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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Nebel der
Bewusstlosigkeit verschwinden.
     
     
     

13
     
     
    Etwas Warmes stupste gegen mein Gesicht.
    Ich schlug
die Augen auf. Der Blick durch die Landschaft offenbarte das ganze Dilemma: Ich
lag an Händen und Füßen gefesselt in einer Schweinebox, liebevoll umgarnt von
vier Ferkeln und eifersüchtig gemustert von der Muttersau. Nach der Menge des
Mistes zu schließen, erfreute sich die Viehwirtschaft auf diesem Hof nur
untergeordnetem Interesse.
    Die
Armbanduhr zeigte Viertel nach neun; folglich war ich mehrere Stunden
bewusstlos gewesen.
    Was nun?
Durch die Hanfseile besaßen meine Gliedmaßen die Bewegungsfreiheit von
Siamesischen Zwillingen. Der Versuch, die Arme auseinanderzudrücken, scheiterte
kläglich; die Stricke gaben keinen Millimeter nach. Weitere Gedanken über
unnützen Kräfteverschleiß brauchte ich mir nicht zu machen, denn die Tür
öffnete sich.
    »Schon mit
Gerda angefreundet? Gleich und gleich gesellt sich gern«, stolzierte Claude auf
mich zu.
    »Ich glaube,
du passt besser hierher. Fraglich ist nur, ob sie den Gestank aushält .«
    »Für einen
Toten riskierst du eine verdammt dicke Lippe .«
    Er schloss
die Tür und legte den Balken davor. Dann zog er mich aus der Schweinebox und
durchtrennte die Fesseln mit seinem Messer. Ein mächtiger Faustschlag ließ mich
wieder in der Horizontalen landen. Während ich die Wirkung des Schlags
verdaute, schleuderte Claude das Messer vor meine Füße.
    »Deine letzte
Chance«, trat er drei Schritte zurück und zückte ein Springmesser. Ziemlich
pubertär. Ein Profi hätte mich ohne großes Geschwätz um die Ecke gebracht und
anschließend seine Kids in die Sonntagsschule gefahren. Aber sollte mich das
jucken?
    Ich richtete
mich umständlich auf, um Zeit zu gewinnen, und schätzte die Situation ein. Es
war klar, dass ich gegen den tätowierten Glatzkopf nicht den Hauch einer Chance
hatte. Während ich ein Messer höchstens zum Brotschneiden benutzte, hielt er
die Waffe dermaßen geschickt in der Hand, als wäre er damit auf die Welt
gekommen.
    Also Flucht;
leichter gesagt als getan. Die Tür war verrammelt. Die einzige Möglichkeit war
ein kleines Fenster, durch das ich mit einem gewagten Sprung ins Freie gelangen
konnte. Das Einzige, was mich davon abhielt, wog zwei Zentner und stand mit
mordlüsterner Miene zwischen mir und der Freiheit versprechenden Öffnung.
    »Ist Egon mit
der Exekutierung einverstanden ?« , versuchte ich mich
in Ablenkung.
    »Was
interessiert mich der Dicke«, ließ er den rechten Arm kreisen. »Der sitzt in
der Küche und haut sich den Wanst mit Erbsensuppe voll .«
    Ich nahm alle
Kraft zusammen und hechtete los; allerdings nicht in Richtung Fenster, sondern
zurück in den Schweinekoben. Volltreffer! Das Ferkel quiekte herzzerreißend und
verkroch sich hinter seiner Mutter.
    »Komm raus,
du Arsch. Hab keine Lust, mich dreckig zu machen .«
    »Leck mich .«
    Glatze legte
die Lederjacke ab und stürzte in den Schweinestall. Im Weg stehende Ferkel
wurden einfach zur Seite getreten. Die folgende Minute bestand aus einem
Minimum an Bewegung und einem Maximum an Belauerung. Er musste meine Absicht
erraten haben, durchs Fenster zu fliehen.
    Urplötzlich
griff er an. Ich katapultierte mich vom Rücken der Muttersau über das Gatter
und landete unsanft in der Stallgasse. Jetzt standen wir uns wieder wie vor dem
Ausflug in den Schweinemist gegenüber. Der einzige Effekt der Aktion war
gewesen, dass Claude nun auch mit Dreck besudelt war, und ich eine Minute
länger gelebt hatte.
    Jetzt war mir
alles egal. Wenn der tätowierte Kerl einen Kampf wollte, sollte er ihn
bekommen. Als Claude sich langsam auf mich zubewegte, hielt ich die Klinge in
Brusthöhe und zauberte einen blutrünstigen Ausdruck aufs Gesicht. Mit einer
Geschwindigkeit, die ich dem Kahlschädel nicht zugetraut hatte, riss er sein
Bein nach oben, und mein Messer fiel klirrend zu Boden.
    Ich ließ mein
Bein hochschnellen, doch seine Behändigkeit verblüffte mich erneut. Er machte
einen Satz nach hinten und starrte mich wütend an, während ich vom Schwung des
Trittes umgerissen wurde.
    »Connie, ich
komme«, dachte ich, als sich der Glatzkopf breitbeinig über mich stellte und
das Messer in Richtung meiner Kehle führte.
    Dann fiel ein
Schuss.
    »Connie, du
musst noch ein bisschen warten«, bekreuzigte ich mich innerlich. Der Killer
riss die Augen auf, dann knickten seine Beine weg, und er begrub mich unter
sich. Als ich den leblosen Körper herunterwuchtete, entdeckte

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