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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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durchackerte. Er steckte seinen Bleistift wieder ein und berichtete Charlie von seinem Gespräch mit dem Bauunternehmer.
    »Das erste Mal hat es sechs Wochen harte Verhandlungen gebraucht, ehe Howard und Mathilda Gillespie sich auf einen Preis einigen konnten. Sie hat am Telefon anscheinend ständig gefeilscht und jedes Angebot abgelehnt, bis er ihr eines machte, das sie akzeptieren konnte. Arme alte Seele«, sagte er mit echtem Bedauern. »Orloff muss geglaubt haben, er hätte das große Los gezogen, als er hörte, dass sie beim zweiten Mal genauso vorging.
    Sie hat es ihm leichtgemacht. « Er tippte auf den maschinegeschriebenen Brief. »Er braucht sie nur aus dem Weg zu räumen und am nächsten Tag diesen Brief abzuschicken. Howard behauptet, er und seine Söhne hatten sofort das Interesse verloren, weil er bereits vorher mehrmals klargemacht hatte, dass er ihr aufgrund der Rezession auf dem Immobilienmarkt nicht mehr bieten könnte.«
    Charlie Jones nahm den Brief zur Hand und sah ihn sich an. »Bei den Orloffs im Wohnzimmer stand eine Reiseschreibmaschine auf dem Schreibtisch«, erinnerte er sich. »Lassen wir doch von den Leuten, die schon draußen sind, einen raschen Vergleich machen. Er hat sich ganz darauf konzentriert, ihre Unterschrift nachzumachen, und darüber vergessen, dass auch Schreibmaschinen eine charakteristische Schrift haben.«
    »So leicht hat er es uns bestimmt nicht gemacht.«
    Aber das hatte er doch getan.
    »Duncan Jeremiah Orloff ... angeklagt wegen Mordes verübt an Mathilda Beryl Gillespie ... am Samstag, dem sechsten November ...« Der diensthabende Beamte leierte mit monotoner Stimme seinen Text herunter. Cooper, der die Formel auswendig kannte, hörte nur mit halbem Ohr zu. Seine Gedanken wanderten zu einer alten Frau, der man ihre letzten Jahre geraubt hatte, und zu dem rostigen Eisengestell, das ihren Kopf umschlossen hatte. Er bedauerte es tief, sie nie gekannt zu haben. Ganz gleich, welche Sünden sie begangen hatte, es wäre, meinte er, ein Privileg gewesen.
    »... eine Kaution wegen der Schwere der Vorwürfe, die gegen Sie erhoben werden, abgelehnt. Das Gericht verfügt eine unverzügliche Überstellung in die Strafanstalt...«
    Er richtete seinen Blick erst auf Duncan Orloff, als dieser sich mit kleinen feisten H änden auf die Brust schlug und in Tränen ausbrach. Es sei nicht seine Schuld gewesen, jammerte er, es sei allein Mathildas Schuld gewesen. Mathilda sei an allem schuld. Er sei ein kranker Mann. Was Violet denn nun ohne ihn anfangen solle.
    »Dickerchens Zusammenbruch«, murmelte der diensthabende Beamte zu Cooper gewandt.
    Coopers sonst so freundliches Gesicht war finster. »Bei Gott, sie hat was Besseres verdient als Sie«, blaffte er Orloff an. »Der Mann, der sie getötet hat, hätte wenigstens mutig sein sollen, nicht ein Feigling wie Sie. Was hat Ihnen das Recht gegeben, Gott zu spielen und ihr das Leben zu nehmen?«
    »Ein mutiger Mann hätte es nicht nötig gehabt, sie zu töten, Sergeant Cooper.« Er richtete seinen gequälten Blick auf den Sergeant. »Um Mathilda zu töten, war nicht Mut nötig, sondern Angst.«
    »Angst vor ein paar Häusern in Ihrem Garten, Mr. Orloff?«
    Duncan Orloff sch üttelte den Kopf. »Ich bin der, der ich bin« - er drückte seine zitternden H ände vor sein Gesicht - »und sie hat mich zu dem gemacht. Ich habe während meiner ganzen Ehe die Frau verschmäht, die ich geheiratet habe, um in Phantasien mit der zu leben, die ich nicht geheiratet habe, und man kann nicht vierzig Jahre lang in der Hölle leben, ohne Schaden zu nehmen.«
    »Sind Sie deshalb nach Fontwell zurückgekommen, um Ihre Phantasien neu zu beleben?«
    »Man kann sie nicht kontrollieren, Sergeant. Man wird von ihnen kontrolliert.« Er schwieg.
    »Aber Sie sind vor fünf Jahren hierher zurückgekehrt, Mr. Orloff.«
    »Ich habe nichts von ihr verlangt. Ein paar gemeinsame Erinnerungen vielleicht. Frieden. Nach vierzig Jahren habe ich nur sehr wenig erwartet.«
    Cooper musterte ihn neugierig. »Sie sagten eben, Sie hätten sie aus Angst getötet. Ging es darum in Ihren Phantasien? Solche Angst vor ihr zu haben, dass Sie es fertigbringen konnten, sie zu töten?«
    »Es ging um körperliche Liebe«, flüsterte er.
    »Zu Mathilda?«
    »Natürlich.« Er ließ seine Tränen in seine offenen Hände fließen. »Ich habe Violet nie angerührt. Ich konnte es nicht.«
    Guter Gott, dachte Cooper angewidert, hatte dieser Mensch denn keinen Funken Mitleid f ür seine Frau übrig

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