Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)
gibt. Er ist an allem selbst schuld – aaah!«
»Jetzt, Karl!
Jeeetzt!
«, brüllte Brendan, der die gleißende Fackel hochriss und Hannah damit blendete. Plötzlich war der Tunnel in grelles Licht getaucht. Der nackte Hannah schrie und versuchte hektisch, sich die Nachtsichtbrille herunterzureißen, als hätte man ihm Säure ins Gesicht geschüttet.
Karl rannte mit erhobener Waffe den Tunnel entlang und blieb direkt neben dem kreischenden Hannah stehen.
»Erschießen Sie ihn, Karl!«, schrie Brendan. »Jetzt, solange Sie die Gelegenheit dazu haben. Erschießen Sie den Dreckskerl!«
Karls Hände zitterten schrecklich, als er die Waffe an Hannahs Kopf hielt und den Hahn spannte.
Hannah hielt sich immer noch schreiend die Augen.
Karl feuerte in die Luft, und die Schreie verstummten.
»Es ist vorbei«, sagte Karl und stieß den zitternden Hannah zu Boden.
»Es wird nie vorbei sein«, sagte Brendan fast flüsternd. »Begreifen Sie das nicht, Karl? Hannah besitzt zu viel Macht und Einfluss. Der geht nicht einen Tag ins Gefängnis. Er kommt frei und macht einfach mit seinem Wahnsinn weiter. Für Kreaturen wie ihn gibt es keine Heilung. Begreifen Sie das nicht?«
»Dafür weiß ich keine Lösung.«
»Aber ich!«, rief Brendan, riss Karl die Waffe aus der Hand und richtete sie auf Hannah. »Ich lasse nicht zu, dass dieser Kerl jemals wieder Mädchen foltert und ermordet. Für den ist es vorbei. Nehmen Sie Katie, und verschwinden Sie von hier.«
»Machen Sie das nicht, Brendan«, flehte Karl. »Sie bereuen es für den Rest Ihres Lebens.«
»Sie haben nicht viel Zeit, Karl«, sagte Brendan und nahm ein kleines Päckchen aus dem Rucksack, der am Boden lag. »Es ist ein Druckzünder. Er geht hoch, sobald ich den Finger wegnehme.«
»Was … was zum Teufel haben Sie damit vor?«
»Sie und Katie müssen schnellstens hier raus! Ich verliere gleich das Bewusstsein. Sobald das passiert, fliegt hier alles in die Luft.«
»Bitte … bitte, Brendan, tun Sie das nicht. Sie haben eine Frau, die Sie liebt. Tun Sie ihr das nicht an.«
»Claire ist tot, Karl«, sagte Brendan mit plötzlich ernster und sanfter Stimme. »Kurz nach Patricias Beerdigung. Claire ging nach Hause, ließ Wasser in die Badewanne, setzte sich hinein und schnitt sich die Pulsadern auf.«
»O Gott, Brendan … das … tut mir so leid.«
»Sie müssen gehen.
Jetzt!
Nehmen Sie Katie mit. Sie muss nie wieder Angst vor Hannah haben.«
»Ich …«
»Gehen Sie, verdammt!«
Karl hielt Brendan die Hand hin. »Als wir uns kennenlernten, sagten Sie, Sie würden gern dem Mann die Hand schütteln, der Bulldog getötet hat.«
Der Hauch eines Lächelns umspielte Brendans Lippen, der Funke der Erkenntnis leuchtete in seinen Augen auf.
»Leben Sie wohl, Brendan.«
»Leben Sie wohl, Karl.«
Fast eine Minute lang hallten Karls und Katies Schritte durch den Tunnel. Dann herrschte Stille.
Brendan spürte, wie seine Hände zitterten. »Noch nicht. Noch ein paar Minuten!« Er biss die Zähne zusammen und zwang seine Hand, nicht mehr zu zittern.
»Wer … wer
sind
Sie?«, fragte Hannah, der ihm reglos gegenübersaß.
»Wer?«, sagte Brendan, lächelte verzerrt und richtete die Waffe auf Hannahs Gesicht. »Ich bin der, der Ihnen alles nimmt. Ich bin das Ende Ihrer Welt.«
Karl, der Katie sicher in den Armen hielt, passierte den Zirkel und lief in Richtung der Tür am Ende des Korridors. Er atmete immer abgehackter und hatte das Gefühl, als würden ihm die Beine jeden Moment den Dienst versagen.
Komm schon. Wir sind fast da.
Obwohl er sich bemühte, positiv zu denken, wusste er nicht, wie lange das Adrenalin, das in seinen Adern kreiste, ihn noch aufrecht halten würde. Sein Herz raste. Er bekam kaum noch Luft.
Keine zwanzig Sekunden später erreichte er die Tür, trat sie auf und ließ die kühle Nachtluft über sein verschwitztes Gesicht strömen. Direkt vor ihm lag die Tür, die wieder zum Nebeneingang des Gefängnisses führte. Er blinzelte sich den Schweiß aus den Augen.
Du schaffst es. Es ist nicht mehr weit. Fast …
Plötzlich war der Innenhof von blinkenden Lichtern erfüllt. Blau. Rot. Orange. Sie sahen aus wie Farbflecken aus einem Regenbogen.
»Was zum …?«
Ein Krankenwagen! O mein Gott …
»Hilfe! Hilfe! Hier drüben! Hiiilfe!«
Die Sanitäter – zwei Männer und eine Frau – sahen ihn verblüfft an. Zwei Streifenwagen hielten neben dem Notarztfahrzeug.
»Hilfe! Meine Tochter braucht medizinische Versorgung!
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