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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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wie Fruchtwechsel, Treckermotoren und Handball — er war nämlich Torwart des örtlichen Handballvereins — , und zu guter Letzt erklärte ich ihm noch die Weihnachtsgeschichte. Dann trennten sich unsere Wege; er musste zurück zum Hof, ich aufs Zimmer.

    Lück und Muschinski lagen in ihren Betten und verfolgten Jerry Cottons spannende Abenteuer.
    »Eh, Franz. Der Spasti ist wieder da .«
    Genug war genug. Zuerst die Geschenke im Spind verstaut, dann ging’s los.
    »Hör genau zu, alter Mann«, schwang ich mich auf Lücks Matratze, das Stöhnen bedingt durch die Landung auf seinem lädierten Bein ignorierend, »ich gebe kurz meinen Lebenslauf durch: Mit zwölf von zu Hause abgehauen und fünf Jahre lang gedealt. Mit sechzehn den ersten Kerl zusammengeschlagen; einen Bullen. Mit zwanzig wegen Mordes in den Knast gekommen, Scheidung war zu teuer, und vor zwei Jahren entlassen worden. Bis jetzt habe ich euer dämliches Gequatsche über mich ergehen lassen, weil ich untertauchen musste. Vor zehn Minuten habe ich erfahren, dass die Luft rein ist .«
    Während des Monologs war Fred immer tiefer in die Kissen gesunken, auch schien das Bein nicht mehr zu schmerzen. Sein Gesicht hatte die Farbe frisch gezapfter Milch angenommen.
    »Die Namen Fred Lück und Franz Muschinski sind notiert«, drückte ich auf seinen Solarplexus. »Gebt bei der Entlassung schon mal Bescheid, dass Ihr postwendend zurückkehren werdet .«
    »So war das doch nicht gemeint« presste Fred zwischen den Zähnen hervor. »Man kann doch mal Spaß machen .«
    »Ich brauche was zu lesen und Zigaretten .«
    Muschinski, der alles mitbekommen hatte, hechtete aus dem Bett und zog seinen Bademantel über.
    »Welche Sorte?«
    »Camel ohne. Eine Stange.«
    Als Franz zurückkehrte, lag ich bereits wieder im Bett. Was hatten wir denn da Schönes? Bildzeitung, Stern, Spiegel, Kicker und zwei Zigarettenstangen. Da er kein Geld verlangte, gab ich ihm auch keins.
    Um halb zwei kam der Stationsarzt, zum Glück nicht Leonhardt, um sich nach dem werten Befinden zu erkundigen. Ich zeigte mich von meiner besten Seite, und nach einigen medizinischen Tests einigten wir uns, dass ich dem Lazarett morgen den Rücken kehren konnte. Zur Feier dieser erfreulichen Nachricht schickte ich Franz los, ein Sixpack Bier zu organisieren. Zwei Dosen für jeden, denn Thorsten blieb der Hagebuttenplörre treu.
    Am späten Nachmittag schaute Connie nach uns. Angesichts meines glücklichen Gesichts und des Versprechens, morgen Abend bei ihr vorbeizuschauen, ignorierte sie die Alkoholfahne. Unter den ungläubigen Blicken der beiden Alten knutschten wir ein bisschen rum, um nicht aus der Übung zu kommen.
    »Warum so ruhig? Keine anzüglichen Bemerkungen? Sie sind doch nicht etwa krank ?« , wandte Cornelia sich an die Rentner.
    »Wir sind müde«, kam es unisono zurück.
    Als Lienen den Raum verlassen hatte, stierten mich vier wässrige Augen an.
    »Ist früher als Pferdchen für mich gelaufen. Hat dann einen anständigen Beruf ergriffen, aber sie kann sich einfach nicht zurückhalten, wenn sie ihren Exboss trifft .«
    »Steiler Zahn«, nickten meine neuen Kumpel anerkennend.
    »Vergreifen wir uns nicht im Ton, Muschi ?« , musste er zur Strafe eine weitere Palette Pils heranschaffen, dann war ich versöhnt.
    »Bis morgen will ich keinen Mucks von euch hören, capice ?« , ließ ich den Brando raushängen.
    Den Abend und die darauffolgende Nacht konnte sich der Pate von Buldern ungestört entspannen.

11

    A m nächsten Morgen packte ich meine Habseligkeiten in eine Aldi-Plastiktüte und verabschiedete mich stilgerecht von den Zimmergenossen: »Auf Wiedersehen, meine Freunde«, ließ ich in meinen Worten und mit der Art, wie ich die Kollegen musterte, eine unbestimmte Drohung mitschwingen.
    »Wollen Sie uns wirklich Schläger auf den Hals hetzen ?« , senkte Muschi devot den Blick.
    Ich räusperte mich betont gelangweilt: »Ihr verfügt über Potential. Eines Tages, ich weiß nicht wann, werde ich euch um einen Gefallen bitten. Und ihr werdet ihn mir nicht abschlagen, denn ich weiß, wo ihr und eure Familien wohnen«, gab ich weiter den Paten.
    »Auf keinen Fall, Herr Nannen. Zählen Sie auf uns«, krächzte Lück mit belegter Stimme.
    »Es kann sein, dass euch bald einer meiner Freunde anspricht. Es mag ein Tankstellenkassierer oder der Zeitungsbote sein, ein Spaziergänger oder eine Politesse. Dann seid gerüstet, denn euer Leben wird nichts mehr mit dem zu tun haben, das ihr bis dahin

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