Die Säulen der Schöpfung - 13
gründlich die Münze, dann unterzog sie Sebastian einer genaueren Musterung. »Wie lange wollt Ihr überhaupt fortbleiben? Ich werde irgendwann, sobald ich meine Würste verkauft habe, wieder nach Hause fahren wollen.«
»Nicht lange«, sagte Jennsen. »Wir wollen nur den Mann ausfindig machen, von dem Ihr uns erzählt habt – diesen Friedrich.«
Sebastian deutete ganz nebenbei auf die Münze, die die Frau noch immer in der Hand hielt. »Sobald wir wieder zurück sind, bekommt Ihr von mir noch eine, als Dank, daß Ihr auf unsere Tiere aufgepaßt habt. Sind wir nicht zurück, bis Eure Würste verkauft sind, bekommt Ihr deren zwei – für die Unannehmlichkeiten, falls Ihr auf uns warten müßt.«
Schließlich nickte die Frau. »Also gut, meinetwegen. Bindet Eure Ziege dort an das Rad, ich werde auf sie aufpassen, bis Ihr wieder zurück seid.« Sie deutete über ihre Schulter. »Und Eure Pferde könnt Ihr dort hinten zu meinem stellen. Mein altes Mädchen wird sich bestimmt über die Gesellschaft freuen. Solltet Ihr mich nachher aus den Augen verlieren, fragt einfach nach Irma, der Wurstverkäuferin.«
»Vielen Dank, Irma.« Jennsen strich Betty zur Beruhigung über die Ohren. »Ich weiß Eure Hilfe sehr zu schätzen. Bevor Ihr Euch verseht, sind wir wieder zurück.«
Als sie sich unter die Menge mischten, die sich in immer dichterem Gedränge auf das gewaltige Felsplateau zuwälzte, legte Sebastian ihr einen Arm um die Hüfte, damit sie dicht bei ihm blieb, als er sie in den gähnenden Schlund des Palastes von Lord Rahl hineinführte.
In der Ferne konnte Jennsen Bettys klagendes Meckern hören, die sich im Stich gelassen glaubte.
16. Kapitel
Soldaten in blank poliertem Brustharnisch, ausnahmslos mit senkrechten Langspießen in den Händen, deren rasiermesserscharfe Schneiden in der Sonne blinkten, musterten stumm die zwischen den hohen Säulen hereinströmenden Menschenmengen. Als ihr forschender Blick Jennsen und Sebastian erfaßte, gab sie sich größte Mühe, ihnen nicht in die Augen zu sehen; gesenkten Kopfes schwammen sie und Sebastian mit im Strom der anderen Leute, die sich schleppenden Schrittes an den Reihen der Soldaten vorüberschoben.
Der riesige, höhlenähnliche Eingang war mit einem hellen, farbigen Stein ausgekleidet, der Jennsen das Gefühl gab, eher durch einen riesigen Flur zu schreiten als durch einen ins Innere eines berggroßen Hochplateaus führenden Tunnel. Zischende Fackeln in eisernen, in die Mauern eingelassenen Halterungen beleuchteten den Weg, die Luft roch nach verbranntem Pech, aber drinnen war es warm.
Zu beiden Seiten gab es Reihen von in den Fels gehauenen Hohlräumen. In den meisten Fällen handelte es sich um einfache Öffnungen mit einer niedrigen Mauer davor, hinter der Händler ihre Waren feilboten. Die Wände in vielen dieser kleinen Räume waren mit leuchtend bunten Stoffen oder bemalten Wandverkleidungen dekoriert, was ihnen einen freundlichen Anstrich verlieh. Draußen hatte es so ausgesehen, als könnte jeder einfach sein Geschäft eröffnen und seine Waren feilbieten. Drinnen dagegen, vermutete Jennsen, mußten die Händler wohl für ihre Stände bezahlen, bekamen dafür aber ein warmes, wettergeschütztes Fleckchen, wo sie ihr Geschäft betreiben konnten und wo die Kundschaft bereitwilliger verweilte.
Vor dem Schuster warteten mehrere miteinander schwatzende Leute darauf, ihre Schuhe repariert zu bekommen, während andere anstanden, um Bier zu kaufen oder Brot, oder auch eine dampfende Schale Eintopf. Ein anderer Händler, der mit seiner eintönig leiernden Stimme die Menschen in Scharen an seinen Stand lockte, verkaufte Fleischpasteten. Vor einem Stand herrschte besonders großes Geschiebe und Gelärm, Dort ließen sich Frauen das Haar hochstecken, zu Locken drehen oder mit bunten, zu hübschen Kettchen aufgereihten Glasperlen verzieren. An einem anderen ließen sie sich das Gesicht schminken oder die Fingernägel lackieren. Wieder andere boten wunderhübsche, als Kleiderschmuck gedachte Bänder feil, manche so zurechtgeschnitten, daß sie frischen Blumen zum Verwechseln ähnlich sahen.
Sebastian schien dies alles ebenso erstaunlich zu finden wie sie. An einem Stand ganz ohne Kunden, wo ein Mann mit Dauerlächeln gerade damit beschäftigt war, Zinnkrüge auszustellen, blieb Jennsen stehen.
»Könntet Ihr mir sagen, Sir, ob Ihr vielleicht einen Vergolder namens Friedrich kennt?«
»Hier unten gibt es niemanden dieses Namens. Feineres Kunsthandwerk wird
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