte William. Er befürchtete das Schlimmste und hätte am liebsten kehrtgemacht, doch ließ sich die anstürmende Truppe jetzt nicht mehr anhalten. Die Zügel in der Linken und das gezückte Schwert in der Rechten, galoppierte er in den aufgelassenen Steinbruch.
    Doch der Steinbruch war leer.
    Die Ernüchterung traf ihn wie ein Schlag. Um ein Haar wäre er in Tränen ausgebrochen. Er war sich seiner Sache so sicher gewesen – und nun das. Die Enttäuschung fuhr ihm in die Eingeweide wie ein stechender Schmerz.
    Als die Pferde wieder ruhiger gingen, erkannte William, dass die Outlaws tatsächlich bis vor kurzem im Steinbruch gehaust haben mussten. Man sah zahlreiche einfach zusammengezimmerte Verschläge aus Schilf und Zweigen, alte Feuerstellen und einen Dunghaufen. Ein kleiner Fleck am Rande war mit ein paar Holzpflöcken umzäunt; er hatte offenbar als Gehege für die Pferde gedient. Überall lagen irgendwelche Reste menschlicher Besiedlung herum: Hühnerknochen, leere Säcke, ein ausgetretener Schuh, ein zerbrochener Topf. Über einer Feuerstelle stand eine Rauchsäule. Ein Hoffnungsfunken keimte in William auf: Vielleicht waren die Kerle gerade erst fort und konnten noch eingeholt werden! Neben dem Feuer saß mit gekreuzten Beinen eine einsame Gestalt. Er ritt näher heran. Die Gestalt erhob sich. Es war eine Frau.
    »Nun denn, William Hamleigh«, sagte sie. »Mal wieder zu spät gekommen, wie?«
    »Unverschämtes Luder! Dafür reiß ich dir die Zunge aus dem Rachen!«
    »Du rührst mich nicht an«, erwiderte die Frau gelassen. »Ich habe schon bessere Männer als dich verflucht.« Sie hielt sich die Hand vors Gesicht, drei Finger ausgestreckt, die Geste einer Hexe. Die Ritter wichen unwillkürlich zurück, und William bekreuzigte sich vorsichtshalber. Die Frau blickte ihm furchtlos ins Gesicht. Ihre Augen waren von auffallend goldener Farbe. »Kennst du mich noch, William?«, fragte sie. »Du hast einmal versucht, mich für ein Pfund Silber zu kaufen!« Sie lachte. »Du kannst von Glück reden, dass der Handel nicht zustande kam …«
    William erinnerte sich an diese Augen. Vor ihm stand die Witwe Tom Builders, Jack Jacksons Mutter, die Hexe, die hier draußen in den Wäldern lebte. Ja, es war wohl ein Glück gewesen, dass er sie damals nicht bekommen hatte … William wollte fort. Er wollte so schnell wie möglich fort – aber er musste dieser Frau noch ein paar Fragen stellen. »Schon gut, Hexe«, sagte er. »War Richard von Kingsbridge hier?«
    »Bis vor zwei Tagen, ja.«
    »Und wo ist er hin? Kannst du mir das sagen?«
    »Und ob ich das kann!«, sagte sie. »Er und seine Mannen sind für Henry in die Schlacht gezogen.«
    »Henry?«, fragte William. Eine böse Ahnung sagte ihm, dass sie einen ganz bestimmten Henry meinte. »Mathildes Sohn?«
    »Für eben diesen.«
    William wurde kalt ums Herz. Der junge, tatkräftige Herzog der Normandie war imstande zu erreichen, was seiner Mutter versagt geblieben war – und wenn Stephan stürzte, so war es gut möglich, dass mit ihm auch William fiel. »Was ist denn geschehen?«, fragte er ungeduldig. »Was hat Henry denn getan?«
    »Er hat mit

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