Die Sau und der Mörder
hatte einen phantastischen Überblick.
Mein Beschattungsopfer hatte gerade seine Zichte ausgetreten, als ein Mann den Raum betrat, der so viel wog wie Müller und ich zusammen. Im Mundwinkel klemmte ein Zigarrenstumpen.
»Hallo, Tobias. Wo sind die Klamotten ?« Bruce Lows Stimme war nichts gegen diesen Bass.
»Da hinten in der Ecke. Los, Beeilung.«
Gemeinsam beförderten sie ein halbes Dutzend Kartons in einen Kleintransporter, der vor der Kellertür geparkt war, dann überreichte der Fahrer einen braunen Umschlag an Tobias, der ihn ungeöffnet im Kittel verschwinden ließ.
»Wann kann ich die nächste Ladung abholen ?« , wandte sich der Unbekannte an Müller.
»Übermorgen um die gleiche Zeit.«
Mister X verschwand nach draußen, der Lieferwagen wurde gestartet und fuhr davon. Dr. Müller zog den Umschlag aus der Tasche, riss ihn auf und inspizierte den Inhalt. Zufrieden räusperte er sich und trat den Heimweg an.
Im Erdgeschoss trennten sich unsere Wege. Tobias lenkte seine Schritte in Richtung Station B, ich musste aufs Klo.
Dr. Leonhardt war immer noch bewusstlos. Ich zog meine Klamotten an, löste seine Fesseln und verließ die Box.
Kurze Zeit später lag ich im Bett. Ich hatte aber auch ein Schwein: Kaum auf die Suche gemacht, präsentierten sich die Gauner formschön auf dem Silbertablett. Danke Fortuna, und gute Nacht.
10
D ie Morgenspritze vertrieb den Rest Müdigkeit aus meinem Körper. Nachdem ich geduscht und die Zähne geputzt hatte, schnappte ich mir eine Schachtel Zigaretten und suchte den Aufenthaltsraum auf. Hier konnte ich in Ruhe nachdenken, ohne von Muschinski und Lück gestört zu werden.
Ich klopfte mir auf die Schulter, denn Glück hatte bekanntlich nur der Tüchtige. Demnach musste ich ja die Perfektion darstellen. Mein ursprüngliches Vorhaben, die Durchsuchung des Ärztezimmers, hatte ich zwar nicht in die Tat umsetzen können, doch stattdessen hatte ich weitaus Interessanteres entdeckt.
Offensichtlich zog Müller Diebstähle im großen Stil ab. Das hatte zwar mit Organhandel nichts zu tun, war aber immerhin eine Spur, die ich weiterverfolgen konnte.
Was war in den Kisten gewesen? Das Etikett mit der Aufschrift »Medizinischer Bedarf« war keine große Hilfe.
Erst mal einen anständigen Kaffee. Ich warf fünfzig Cent in den Automaten und erhielt dafür eine dampfende schwarze Flüssigkeit. Die Slapsticknummern über defekte Kaffeeautomaten hatte ich nie verstanden, denn bisher war ich von diesen Wunderwerken der Technik immer gut behandelt worden.
Ich stellte den Koffeinsaft auf den Tisch, zog den Aschenbecher in Reichweite und legte die Füße hoch. Just als ich die Zigarette anzündete, ging die Tür auf und Karin trat ein.
»Hallo, Mäuschen.«
»Dir scheint’s wirklich dreckig zu gehen«, blickte Schumann mich entsetzt an.
»Was hast du erwartet? Einen Todkranken, der an Schläuchen hängt und nur noch durch Apparate am Leben gehalten wird? Hast wohl gehofft, meinen florierenden Bauernhof übernehmen zu können .«
»Ich habe gestern mehr auf deinem Hof geschuftet als du während der gesamten Zeit in unserem hübschen Buldern«, stemmte sie die Hände in die Hüften.
»Du bist ein Schatz, dass du während dieser schwierigen Zeit meine Tiere versorgst«, erhob ich mich und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
»Was soll das ?« , wischte sie ihn mit dem Handrücken weg.
»Ich wollte mich nur für deine Hilfe bedanken«, zauberte ich mein schönstes Lächeln ins Gesicht. »Was versteckst du da hinter deinem Rücken ?«
»Zu einem Krankenbesuch nehme ich immer eine Kleinigkeit mit. Da ich an dir aber nicht die Spur eines Leidens feststellen kann, verwahre ich es lieber, bis es dir wirklich mal schlecht geht .«
»Ich habe eine schwere Gehirnerschütterung«, ließ ich meine Stimme etwas zittern.
»Wo nichts ist, kann nichts erschüttert werden .«
»Wenn du mir das Geschenk nicht gibst, erschütterst du meinen Glauben an die liebenswerte Karin Schumann .«
»Deine Freundlichkeit schockiert mich. Hier bitte«, zauberte sie ein Päckchen hervor, das Ähnlichkeit mit einem Buch besaß.
Ich ließ mich wieder in den Sessel fallen; Karin nahm gegenüber Platz. Nachdem ich mich mit einem Schluck Kaffee gestärkt hatte, löste ich vorsichtig das Geschenkpapier.
»Ein Bildband über Rot Weiß Essen. So ein schönes Geschenk habe ich seit Jahren nicht mehr bekommen«, war ich richtig gerührt und zugleich überrascht, dass Karin über meinen
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