Wie Rosenblätter im Wind: Mittsommerhochzeit (German Edition)
PROLOG
D amals
Leuchtend hob sich die zartgelbe Fassade von Kronborg Slott, dem Wohnsitz der schwedischen Königsfamilie, gegen den makellos blauen Himmel ab. An den dreigeschossigen Mittelteil schlossen sich zwei niedrigere Seitenflügel an, deren äußere Enden hohe Dachkuppeln krönten, die im Sonnenlicht blassgrün glänzten. Auf der großen Doppeltreppe vor dem Schloss standen ein Mann und eine Frau in Festkleidung, beide etwa Ende zwanzig. Ernst blickte sie den attraktiven Mann an ihrer Seite an, der mit dem streng zurückgekämmten Haar und in seinem schwarzen Smoking sehr beeindruckend aussah.
Immer wenn die vierzehnjährige Milla Rosenblad diese Fotografie ihrer Eltern vom Hochzeitstag des schwedischen Königspaars vor vielen Jahren anschaute, fragte sie sich, wie man sich freiwillig auf diesen ganzen Zirkus einlassen konnte. Sie jedenfalls wollte damit nichts zu tun haben.
Niemals!
Rasch schob sie das Foto zurück in ihren Rucksack. Sie würde es später noch brauchen, aber jetzt musste sie ihre beiden jüngeren Schwestern – Noelle, die Mittlere, und Lotte, das Nesthäkchen der Familie – antreiben, etwas schneller zu rudern.
Das dunkelblaue Wasser glitzerte im Sonnenlicht wie ein Meer aus Edelsteinen. Dahinter erstreckte sich das Forsjö-Tal mit seinen endlosen dunkelgrünen Wäldern, in denen Rehe und Elche, aber auch Wölfe und Luchse lebten.
Es war noch sehr früh am Tag. Milla hatte ihre Schwestern bereits im Morgengrauen aus den Betten gescheucht. Die beiden wussten noch nicht, worum es ging. Aber heute, an Millas Geburtstag, hielten sie ihre neugierigen Fragen erst einmal zurück. Doch als sie schließlich am anderen Ufer des Sees angelangten und zu einer Stelle im Wald gingen, wo sie gestern bereits am Fuße einer alte Eiche ein Loch ausgehoben und eine kleine Metallkiste bereitgestellt hatte, war es mit der Zurückhaltung vorbei.
“Ich schlage vor”, erklärte Milla ihren Schwestern, “dass wir alle an unserem vierzehnten Geburtstag hier einen feierlichen Schwur ablegen und als Symbol dafür einen Gegenstand in diese Kiste legen, der für das steht, was wir in unserem Leben auf keinen Fall wollen. Und ich fange hiermit an”, erklärte sie feierlich.
Sie legte die alte Fotografie ihrer Eltern hinein und schwor sich, dass sie sich niemals mit dem Königshof einlassen würde. Das war in ihren Augen eine total veraltete und spießige Institution. Damit wollte sie nichts zu tun haben. Sie träumte davon, eines Tages aus Schweden wegzugehen, irgendwohin, wo man wirklich etwas erleben konnte.
Dass ihr Leben in vollkommen anderen Bahnen verlaufen sollte, ahnte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht …
1. KAPITEL
V ierzehn Jahre später.
Das Sonnenlicht zauberte goldene Glanzlichter auf die spiegelglatte Oberfläche des Mälarsees. Reglos wie eine Marmorstatue stand Mårten Nylund am Bug des Fährdampfers, nur sein dunkler Mantel flatterte leicht im Fahrtwind.
Es war ein herrlicher Spätnachmittag, wie geschaffen für einen Ausflug ins Grüne. Am wolkenlosen Himmel zogen Möwen langsam ihre Kreise, ihre Schreie vermischten sich mit dem Lachen der Kinder, die ausgelassen zwischen den Sitzbänken herumtollten.
Die Temperaturen waren für Mitte April ungewöhnlich mild. Es schien, als wäre die Natur rund um Stockholm nach einem langen, klirrend kalten Winter endlich aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht. Bunte Frühlingsblumen säumten die Ufer der zahllosen Inseln des Sees, und die ersten zarten Triebe der Bäume schlugen aus. Sanftes Grün und tiefes Blau, so weit das Auge reichte.
Doch Mårtens Miene blieb ernst, beinahe ausdruckslos. Einen Moment wünschte er sich, er könnte die unberührte Schönheit seiner Umgebung einfach nur genießen, die Atmosphäre der Unbeschwertheit in sich aufnehmen und die Erinnerungen hinter sich lassen. Aber die Gefühle, die ihn antrieben, waren zu stark, um sie einfach abzuschütteln.
Wut. Hass.
Was bildete sich Milla eigentlich ein? Glaubte sie wirklich, sie könnte nach all den Jahren plötzlich auftauchen und so tun, als sei alles in bester Ordnung? Erwartete sie ernsthaft, dass er so tat, als wäre nichts geschehen? Ohne Frage verdiente sie für ihr unverschämtes Verhalten eine Lektion. Aber war es seine Aufgabe, ihr diese zu erteilen?
Was hast du überhaupt hier zu suchen? Warum tust du dir das an? Fahr wieder nach Hause und versuche zu vergessen, dass du eine junge Frau namens Milla Rosenblad jemals kanntest.
Es war nicht das erste Mal seit
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