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Die Schale der Winde

Die Schale der Winde

Titel: Die Schale der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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töten.«
    Vor Schreck zitternd griff Rand aufwärts, bekam den Rand der Öffnung zu fassen und zog sich trotz der Schmerzen an seiner Seite hoch. Trotz der Schmerzen gelang es ihm auch, das Nichts wiederzuerlangen und Saidin zu ergreifen. Er lenkte die Macht nicht, aber er wollte vorbereitet sein.
    Er schob Kopf und Schultern über den Rand der Öffnung und konnte dann den anderen Mann sehen, ein großer Bursche, kaum älter als er, mit nachtschwarzem Haar und einer schwarzen Jacke wie die eines Asha'man. Rand hatte ihn noch niemals zuvor gesehen. Zumindest war er keiner der Verlorenen. Jene Gesichter kannte er. Er glaubte es zumindest. »Wer seid Ihr?« fragte er.
    Der Mann lachte bellend. »Ich bin einfach ein vorüberziehender Wanderer. Wollt Ihr Euch jetzt wirklich unterhalten?«
    Rand sparte seinen Atem und kämpfte sich weiter hoch, gelangte mit der Brust über den Rand und dann mit der Hüfte. Er erkannte jäh, daß ein Schimmern wie das Leuchten eines vollen Mondes den Boden um sie herum umgab.
    Er drehte sich, um über die Schulter zu sehen, und erblickte Mashadar. Keine Ranke, sondern eine silbergraue Woge rollte von einem der Balkone heran, wölbte sich über ihren Köpfen und stieg herab.
    Rand hob ohne nachzudenken seine freie Hand. Baalsfeuer schoß aufwärts, und ein Balken flüssigen weißen Feuers schnitt durch die auf sie herabsinkende Woge. Er war sich vage eines weiteren Balkens hellen massiven Feuers bewußt, der von der Hand des anderen Mannes, die nicht die seine festhielt, aufstieg, ein Balken, der die Woge in entgegengesetzter Richtung zu seinem durchschnitt. Die beiden berührten sich.
    In Rands Kopf hallte es wie bei einem angeschlagenen Gong. Er verkrampfte sich, und Saidin und das Nichts zerfielen. Er sah alles doppelt, die Balkone, die Steinfragmente, die auf dem Boden umherlagen. Auch der andere Mann schien zweimal, sich einander überschneidend, da zu sein, deren jeder seinen Kopf mit beiden Händen umfaßte. Rand suchte blinzelnd nach Mashadar. Die Woge schimmernden Dunstes war fort. Ein Glühen blieb auf den Balkonen über ihm, aber es nahm jetzt ab und zog sich zurück, während sich Rands Sicht klärte. Anscheinend floh selbst der geistlose Mashadar vor Baalsfeuer.
    Rand erhob sich schwankend und bot eine Hand dar. »Ich glaube, wir sollten besser von hier verschwinden. Was ist dort geschehen?«
    Der andere Mann stieß sich mit verzerrtem Blick auf Rands dargebotene Hand hoch. Er war so groß wie Rand, was außer unter Aiel selten war. »Ich weiß nicht, was geschehen ist«, fauchte er. »Aber Ihr solltet laufen, wenn Ihr überleben wollt.« Er folgte seinem Rat augenblicklich auch selbst und schoß auf eine Reihe offener Bögen zu, jedoch nicht in der nächstgelegenen Mauer. Mashadar war von dort gekommen.
    Rand bemühte sich um das Nichts und hinkte hinter ihm her, so schnell er konnte, aber bevor sie den Plattenboden noch vollständig überquert hatten, fielen die Blitze erneut in einem Sturm von Silberpfeilen. Sie eilten beide durch die Bogengänge, gefolgt vom Donnern der hinter ihnen einstürzenden Mauern und Bögen und von Wolken von Staub und einem Steinhagel. Die Schultern zusammengezogen und einen Arm über sein Gesicht gelegt, lief Rand hustend durch einen weiten Raum, dessen zitternde Gewölbe die Decke noch trugen und wo nur kleine Steine herabregneten.
    Er geriet auf eine Straße hinaus, bevor er es merkte, und stolperte drei Schritte, bevor er innehielt. Der Schmerz an seiner Seite wollte ihn sich vornüber beugen lassen, aber er dachte, seine Beine könnten vielleicht nachgeben, wenn er es täte. Sein verletzter Fuß pochte. Es schien ein Jahr her, daß jener rote Draht aus Feuer und Luft ihn in die Ferse gestochen hatte. Sein Retter beobachtete ihn. Von Kopf bis Fuß staubbedeckt gelang es dem Burschen, wie ein König dazustehen.
    »Wer seid Ihr?« fragte Rand erneut. »Einer von Taims Männern? Oder habt Ihr Euch selbst gelehrt? Ihr könntet nach Caemlyn gehen, wißt Ihr, zur Schwarzen Burg. Ihr müßt nicht in Angst vor den Aes Sedai leben.« Diese Worte veranlaß-ten ihn aus einem unbestimmten Grund, die Stirn zu runzeln. Er konnte nicht verstehen warum.
    »Ich habe noch niemals Angst vor den Aes Sedai gehabt«, fauchte der Mann und atmete dann tief durch. »Ihr wärt gut beraten, von hier fortzugehen, aber wenn ihr zu bleiben und Sammael zu töten beabsichtigt, solltet Ihr versuchen, wie er zu denken. Ihr habt gezeigt, daß Ihr es könnt. Es gefiel ihm schon

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