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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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müsse. Und so weiter.
    Schließlich traten dann auch noch die Wortführer der eingebürgerten Lateinamerikaner auf den Plan und argumentierten, die US-Regierung mache zwischen einem Latino mit amerikanischer Staatsbürgerschaft und einem illegal eingereisten Mexikaner kaum noch einen Unterschied (welcher Behauptung die meisten im Lande geborenen Mexikaner bestimmt heftig widersprochen hätten), und das Grenzgebiet sei heute »das Vietnam des Südwestens«.
    Der Leiter des amerikanischen Einwanderungs- und Einbürgerungsamtes mußte etwa 1976 öffentlich zugeben, die Ausländersituation sei wahrhaftig hoffnungslos und längst der Kontrolle der dafür zuständigen uniformierten Streitmacht, der Border Patrol, entglitten.
    Im Sommer 1976 war Dick Snider fünfundvierzig Jahre alt, eigentlich zu alt, um wie ein junger Pfadfinder herumzuschleichen, wie die Leute meinten. Ganz schön bekloppt, meinten die Leute, sich den vierradangetriebenen Ford Bronco des Departments zu schnappen und in diesen gottverdammten Canyons herumzudonnern, eine Meile und ein Jahrhundert von der Substation, der nächst gelegenen Außenstelle der Southern Division des San Diego Police Departments entfernt. Trotzdem tat er es immer öfter, meist mutterseelenallein, und wenn er sich dann im Fuchsschwanzgras, in den Kakteen oder im Unterholz versteckt hatte, grübelte er darüber nach, ob die Pollos da draußen in der Dunkelheit ihrem Unheil wirklich zwangsläufig in den Rachen rennen mußten.
    Manchmal, an späten Nachmittagen, beobachtete er, wie sich auf den flachen Felsen und Plateaus die illegalen Grenzgänger in ganzen Heerscharen versammelten und auf den Sonnenuntergang warteten, und dann beobachtete er Gruppen von mexikanischen Schulkindern, die von ihren Lehrern über die unsichtbare Grenze geführt wurden und in den Canyons biologische und zoologische Exkursionen unternahmen. Ölreiche Jojobapflanzen wuchsen wild. Der wilde Anis blühte, und Zwergeichen, ebenso verkümmert wie widerstandsfähig, kämpften einen unbarmherzigen Kampf ums Überleben. Und allüberall die drohenden Chollakakteen. Dick Snider beobachtete durchs Fernglas, wie die Leute Fußball und Baseball spielten und sich an den fahrbaren Imbißständen Limonade kauften, den »Kakerlakenwagen«, die aus Tijuana gekommen waren, um ein paar schnelle Dollars zu verdienen, bevor die Pollos aufbrachen und den Canyon durchquerten.
    Er beobachtete Kinder, die mit Gläsern und Milchtüten die Löcher von Taranteln und Skorpionen unter Wasser setzten und die armen Viecher anschließend lebendig fingen, um mit ihnen bei den Amerikanern in den Bars hausieren zu gehen oder sie an mexikanische Unternehmer zu verkaufen, die sie ihrerseits in Plastik einschmolzen und als Briefbeschwerer an die Touristen verhökerten. Alles ließ sich in dieser Grenzstadt an die Amerikaner verhökern.
    Im Grunde war es kein weiter Weg von dem billigen Hotel, in dem er einst als junger Border-Patrol-Mann die Hochzeitssuite bewohnt hatte, bis hierher. Und im Grunde quälte ihn nach wie vor dasselbe Problem: das Ausländer- beziehungsweise Grenzgängerdilemma.
    Es war ihm längst klargeworden, daß sich in all den Jahren praktisch nichts geändert hatte. Andererseits war es ja wohl auch, so fremd ein solcher Begriff einem Polizisten auch sein mochte, das Schicksal, das ihn an diesen Platz an der imaginären Linie festgenagelt zu haben schien. Eins allerdings war hier in den vergangenen Jahren neu in Erscheinung getreten: die Gangsterbanden. Und es war für ihn unerträglich, daß hin und wieder Pollos effektiv in Rufweite seiner Substation angegriffen wurden. Selbst der Deadman's Canyon war allenfalls eine Meile (und ein Jahrhundert) von seiner Dienststelle entfernt.
    Anderen Leuten schien das alles längst nicht so unter die Haut zu gehen. Unter dem Strich ging es um illegale Ausländer, genau gesagt also um Kriminelle. Aber einige der Kriminellen waren ganze drei Jahre alt, und einige waren noch jünger. Und die Gangster waren alles andere als sentimental, nicht mal Müttern und Babys gegenüber. Am Ende wurden all die Ungereimtheiten bei ihm zu einer fixen Idee. Da war die reiche, schöne, von Touristen überlaufene Stadt San Diego, USA. Seine Stadt. Sein Zorn stimulierte die Großhirnrinde dort, wo möglicherweise die Ideen sitzen. Und eine, zumindest, kam ihm schließlich.
    Die beste Methode, Bürokraten von irgend etwas zu überzeugen, sind im allgemeinen Statistiken. Polizeiverwaltungsbeamte können mehr

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