Die Säulen der Schöpfung - 13
vor ihnen? Wenn Ihr diese Dinge nur vom Hörensagen kennt, wieso machen sie Euch dann solche Angst?«
Jetzt war es an ihr, verständnislos zu reagieren. »Lord Rahl verfolgt mich bereits mein Leben lang, Sebastian. Diese Frauen sind seine persönlichen Meuchlerinnen. Meint Ihr nicht, sie würden mich ihrem Herrn und Meister nur zu gern zu Füßen legen wollen?«
»Vermutlich.«
»Wenigstens hatten sie nur ihre braune Lederkluft angelegt; Rot tragen sie, wenn sie eine Gefahr wittern oder wenn sie jemanden foltern. Auf dem roten Leder fällt das Blut nicht so sehr auf.«
Er fuhr sich mit beiden Händen durch sein weißes Stoppelhaar. »Das Land, in dem Ihr lebt, ist der reinste Alptraum, Jennsen Daggett.«
»Glaubt Ihr vielleicht, das wüßte ich nicht?«
»Und wenn diese Hexenmeisterin es ablehnt, Euch zu helfen?«
Sie zupfte an einem losen Faden an ihrem Knie. »Dann weiß ich auch nicht weiter.«
»Er wird Euch immer weiter verfolgen. Lord Rahl wird Euch niemals Ruhe gönnen. Ihr werdet niemals in Freiheit leben können.«
… es sei denn, Ihr tötet ihn, hörte sie den unausgesprochenen Schluß des Satzes.
»Althea muß mir einfach helfen. Ich bin es so leid, ständig in Angst leben zu müssen«, erwiderte Jennsen, den Tränen nahe, »ich habe es so satt, ständig auf der Flucht zu sein.«
Er legte ihr sachte seine Hand auf die Schulter. »Das verstehe ich doch.«
In diesem Augenblick hätte kein anderes Wort für sie mehr Bedeutung haben können; vor lauter Dankbarkeit konnte sie nur nicken.
Sein Tonfall wurde leidenschaftlicher. »Bei uns gibt es auch mit der Gabe gesegnete Frauen wie diese Althea. Jennsen. Sie gehören einem Orden an, den Schwestern des Lichts, die früher im Palast der Propheten in der Alten Welt gelebt haben. Richard Rahl hat ihren Palast im Zuge seiner Eroberung der Alten Welt zerstört. Es soll ein wundervoller, ganz besonderer Ort gewesen sein, er aber hat ihn einfach dem Erdboden gleichgemacht. Jetzt stehen die Schwestern auf Seiten Kaiser Jagangs und unterstützen ihn. Vielleicht könnten unsere Hexenmeisterinnen Euch ebenfalls helfen.«
Sie sah in seine ängstlich besorgten Augen. »Wirklich? Vielleicht wissen diese Frauen in den Diensten des Kaisers eine Möglichkeit, mich vor der Zauberei meines mörderischen Halbbruders zu verstecken?
Althea hat mich schon einmal vor Lord Rahl versteckt, sie muß ich überreden, es wieder zu tun. Ich fürchte, wenn sie sich weigert, habe ich keine Chance.«
Er beugte sich noch einmal vor und sah sich um, dann versuchte er, ihr lächelnd Mut zu machen. »Wir werden Althea ganz bestimmt finden. Sie wird Euch mit Hilfe ihrer Magie verstecken, und danach könnt Ihr von hier fliehen.«
Erleichtert erwiderte sie das Lächeln.
In der Annahme, daß die Mord-Sith fort waren und niemand sie mehr behelligen würde, begaben sie sich zurück in den Saal, um sich erneut auf die Suche nach Friedrich zu machen. Sie fragten an verschiedenen Stellen nach, bis Jennsen schließlich jemanden ausfindig machte, der den Vergolder kannte. Der Wegbeschreibung folgend, die man ihnen gegeben hatte, drangen Jennsen und Sebastian mit neuer Hoffnung weiter in den Palast vor, bis hin zu einer Stelle, an der zwei besonders prachtvolle Korridore aufeinandertrafen.
Dort, inmitten der Kreuzung dieser beiden zentralen Korridore, erblickte sie zu ihrer Überraschung ein quadratisches, mit Wasser gefülltes Becken; das Becken war statt des sonst üblichen Marmors mit Fliesen eingefaßt. Im Becken selbst stand – nicht ganz mittig, was Jennsen absolut passend erschien, auch wenn sie nicht zu sagen vermocht hätte, warum – ein dunkler, narbiger Stein mit einer Glocke darauf. Trotz aller sonstigen Geschäftigkeit herrschte an dieser heiligen Stätte eine bemerkenswerte Stille.
Der Anblick des Platzes mit der Glocke erinnerte sie an ganz ähnliche Orte. Sobald die Glocke ertönte, entsann sie sich, kamen die Menschen zu diesen Plätzen geströmt, um sich zu verneigen und eine Andacht an Lord Rahl zu sprechen. Wahrscheinlich war diese Unterwürfigkeit der Preis, den man für das Privileg zahlen mußte, in seinen Palast eingelassen zu werden.
Auf der niedrigen Umrandung saßen Menschen, unterhielten sich mit gedämpfter Stimme und schauten den orangefarbenen Fischen zu, die durch das dunkle Wasser glitten. Selbst Sebastian sah ihnen ein paar Minuten zu, bevor er weiterging.
Überall standen wachsame Soldaten herum; einige von ihnen schienen an Schlüsselstellen postiert
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