Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
Vom Netzwerk:
meiner Freunde anspricht. Es mag ein
Tankstellenkassierer oder der Zeitungsbote sein, ein Spaziergänger oder eine
Politesse. Dann seid gerüstet, denn euer Leben wird nichts mehr mit dem zu tun
haben, das ihr bis dahin geführt habt .«
    Ich sah in
ihren Augen Träume von schnellen Flitzern, scharfen Weibern und tonnenschwerem
Zaster. Begleitet von respektvoller Furcht.
    »Wir sind
dabei«, hauchte Muschinski. Brando hätte sich bei mir wirklich eine Scheibe
abschneiden können.
    Ohne ein
weiteres Wort zu verlieren, verließ ich die Desperados.
    Zu Hause
stellte ich als Erstes Stefans Tiere auf meinen Nachttisch, dann brühte ich
eine Kanne Kaffee auf. Während das Wasser durch den Filter tropfte, inspizierte
ich die Post der letzten Tage. Eine Einladung zur Butterfahrt, bei der ich 500
Euro und einen Wurstkorb geschenkt bekommen sollte. Zudem einige Prospekte, die
mir weismachen wollten, Geiz wäre geil. Geiles Deutschland. Just als ich den
Papierkorb mit den Werbungsexkrementen fütterte, klingelte das Telefon.
    »Nannen.«
    »Schulz. Wo
bleiben Sie? Der Anruf Ihrer Freundin reicht nicht aus. Sie haben zu erscheinen .«
    Der letzte
Arbeitseinsatz. Ich hätte um halb acht beim Grünflächenamt antanzen müssen.
    »Entschuldigen
Sie, ich bin erst vor einer halben Stunde aus dem Krankenhaus entlassen worden.
Ich mach mich auf den Weg .«
    »Kein
Problem. Ich habe mir was Besonderes für Sie einfallen lassen, sozusagen eine
Abschlussprüfung. Um neun an der Wasserstraße 25. Dort werden wir uns weiter
unterhalten. Bringen Sie den Aufsatz mit .«
    Klang nicht
gut. Einige Stunden Zigarettenklauben waren eine lösbare Aufgabe, aber was
wartete jetzt auf mich?
    Eine
Viertelstunde später parkte ich an der besagten Adresse. Auf dem Bürgersteig
stand Ali, ein Leidensgenosse aus der Delinquentengang, und fingerte sich
nervös eine Marlboro aus der Jogginghose.
    »Alter«,
grinste er erleichtert, als ich aus dem Wagen stieg. »Dachte, ich wäre heute
allein. Hammer, was Keule?« Er trug ein weißes Ballonseidenkostüm, um den Hals
baumelte eine Goldkette mit Daimler-Stern.
    »Weißt du,
was wir hier sollen ?« , fragte ich und gab ihm High
Five.
    »Alter,
keinen Plan. Das ist die Schule, wo sich mein kleiner Bruder rumtreibt. Hab
keinen Bock, dass der mitkriegt, was ich für Scheiße gebaut habe .«
    Schule? Ich
blickte auf die andere Straßenseite. Tatsächlich. Käthe-Kollwitz-Primarschule.
Und Schulz trat aus der Tür und winkte uns zu sich.
    »Meine
Herren«, begrüßte er uns grinsend, »zunächst Ihre Elaborate, wenn ich bitten
darf .«
    Ich reichte
ihm meinen Roman, Ali eine handgeschriebene Seite.
    »Mensch,
Kollege«, starrte er verwirrt auf meinen Aufsatz. »Du kennst ja viele Wörter.
Biste so was wie ein Lexikon ?«
    »Herr Arslan
und Herr Nannen. Sie dürfen sich freuen, Teilnehmer eines Pilotprojektes zu
sein. Die Idee stammt aus den Staaten, nennt sich >Großer Brüder<.
Straffällige berichten Schülern von ihrem Lebensweg und motivieren sie, den
geraden Pfad durch das Gestrüpp des Lebens einzuschlagen .«
    Eine
Märchenstunde vor Kindern? Kein Problem.
    »Wenn Sie die
Kleinen von Ihrer Läuterung überzeugen, gelten Sie als rehabilitiert. Kleine
Kinder haben eine hervorragende Intuition und sind noch nicht von unseren
gesellschaftlichen Prägungen verzogen«, sinnierte der Pädagoge.
    »Sie
unterwerfen uns dem Urteil von Schulkindern ?« , fragte
ich ungläubig.
    »Wenn ich
mich vor meinem Bruder blamiere, klatsch ich den Alten um«, raunzte mir Ali ins
Ohr.
    »Was haben
Sie gesagt, Herr Arslan ?« , fragte Schulz schneidend.
    »Ali hält Ihr
Konzept genau wie ich für sehr interessant«, antwortete ich rasch.
    »Gut, dann
folgen Sie mir .«
    »Danke,
Kollege«, legte mir Ali den Arm um die Schulter. »Mit dir würd ich meine
Freundin teilen. Wenn ich eine hätte«, fügte er den Tränen nahe hinzu. »Dir
kann ich’s ja sagen, Alter. Den Kollegen erzähl ich, dass ich jeden Abend ’ne
andere flachlege, aber in Wirklichkeit ist tote Hose. Wer will schon einen
Loser wie mich .«
    »Wird schon«,
tröstete ich ihn. »Lass uns das Ding durchziehen, du packst das«, spielte ich
Jürgen Höller vor seiner Knastzeit.
    »Voll cool,
Nannen. Wenn du mal gedisst wirst, hau ich den Typen ein paar in die Fresse.
Dein Feind ist mein Feind«, hämmerte er mit der Faust vor seine Brust wie ein
Orang-Utan beim Balzen. Bewunderung kann anstrengend sein.
    Wir
stolzierten durch eine lichtdurchflutete Eingangshalle an

Weitere Kostenlose Bücher