Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde
weiter um meine Hilfe betteln zu müssen, es ist an mir, die abschließenden Worte zu sprechen, die bisher noch nicht ausgesprochen worden sind. Und meine Freundschaft ist dir sicher, ganz und gar, das weißt du. Aber du weißt auch, daß du nie, nie meine Liebe bekommen kannst. Keinen …Vollzug der Ehe.« »Das weiß ich. Ich kann ohne leben.«
Er sah sie unschlüssig an. »Kannst du es? Das ist ein großes Opfer. Ein größeres, als du vielleicht ahnst.« »Ich habe vor vierzehn Tagen reichlich Ekel vor der Erotik mitbekommen. Der Ekel hält einige Jahre vor, glaube mir!«
Alexander nickte abwesend. Er schaute sie an, doch in Gedanken schien er weit fort zu sein.
Cecilie blieb stumm stehen, und mit zarten Fingern nestelte sie an ihren Handschuhen. Sie dachte darüber nach, was sie zu erwarten gehabt hätte, wenn sich Alexander ihrer
nicht
erbarmt hätte. Natürlich hätte sie nach Hause fahren, ihre lieben, warmherzigen Eltern der Schande aussetzen können. Die Tochter des Amtsrichters … Sie würden ihr wohl vergeben und sie und das Kind aufnehmen, so wie sie alle einmal Sol und ihre kleine Tochter Sunniva aufgenommen hatten. Doch konnte die Familienehre noch weitere Skandale ertragen? Großmutter Charlotte war die erste gewesen, die einen »Bastard« gehabt hatte, Cecilies Vater Dag. Dann kam Sol mit Sunniva nach Hause. Und nun sie, Cecilie, mit ihrer kleinen Katastrophe. Auch wenn es in der Familie Tradition zu werden schien, wäre es nicht recht gegen diese großzügigen Menschen gehandelt, sie derart schwer zu belasten.
Schlimmer als alles andere wäre es, nach Hause nach Grästensholm zurückzukehren, wo der verheiratete Pastor, Herr Martinus lebte. Cecilie wollte ihn nicht wiedersehen. Nie im Leben! Ein lieber und freundlicher Mensch war er, vornehm in jeder Hinsicht. Doch ihr gemeinsames Vergehen, das lediglich ihrer Einsamkeit entsprungen war, hatte sie getrennt, so wie zwei Wasser tropfen auf eine heiße Eisenplatte fallen und in unterschiedliche Richtungen davonjagen.
Außerdem …Würde Martins Ehebruch entdeckt, dann würde zumindest sie den Kopf verlieren, vielleicht auch er.
Alexanders Stimme riß sie aus ihren Überlegungen: »Bevor wir noch weiter reden: Wie stellst du dir das nun weiter vor? Mit dir und mir.« »Du meinst - rein praktisch?«
»Ja.«
»Ich habe es mir folgendermaßen überlegt«, sagte Cecilie rasch. »Wenn es sich einrichten läßt, dachte ich, daß wir beide je unser eigenes Schlafzimmer bekommen. Nebeneinander, damit kein Mißtrauen aufkommt, doch das Zimmer des anderen ist für jeden von uns Privatsphäre. Daran ist doch nichts besonderes, oder?«
»Nein, ganz und gar nicht«, sagte er abwartend. »Aber um eins bitte ich dich. Ich verstehe, daß du deine Veranlagung nicht ändern kannst. Willst du mir die Rücksicht erweisen, deine …Freunde nicht mit in dein Schlafzimmer zu nehmen? Wenn es sich einrichten läßt, kann man vielleicht ein anderes Zimmer …benutzen? Eins, das weiter fort liegt.«
Daß sie sich traute, so frank und frei zu sprechen! Sie war über sich selbst erstaunt. Doch sie mußten klare Grenzen abstecken, deshalb zwang sie sich, ihren Widerwillen zu verbergen.
Alexander dachte über ihre Worte nach. »Das sind angemessene Bedingungen«, nickte er. »Davon abgesehen hast du Anspruch auf größere Diskretion meinerseits als bisher. Ich muß ohnehin in Zukunft vorsichtiger sein, auch wenn in diesem Fall eigentlich Hans der Nachlässige war. Ihn hat es nie gekümmert, ob ihn jemand gesehen hat.«
Wieder verzog er schmerzlich das Gesicht, wieder war Cecilie über ihn erstaunt. Alexander kam ihr so liebevoll vor. Gegen ihren Willen war sie etwas gerührt. Er fuhr fort: »Nun läßt sich das hier in meiner Wohnung nicht so regeln. Aber meine Familie verfügt über ein Gut außerhalb von Kopenhagen, nicht allzu weit von Fredriksborg entfernt, übrigens. Es heißt Gabrielshus. Wir können dort hinziehen …«
»Aber macht dir das nicht viele Umstände?«
»Nein, nein, das macht mir Freude. Außerdem weißt du sehr wohl, daß ich dich immer schon gern angesehen habe. Deine Schönheit ist von seltenem, etwas mystischen Charakter, mit diesen schrägen, verträumten Augen, der reinen Haut und dem kupferroten Haar. Mir gefällt es. Aber du gestattest mir die Freiheit…Freunde zu treffen. Wie steht es mit dir?«
»Du meinst, du bittest um meine Diskretion, wenn ich beabsichtige, hinter deinem Rücken andere Männer zu treffen? Oder bittest du mich um
Weitere Kostenlose Bücher