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Die sanfte Hand des Todes

Die sanfte Hand des Todes

Titel: Die sanfte Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbie Taylor
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daneben. Man muss die Dinge im richtigen Maßstab betrachten. Du darfst dein Leben nicht dem Krankenhaus opfern. Ja, Seema, ich komme schon.« Sie stand vom Tisch auf. »Tja, dann mache ich mich mal auf den Weg.«
     
    Auf der Heimfahrt mit dem Bus, als sie die vom Wind gebeugten Bäume des Wandsworth Common vorbeifliegen sah, musste Dawn wieder an Francines Worte denken. Ihre Freundin meinte es nur gut mit ihr, aber jetzt war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, um Urlaub zu beantragen. Im Krankenhaus war jede Menge zu tun, und Priya, ihre beste Mitarbeiterin, war erst vor wenigen Monaten in den Mutterschutz gegangen. Um sie zu ersetzen, hatte die Zeitarbeitsfirma Clive geschickt, aber mit dessen Arbeit war Dawn nie wirklich zufrieden gewesen. Und der Zwischenfall von heute machte es auch nicht besser. Auf keinen Fall würde sie in den Urlaub fahren und ihm die Station überlassen.
    Jedenfalls fühlte sie sich kein bisschen müde. Sie war weit davon entfernt. Sie hatte es Francine gegenüber nicht erwähnt, aber erst vor Kurzem war ihr die Idee zu einem neuen, ehrgeizigen Projekt gekommen. Es war das größte und anspruchsvollste Vorhaben, das sie jemals in Angriff genommen hatte; und falls ihr der Durchbruch gelang, würde das Krankenhaus einen unschätzbar großen Nutzen daraus ziehen.
    Als sie in der Crocus Road vor Haus Nummer 59 stehen blieb, kam ihr Milly bereits schnaufend entgegen.
    »Hey, Kleine.« Dawn beugte sich hinunter, um den Hund zu streicheln. »Wie geht’s? Wie war dein Tag?«
    Milly bellte und sprang im Kreis herum, als versuchte sie,
Dawn ihren dicken Hundekörper von allen Seiten gleichzeitig zu präsentieren. Ihre Schnauze war ergraut, aber ihre gelbbraunen Labradoraugen strahlten immer noch hellwach.
    »Armes altes Mädchen.« Dawn rubbelte ihre behaarte Brust. »Den ganzen Tag so allein. Du vermisst Dora, stimmt’s?«
    Dawn vermisste Dora auch. Es kam ihr immer noch seltsam vor, die Haustür aufzuschließen, den engen Flur mit der Blümchentapete zu betreten und keine Dora in der Küche herumfuhrwerken zu sehen. Ihre Großmutter hatte sie immer mit einem Witz oder dem neuesten Klatsch empfangen: »Dawn, du wirst nicht glauben, was der neue Apothekenhelfer heute zu Mrs. Morton gesagt hat …« Wann immer Dawn an ihre Großmutter dachte, hatte sie eine fröhliche und aktive Frau vor Augen, nicht das von Schmerzen geplagte Skelett, das sie zuletzt gewesen war. Das Wohnzimmer befand sich längst wieder in seinem ursprünglichen Zustand; das Bett und der Nachttisch sowie alle Medikamente waren weggeräumt, die Lampe mit den Quasten und die Sitzgruppe mit dem beigegoldenen Bezug wieder hineingeschoben worden. Alles sah so aus wie damals, als Dawn im Alter von zehn Jahren hier eingezogen war. Dawn machte die Haustür hinter sich zu und ging in die Küche.
    Nach dem Abendessen breitete sie die Notizen für ihr neues Projekt auf dem Küchentisch aus. Das Vorhaben steckte noch in den Kinderschuhen, es lagen noch ein Haufen Arbeit und Recherchen vor ihr, aber falls alles so klappte, wie sie es sich vorstellte, würde sie die Zukunft von St. Iberius maßgeblich mitgestalten.
    Die Idee war ihr vor einigen Monaten gekommen, kurz nach Doras Tod. Priya hatte gerade erst ihren Mutterschaftsurlaub angetreten und Clive seinen Vertrag am St. Iberius noch nicht unterschrieben. Die Station verfügte über so wenig
Personal, dass Dawn manchmal zwei Schichten nacheinander übernehmen musste. Einmal war sie gegen Mitternacht nach Hause gekommen und erschöpft ins Bett gefallen. Am frühen Morgen hatte sie dann den Traum gehabt.
    Die Klinik stand in Flammen. Dichter schwarzer Rauch zog durch die Korridore. Das Schrillen des Feueralarms hallte durch die Treppenhäuser.
    »Hier entlang! Hier entlang!« Ein Feuerwehrmann zeigte der panischen Menschenmenge den Weg zur Treppe. Die Patienten stützten sich auf die Schwestern, pressten sich Infusionsbeutel und Sauerstoffmasken an die Brust und schleppten sich mühsam voran. Hinter den Flügeltüren konnte man die gedämpften Schreie all jener Kranken hören, die auf der Station geblieben waren: »Hilfe! Lasst uns nicht im Stich!«
    »Wir dürfen sie nicht alleinlassen«, sagte Dora ungeduldig. »Wie wollen wir sie retten?«
    »Gar nicht«, sagte der Feuerwehrmann. »Wir sind hier im sechsten Stock. Wir müssen sie zurücklassen.«
    Dawn stellte sich vor, wie die Patienten versuchten, aus ihren Betten zu entkommen: Mr. Cantwell mit der verletzten Wirbelsäule, Mrs.

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